Der Putztag.
doch eigentlich einen niederträchtigeren Heuchler wie ihn auf
Gottes Erdboden nicht mehr geben könne.
Am andern Morgen, als der Abschied bewerkstelligt war
und Herr Schliffe!, nicht ohne noch einmal nach seiner Gattin
zurückzublicken und ihr einen zärtlichen Gruß zuzuwinken, das
Haus verlassen hatte, stand Frau Anna am Fenster und blickte
in den schönen Herbstmorgen hinaus, glücklich darüber, daß ihr
teurer Mann heute wenigstens von des Wetters Ungunst keine
Kränkung zu erfahren haben werde.
Sie stand noch so und dachte darüber nach, was für ein
braver und pflichteifriger Beamter doch ihr Eduard sei und wie
sie mit ihm glücklich geworden, als die Klingel gezogen wurde
und das Dienstmädchen zu ihrem größten Erstaunen die Frau
Assessor Beer ins Zimmer führte.
Frau Beer war eine etwas aufgeregte Dame und ließ auch
jetzt sofort ihre Augen in unheimlicher Hast durchs Zimmer
rollen, wobei sie ausries: „Wo ist Herr Schliffet?"
Die Sekretärin, noch mehr erstaunt, antwortete, indem sie
die Freundin zum Sopha führen wollte: „Er mußte heute schon
frühzeitig fort —- eine kleine Kommissionsreisei"
Aber Frau Leer riß sich von der Freundin los und rief
mit einein Hohngelächter, das indessen sofort in heftiges Schluch-
zen überging: „Eine Kommissionsreisei G wir Unglücklichen!"
Mit diesen Worten stürzte sie an Frau Schliffels Brust,
welche von dem jähen Anprall getroffen in die Kniee sank,
sich aber rasch und resolut wieder ausrichtete und Aufklärung
verlangte.
„Sie soll Ihnen werden!" rief die Frau Assessor und ergriff
ihre Freundin bei der Hand. „Ha, Sie werden Augen machen!"
Und fliegendem Atems mit einer Leidenschaft, auf welche jede
tragische Liebhaberin stolz sein könnte, teilte sie der entsetzt auf-
horchenden Sekretärin mit, wie sie heute, von einein unbestimm-
ten Argwohn getrieben, hinter dem Assessor hergeschlichen sei,
als dieser — angeblich ins Bureau — fortging. Da habe sie
denn gesehen, wie ihr Mann — nicht ins Bureau sondern in
der direkten Richtung nach dem Bahnhofe gegangen sei, auf
welchen: Wege er sich bald mit dein
SekretärSchliffel zusammengefunden
habe. In fürchterlicher Aufregung
sei sie in das Gerichtsgebäude ge¬
laufen und habe dort, während ihr
der Assessor gesagt hatte, er werde
wegen einer sehr umfangreichen
Sitzung wahrscheinlich mittags nicht
Heimkommen, von einer fegenden
Magd erfahren, daß heute großer
Hutztag sei und alle Bureaulokali-
täten den ganzen Tag geschlossen
bleiben — „Freundin", rief Frau
Beer „leidende Mitschwester, so
betrügen uns unsere Männer!"
Und während noch Frau Anna
nicht wußte, ob sie träume oder
wache, sprang die Assessorin auf.
„vorwärtsI" rief sie. „Kleiden
Sie sich an i wir reisen ihnen nach!"
„Es ist ja nicht möglich —"
wollte Frau Schliffe! seufzen, die
ihren: Eduard eine solch boden¬
lose Verstellung nicht zutrauen
konnte; aber ihre Freundin war schon an die Zimmerthüre ge-
sprungen und hatte dein Dienstmädchen gerufen: „Bringen
Sie alles nötige — die Frau Sekretärin verreist mit mir —
wir kommen abends wiederI"
Und so geschah's i
Der Beamte am Schalter, welcher die beiden Damen kannte,
lachte und sagte: „Ahal Zug über der Toilette verspätet! Die
Herren sind schon fort und waren ungeheuer vergnügt!" Dabei
reichte er ihnen, ohne erst zu fragen, zwei Billeten zu jener
Station, nach welcher ihre Männer gefahren waren.
„Haben Sie gehört?" flüsterte Frau Beer, als sie eine
halbe Stunde später im Eoupe saßen und der Zug sich in Be-
wegung setzte: „Ungeheuer vergnügt waren sie — o, ich lasse
mich scheiden wegen böswilliger verlassung, Untreue — ach!"
„Aber" meinte die Frau Sekretärin, welche zwar nun selbst
etwas ängstlich geworden war, indessen die Mitteilung ihrer
Freundin noch immer nicht in ihrem ganzen Umfange glauben
mochte „wenn es nun wirklich nur eine Kommission wäre —"
Die Andere lachte höhnisch. „Eine schöne Kommission das,
an: Hutztag! Eine Kommission, von der man der Frau nichts
erzählt — na, Sie werden ja Ihre blauen Wunder sehen von
Ihren: braven Eduard! Ich will verrückt sein, wenn die
Kommission nicht um zehn Jahre jünger und sauberer aussieht
als wir beide!"
Frau Anna saß mit offenem Munde da und starrte ihre
Freundin an.
Ha, schändlich! wenn sich Eduard unterstehen sollte!
Von diesem Augenblick an war auch sie entschlossen, das
Aeußerste zu wagen, um sich Gewißheit zu verschaffen und ihren
Mann entweder unschuldig zu finden oder zu — ertappen.
(Schluß folgt).
Äin Schlaumeier.
Frau: „Aber jetzt kommst Du schon wieder in einen: derartigen Zustand nach Hansel"
Mann: „Lieber Schatz, das thu' ich ja nur um Dich doppelt zu sehen!"
Verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck und Verlag von I. F. Schreiber in Eßlingen bei Stuttgart.
Geschäftsstelle in München, Schnbertstraste 6.
doch eigentlich einen niederträchtigeren Heuchler wie ihn auf
Gottes Erdboden nicht mehr geben könne.
Am andern Morgen, als der Abschied bewerkstelligt war
und Herr Schliffe!, nicht ohne noch einmal nach seiner Gattin
zurückzublicken und ihr einen zärtlichen Gruß zuzuwinken, das
Haus verlassen hatte, stand Frau Anna am Fenster und blickte
in den schönen Herbstmorgen hinaus, glücklich darüber, daß ihr
teurer Mann heute wenigstens von des Wetters Ungunst keine
Kränkung zu erfahren haben werde.
Sie stand noch so und dachte darüber nach, was für ein
braver und pflichteifriger Beamter doch ihr Eduard sei und wie
sie mit ihm glücklich geworden, als die Klingel gezogen wurde
und das Dienstmädchen zu ihrem größten Erstaunen die Frau
Assessor Beer ins Zimmer führte.
Frau Beer war eine etwas aufgeregte Dame und ließ auch
jetzt sofort ihre Augen in unheimlicher Hast durchs Zimmer
rollen, wobei sie ausries: „Wo ist Herr Schliffet?"
Die Sekretärin, noch mehr erstaunt, antwortete, indem sie
die Freundin zum Sopha führen wollte: „Er mußte heute schon
frühzeitig fort —- eine kleine Kommissionsreisei"
Aber Frau Leer riß sich von der Freundin los und rief
mit einein Hohngelächter, das indessen sofort in heftiges Schluch-
zen überging: „Eine Kommissionsreisei G wir Unglücklichen!"
Mit diesen Worten stürzte sie an Frau Schliffels Brust,
welche von dem jähen Anprall getroffen in die Kniee sank,
sich aber rasch und resolut wieder ausrichtete und Aufklärung
verlangte.
„Sie soll Ihnen werden!" rief die Frau Assessor und ergriff
ihre Freundin bei der Hand. „Ha, Sie werden Augen machen!"
Und fliegendem Atems mit einer Leidenschaft, auf welche jede
tragische Liebhaberin stolz sein könnte, teilte sie der entsetzt auf-
horchenden Sekretärin mit, wie sie heute, von einein unbestimm-
ten Argwohn getrieben, hinter dem Assessor hergeschlichen sei,
als dieser — angeblich ins Bureau — fortging. Da habe sie
denn gesehen, wie ihr Mann — nicht ins Bureau sondern in
der direkten Richtung nach dem Bahnhofe gegangen sei, auf
welchen: Wege er sich bald mit dein
SekretärSchliffel zusammengefunden
habe. In fürchterlicher Aufregung
sei sie in das Gerichtsgebäude ge¬
laufen und habe dort, während ihr
der Assessor gesagt hatte, er werde
wegen einer sehr umfangreichen
Sitzung wahrscheinlich mittags nicht
Heimkommen, von einer fegenden
Magd erfahren, daß heute großer
Hutztag sei und alle Bureaulokali-
täten den ganzen Tag geschlossen
bleiben — „Freundin", rief Frau
Beer „leidende Mitschwester, so
betrügen uns unsere Männer!"
Und während noch Frau Anna
nicht wußte, ob sie träume oder
wache, sprang die Assessorin auf.
„vorwärtsI" rief sie. „Kleiden
Sie sich an i wir reisen ihnen nach!"
„Es ist ja nicht möglich —"
wollte Frau Schliffe! seufzen, die
ihren: Eduard eine solch boden¬
lose Verstellung nicht zutrauen
konnte; aber ihre Freundin war schon an die Zimmerthüre ge-
sprungen und hatte dein Dienstmädchen gerufen: „Bringen
Sie alles nötige — die Frau Sekretärin verreist mit mir —
wir kommen abends wiederI"
Und so geschah's i
Der Beamte am Schalter, welcher die beiden Damen kannte,
lachte und sagte: „Ahal Zug über der Toilette verspätet! Die
Herren sind schon fort und waren ungeheuer vergnügt!" Dabei
reichte er ihnen, ohne erst zu fragen, zwei Billeten zu jener
Station, nach welcher ihre Männer gefahren waren.
„Haben Sie gehört?" flüsterte Frau Beer, als sie eine
halbe Stunde später im Eoupe saßen und der Zug sich in Be-
wegung setzte: „Ungeheuer vergnügt waren sie — o, ich lasse
mich scheiden wegen böswilliger verlassung, Untreue — ach!"
„Aber" meinte die Frau Sekretärin, welche zwar nun selbst
etwas ängstlich geworden war, indessen die Mitteilung ihrer
Freundin noch immer nicht in ihrem ganzen Umfange glauben
mochte „wenn es nun wirklich nur eine Kommission wäre —"
Die Andere lachte höhnisch. „Eine schöne Kommission das,
an: Hutztag! Eine Kommission, von der man der Frau nichts
erzählt — na, Sie werden ja Ihre blauen Wunder sehen von
Ihren: braven Eduard! Ich will verrückt sein, wenn die
Kommission nicht um zehn Jahre jünger und sauberer aussieht
als wir beide!"
Frau Anna saß mit offenem Munde da und starrte ihre
Freundin an.
Ha, schändlich! wenn sich Eduard unterstehen sollte!
Von diesem Augenblick an war auch sie entschlossen, das
Aeußerste zu wagen, um sich Gewißheit zu verschaffen und ihren
Mann entweder unschuldig zu finden oder zu — ertappen.
(Schluß folgt).
Äin Schlaumeier.
Frau: „Aber jetzt kommst Du schon wieder in einen: derartigen Zustand nach Hansel"
Mann: „Lieber Schatz, das thu' ich ja nur um Dich doppelt zu sehen!"
Verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck und Verlag von I. F. Schreiber in Eßlingen bei Stuttgart.
Geschäftsstelle in München, Schnbertstraste 6.