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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 30.1897 (Nr. 340-353)

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Nr. 342
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https://doi.org/10.11588/diglit.28506#0031
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Bieggendorf ers Humoristische Blätter.

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Der
gekränkte Watöl,
uf dem Hofparkett
war der alte Förster
Grüninger nicht ausge¬
wachsen; was er für ge¬
wöhnlich erzählte, war
darum auch nicht für die
Ghren von Hofdamen
berechnet — aber es
hatte den Vorzug wahr
zu sein — — wie er
behauptete. Hier eine
merkwürdige Hundege¬
schichte, in der Grüninger
nicht die beneidens¬
werteste Rolle spielt -—
und zwar nach verschie¬
denen Richtungen hin —
die aber zeigt, daß ihm
eben nichts, wie schon
bemerkt, über die Wahr¬
heit geht. Möge er selbst
berichten.
„Da hab' ich ein¬
mal einen wunderschönen,
reinrassigen Dackel ge¬
habt, bei dem eine Cha¬
raktereigenschaft ganz be¬
sonders entwickelt war:
die Ehrlichkeit. Schneidig
auf der Spur, schneidig
im Bau, ein tüchtiger
Hund durchaus und ehrlich
auch noch! Lin seltener
Fall; gerade so ferme
Hunde stehlen häufig
gern und gar ein DackelI
Aber nix, den hätt' man
in die feinste Speise¬
kammer setzen dürfen und
nur zu sagen brauchen:
„waldll" und er hätt'
um die Welt nichts an¬
gerührt. Nur eins hat
er g'habt: Schmeicheln
hat er nit können.
Da muß ich einmal
— ich bin Witwer
-— meine Wirtschafterin
wechseln und von dem Augenblick an hat's mit der Ehrlichkeit
beim waldl bös g'spucktl Alle Augenblick hat's g'heißen: der
waldl hat einen Schinken, eine Wurst, einen Bratrest gestohlen,
Eingemachtes ausgefressen ... kurz und gut der Aerl ist mir in den
Tod hinein zuwider geworden und eines Morgens hatte ich ihm
einen Tritt gegeben, daß er zum Haus hinausgeflogen ist. Er
hat sich auch nicht mehr sehen lassen — denn, wie gesagt,
schmeicheln hat er nit können. Ich bin ein vertrauensseliger
Mensch, aber wie ich die Wirtschafterin ein paarmal selbst darüber
ertappt hab', daß sie die größten jdakete zur j)ost geschleppt hat,
die sie aus der Speisekammer gefüllt hatte, hab' ich doch glauben
müssen, was man allgemein schon g'sagt hat: nämlich, daß ich

niederträchtig von ihr bestohlen werde — freilich lang hat's
'dauert bis 's soweit kommen ist --- sie hat halt so viel
schmeicheln könnenl . . . aber 'nausg'flogen ist sie schließlich
doch I
Aber jetztl was war denn das? wer kam denn da, als
die andere abgezogen war, zur Thür herein?
Der waldl I II und wen zieht er am Rock nach? — meine
vorige Wirtschafterin I Ich bin ganz starr. Zweimal geht er
um mich herum und schnuppert mich an . . . und dann ... ich
dank' . . . und den Blick dazu!
Ja mei — ich hab's den: Hund nicht verdenken können -—
ehrlich währt am längst enI"
 
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