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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 30.1897 (Nr. 340-353)

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Nr. 344
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https://doi.org/10.11588/diglit.28506#0054
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Meggendorfers Humoristische Blätter.


Zeremonie vor sich gehen sollte. Ganz vorn saß ein sehr hoher
Iustizbeamter, dein unser Referendar eine Verbeugung gemacht
hatte als wenn der Boden geküßt werden sollte.
Das schöne Fräulein hatte die Pfänder auf den Stuhl gelegt
und überlegte, wie sie diese am bequemsten ziehen könne, da fiel
ihr Blick auf den Referendar-Chapeau-claque.
„Da habe ich ja die allerbequemste Urne," sagte sie, „ich
bitte mir die Pfänder zuzureichen, dann werde ich sie in den
Chapeau werfen". Den Referendar überlief eine Gänsehaut
nach der andern. Sie wußte mit dem Pute ganz gut Bescheid.
Sie drückte, er machte „knacks" und flog auf. Line riesige
Staubwolke entwälzte sich ihin — inan kann sich denken, daß
das auch riesigen Beifall hervorrief; ganz besonders der hohe
Iustizbeamte konnte sich kaum fassen vor Lachen.
Nach einem „puh"I begann das Fräulein ihre Arbeit. Sie
warf die ihr zugereichten Pfänder eines nach dein andern in
den von ihr mit ausgestrecktem Arme gehaltenen Cylinder.
Da gab es Uhren, Armreife, Fächer, Handschuhe, Hausschlüs-

Line Viertelstunde später stund er, Entschuldigungen mur-
melnd, vor dem Gewaltigen, der sich das Haupt mit einein.nassen
Schwamme kühlte.
„Raffinierte Art sich Vormänner aus dem Wege zu schaffenI"
brummte dieser auf all die Worte des Referendars.
„Ach, Lxcellenz," fuhr es dem Letzteren heraus, „und dabei
gehört dieses Monstrum nicht einmal inirl"
„So wein denn?"
„Rollegen Trenden und der hat ihn auch schon alt von einem
Rollegen erstanden und der wieder und so geht das noch weit
zurück ..."
„Aber was soll denn der Schacher init alten Hüten ... da
kauft man sich doch einen neuen und solche unangenehme Ge-
schichten sind ausgeschlossen!"
„Ja, Lxcellenz, wenn wir das könnten — für Luxusgegen-
stände haben wir absolut kein Geld . . . wirbez iehen ja kein
Gehalt . . ."
Die Lxcellenz winkte ihn: zu gehen, der Referendar entfernte
sich.


sel, kurz die bekannten Gegenstände, welche bei solcher Gelegen-
heit verwendet zu werden pflegen. Der Referendar schwitzte
Blut, das ging nicht ungestraft so weiter, das wußte er, da nahte
auch schon die Ratastrophe. Das Fräulein empfing ein gefülltes,
schweres Portemonnaie, das Herr Lieutenant — natürlich! —
Müller abgegeben hatte. Scherzend wog sie es erst in der Hand
und ließ es dann ebenfalls in den Lhapeau fliegen; das war
ihm aber zu viel zugemutet, der Boden brach und — schrecklich! —
der ganze Inhalt entleerte sich nach unten und zwar der Haupt-
sache nach auf den Rops des mehrerwähnten hohen Iustizbe-
amten, der da ganz vorn saß.
Großartiger Rnalleffekt natürlich, aber der arme Referendar
bekam davon einen Schwindelanfall. —

„Hin", machte Erstgenannter, indem er sich leise auf dem
Ropfe herumfühlte, „daß für die jungen Leute nun endlich
etwas geschehen muß — heute ist es mir selbst — aus-
gefallen!"

Reklame.
reis' gute Ware an in schlichter weise,
Du findest Räufer kaum bei bill'gem Preise.
Verkaufe Schund mit Pomp und vielen Worten,
So machst du ein Geschäft an allen Grten.
Drum solltest du zur Lehr' dir dienen lassen:
Da, wo inan trommelt, sammeln sich die Massen!


Verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck und Verlag von I. F. Schreiber in Eßlingen bei Stuttgart.
Geschäftsstelle in München, Schubertstrahe 6.
 
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