Fleggendorfers Humoristische Blätter.
59
(Km schauderhafter Junge.
Tante: „Karl, sag mal, wie viel ist denn vier mal sieben?"
Karl: „Achtundzwanzig und — Du bist sechsunddreißig I"
Küsse erfreuen könne, und führte ihn
unter weiteren solchen Gesprächen dann
in den Harem.
Ibrahim erkannte alsbald, daß Nuri-
leh vor lauter Langeweile und Faulheit
hypochondrisch geworden war und ver-
langte, daß sie sich täglich lange Zeit in
den paradiesischen Gärten des Haremliks
ergehen müsse, daß sie tanzen solle und
springen, daß sie, kurz gesagt, sich un-
unterbrochen Bewegung machen und —
— nur Milch zu sich nehmen solle.
Nurileh ward ob der langen Rede
des Hakim ungehalten. Sie wollte nicht,
absolut nicht, von ihren seidenen Kissen
weichen und von ihren Näschereien lassen;
er solle sie da gesund machen. Ibrahim
wagte noch einmal Gegenvorstellungen zu
machen, Nurileh aber warf ihm kurzer-
hand das Nargileh, an dem sie saugte, an
den Kopf und lnd den Sultan ein die
Portiere von draußen herabzulassen. Die
beiden gingen. Kurz darauf durchdrang
den Palast das schreckliche Schreien
Ibrahims, der ob verfehlter Ordination
fünfundzwanzig auf die Fußsohlen bekam.
Fiele ihm bis Beginn der nächsten Woche
kein entsprechendes anderes Mittel ein,
Nurileh gesund zu machen, so könne er sich
Der Arauenkenner.
urileh die wunderschöne Lieblingssklavin Sultan Achmeds
lebt schon lange, lange nicht mehr, ebenso der Sultan selbst
und Kiß-Kiß der letzte Mops der herrlichewHaremsblume
— und trotzdem könnte die Geschichte gestern passiert sein. Menschen
gehen dahin, aber gewisse Charaktereigenschaften, die ihnen von
Urbeginn an eigen waren erben sich fort durch die Jahrtausende,
gratulieren — zu einem Backhschisch natür-
lich nichtl —
Ibrahim hatte sich, nachdem er entlassen war, in eine Sänfte
heben und forttragen lassen, selbstverständlich war er wütend
auf Nurileh. wie oft hatte er sich unter den schwierigsten
Verhältnissen durch seine Frauenkenntnis und seinen Witz die
Weiber unterwürfig gemacht! Und bei dieser sollte es ihm nicht
gelingen? „Sie muß!" brummte er erregt in seinen Bart, „sie
tanzt doch noch nach meiner pfeife, ich werde das richtige Nittel
zu finden wissen!"
ganz besonders markant beim schöneren Teil des Menschengeschlech-
Mittlerweile war man auf dem Bazar und in einem unge-
tes. warum z. B. irgend eine Frau plötzlich irgend etwas
unternimmt und in geradezu fanatischer weise durchführt, wozu
sie früher keine Macht der Erde gebracht hätte, erscheint heute
noch, wie vor tausend Jahren, auf den ersten Blick rätselhaft —
es hat aber immer seinen Grund, und sogar seinen logischen,
d. h. „weiblich"-logischen. Manchen bleiben eben die Frauen
Zeit ihres Lebens Rätsel — es giebt aber hingegen auch weise,
welche für jede Handlung — und sähe sie sich für den Augenblick
noch so bizarr an — dieser Blumen des Crdengartens Lösung
zu finden wissen. Diese weisen heißen Frauenkenner. Solch einer
aber ist im stände durch seine Kenntnis, gepaart mit etwas
Schläue, die Frauen — es hört sich fast märchenhaft an, ist aber
thatsächiich wahr - — nach seiner pfeife tanzen zn lassen.
Einer dieser weisen war Ibrahim der Hof- und Leibarzt des
Sultans Achmed.
Ibrahim wurde eines Tages vor das Angesicht seines Herrn
gerufen und dieser eröffnete ihm, daß sein Augapfel, der Tau
seines Lebens, Nurileh, krank sei. Sie hätte sich anfangs zwar
auf das Heftigste gesträubt, sich von Ibrahim behandeln zu lassen,
auf des Sultans inständige Bitten aber habe sie die alten Weiber,
welche bis jetzt an ihr herumkurierten, entlassen und wolle ihn
empfangen. Der Sultan nahm Ibrahim zärtlich bei einem Rock-
knopf, versicherte ihm lächelnd, daß er nicht wisse, ob er ihn
rädern oder pfählen lassen würde, wenn er Nurileh nicht alsbald
gesund machen würde, auf daß er sich wieder an der Süße ihrer
heuren Gedränge angelangt.
Ibrahim erkundigte sich bei seinem Läufer nach der Ursache des
übermäßigen Gedränges und ersuhr, es sei ein Händler mit höchst
seltsamen und lächerlichen Tieren, die man hierorts noch nie gesehen,
heute zu Markt gekommen und sei von einer riesigen Menge umlagert.
Ibrahim ließ durch seine Diener einen weg durch die
Menge bahnen; er war selbst neugierig geworden und wollte
die seltsamen Tiere sehen.
In der That, das waren lächerliche Geschöpfe! welche
Gesichter! Ibrahim lachte trotz der noch schmerzenden Fußsohlen
gerade hinaus. Und wie feist die beiden Kerle waren! Der
eine rasselte schon als ob er Herzverfettung hätte.Ibra¬
him sah einige Augenblicke sinnend vor sich hin — und er hatte
seinen plan in Bezug auf Nurileh —-: Die beiden
Köter wurden, trotz des exorbitanten Preises, erstanden. —
Der Sultan besah äußerst erstaunt das „Mittel", welches
Nurileh wieder zur Gesundheit verhelfen sollte und fragte, ob
es gebraten oder gebacken eingenommen werden müsse. Der
Arzt aber belehrte den hohen Herrn, daß die Anwesenheit der
Tiere allein schon genüge, um günstig auf die Patientin einzu-
wirken. Das war auch in der That der Fall. Man sah dieselbe
— seit wie langer Zeit! — wieder lachen! Der Sultan war
entzückt und überhäufte Ibrahim mit Gnadenbeweisen. —
Nurileh lag indessen immer noch auf ihren Kissen und neben
ihr die beiden Möpse, welche da auch ganz in ihrem Element, der
59
(Km schauderhafter Junge.
Tante: „Karl, sag mal, wie viel ist denn vier mal sieben?"
Karl: „Achtundzwanzig und — Du bist sechsunddreißig I"
Küsse erfreuen könne, und führte ihn
unter weiteren solchen Gesprächen dann
in den Harem.
Ibrahim erkannte alsbald, daß Nuri-
leh vor lauter Langeweile und Faulheit
hypochondrisch geworden war und ver-
langte, daß sie sich täglich lange Zeit in
den paradiesischen Gärten des Haremliks
ergehen müsse, daß sie tanzen solle und
springen, daß sie, kurz gesagt, sich un-
unterbrochen Bewegung machen und —
— nur Milch zu sich nehmen solle.
Nurileh ward ob der langen Rede
des Hakim ungehalten. Sie wollte nicht,
absolut nicht, von ihren seidenen Kissen
weichen und von ihren Näschereien lassen;
er solle sie da gesund machen. Ibrahim
wagte noch einmal Gegenvorstellungen zu
machen, Nurileh aber warf ihm kurzer-
hand das Nargileh, an dem sie saugte, an
den Kopf und lnd den Sultan ein die
Portiere von draußen herabzulassen. Die
beiden gingen. Kurz darauf durchdrang
den Palast das schreckliche Schreien
Ibrahims, der ob verfehlter Ordination
fünfundzwanzig auf die Fußsohlen bekam.
Fiele ihm bis Beginn der nächsten Woche
kein entsprechendes anderes Mittel ein,
Nurileh gesund zu machen, so könne er sich
Der Arauenkenner.
urileh die wunderschöne Lieblingssklavin Sultan Achmeds
lebt schon lange, lange nicht mehr, ebenso der Sultan selbst
und Kiß-Kiß der letzte Mops der herrlichewHaremsblume
— und trotzdem könnte die Geschichte gestern passiert sein. Menschen
gehen dahin, aber gewisse Charaktereigenschaften, die ihnen von
Urbeginn an eigen waren erben sich fort durch die Jahrtausende,
gratulieren — zu einem Backhschisch natür-
lich nichtl —
Ibrahim hatte sich, nachdem er entlassen war, in eine Sänfte
heben und forttragen lassen, selbstverständlich war er wütend
auf Nurileh. wie oft hatte er sich unter den schwierigsten
Verhältnissen durch seine Frauenkenntnis und seinen Witz die
Weiber unterwürfig gemacht! Und bei dieser sollte es ihm nicht
gelingen? „Sie muß!" brummte er erregt in seinen Bart, „sie
tanzt doch noch nach meiner pfeife, ich werde das richtige Nittel
zu finden wissen!"
ganz besonders markant beim schöneren Teil des Menschengeschlech-
Mittlerweile war man auf dem Bazar und in einem unge-
tes. warum z. B. irgend eine Frau plötzlich irgend etwas
unternimmt und in geradezu fanatischer weise durchführt, wozu
sie früher keine Macht der Erde gebracht hätte, erscheint heute
noch, wie vor tausend Jahren, auf den ersten Blick rätselhaft —
es hat aber immer seinen Grund, und sogar seinen logischen,
d. h. „weiblich"-logischen. Manchen bleiben eben die Frauen
Zeit ihres Lebens Rätsel — es giebt aber hingegen auch weise,
welche für jede Handlung — und sähe sie sich für den Augenblick
noch so bizarr an — dieser Blumen des Crdengartens Lösung
zu finden wissen. Diese weisen heißen Frauenkenner. Solch einer
aber ist im stände durch seine Kenntnis, gepaart mit etwas
Schläue, die Frauen — es hört sich fast märchenhaft an, ist aber
thatsächiich wahr - — nach seiner pfeife tanzen zn lassen.
Einer dieser weisen war Ibrahim der Hof- und Leibarzt des
Sultans Achmed.
Ibrahim wurde eines Tages vor das Angesicht seines Herrn
gerufen und dieser eröffnete ihm, daß sein Augapfel, der Tau
seines Lebens, Nurileh, krank sei. Sie hätte sich anfangs zwar
auf das Heftigste gesträubt, sich von Ibrahim behandeln zu lassen,
auf des Sultans inständige Bitten aber habe sie die alten Weiber,
welche bis jetzt an ihr herumkurierten, entlassen und wolle ihn
empfangen. Der Sultan nahm Ibrahim zärtlich bei einem Rock-
knopf, versicherte ihm lächelnd, daß er nicht wisse, ob er ihn
rädern oder pfählen lassen würde, wenn er Nurileh nicht alsbald
gesund machen würde, auf daß er sich wieder an der Süße ihrer
heuren Gedränge angelangt.
Ibrahim erkundigte sich bei seinem Läufer nach der Ursache des
übermäßigen Gedränges und ersuhr, es sei ein Händler mit höchst
seltsamen und lächerlichen Tieren, die man hierorts noch nie gesehen,
heute zu Markt gekommen und sei von einer riesigen Menge umlagert.
Ibrahim ließ durch seine Diener einen weg durch die
Menge bahnen; er war selbst neugierig geworden und wollte
die seltsamen Tiere sehen.
In der That, das waren lächerliche Geschöpfe! welche
Gesichter! Ibrahim lachte trotz der noch schmerzenden Fußsohlen
gerade hinaus. Und wie feist die beiden Kerle waren! Der
eine rasselte schon als ob er Herzverfettung hätte.Ibra¬
him sah einige Augenblicke sinnend vor sich hin — und er hatte
seinen plan in Bezug auf Nurileh —-: Die beiden
Köter wurden, trotz des exorbitanten Preises, erstanden. —
Der Sultan besah äußerst erstaunt das „Mittel", welches
Nurileh wieder zur Gesundheit verhelfen sollte und fragte, ob
es gebraten oder gebacken eingenommen werden müsse. Der
Arzt aber belehrte den hohen Herrn, daß die Anwesenheit der
Tiere allein schon genüge, um günstig auf die Patientin einzu-
wirken. Das war auch in der That der Fall. Man sah dieselbe
— seit wie langer Zeit! — wieder lachen! Der Sultan war
entzückt und überhäufte Ibrahim mit Gnadenbeweisen. —
Nurileh lag indessen immer noch auf ihren Kissen und neben
ihr die beiden Möpse, welche da auch ganz in ihrem Element, der