INeggendsrfers Humoristische Blätter.
s29
Der Jungfrau Schrecken.
Kondukteur (in Rosenheim): „Nach Salzburg Wagenwechsel;
Kufstein bleibt sitzen."
Dame: „Da fahr' ich doch schon lieber nach Salzburg."
Der Deserteur.
H^Henn der Mensch noch so rechtschaffen ist, es kann eine
Zeit kommen, wo er auf einmal alle seine guten
Grundsätze vergißt, und wo er nicht einmal etwas
dafür kann und doch ins Unglück kommt.
So ist's halt auch mit dem Huberxaverl gegangen.
Daß ich's schön von Anfang erzähl' — der alte Huberbauer
und sein Weib sind kreuzbrave Leut' gewesen, einen schönen
Hof haben s'gehabt und kein so Gefrett wie die meisten Nach-
barn umeinander. Und einen Buben haben s'gehabt, eben den
Huberxaverl — nun, gescheiter ist er auch nicht gewesen als die
andern Burschen im Dorf, aber recht brav und fleißig, und
Hunger hat er auch keinen leiden müssen, und es hat ihm auch
alles recht gut geschmeckt.
Und jetzt hat der Kaveri zum Militär müssen..
Die Mutter hat freilich recht geweint und gejammert, wenn
nur ihr Bub ja nicht totgeschossen werden thät und wenn ihn
die Lumpen in der Stadt nur ja nicht verderben möchten I wenn
er aber im Urlaub so in seiner Uniform dahergestiegen ge-
kommen ist, so ist sie halt doch ganz stolz gewesen und hat an
allen Häusern hinaufgeguckt, ob ihrem schneidigen Buben auch
wirklich alles richtig nachschauen thät. Und der Vater hat sich
nicht lumpen lassen und den Beutel ordentlich aufgemacht.
Dem Taverl hat's recht gut gefallen beim Militär, aufs
Kommißbrot ist er nicht angewiesen gewesen, willig und an-
stellig war er auch, und so hat ihn alles gern gehabt vom ge-
meinen Soldaten bis zum Offizier.
Lin Jahr hat er schon gedient gehabt — da auf einmal
ist er verschwunden gewesen, er ist desertiert, er, der muster-
giltige Huberxaverl!
weit ist er aber nicht fort, bloß heim; dort hat er gesagt:
„I hab mich flüchtn müaßn, i kann nix derzua, i versteck
mi aufin Heubodn! Muatta, Verrats mi net, bringt's mir nur
ordentli würscht und Bier 'nauf und unser Herrgott wird scho
alles wieder ins Gleis bringal"
Aber dec Taverl hätt zu keinem Kassierer getaugt und so
ist er schon nach ein paar Tagen in der Stadt drin gesessen, in
der sein Regiment gestanden ist, und zwar in einein dunkeln
Kammer!, und das hat ausgeschaut, als ob die Welt mit
Brettern vernagelt wär', und es ist auch so gewesen.
Und jetzt wird er dein Auditeur vorgefiihrt.
Der fordert ihn auf, aufrichtig und ohne Umschweif zu be-
kennen, was ihn zur Fahnenflucht veranlaßt hätt'.
Der Laverl weint wie ein kleines Kind und sagt:
„I kann nix derzua, gewiß netl I hab fort inüaßnl
postnstehn hätt i solln vor dein Herrn Oberst seim Hansl"
Aber der gestrenge Herr Auditeur meint, er lasse sich nichts
weißmachen, das jdostenstehnmüssen sei doch kein Grund zum
Desertieren. Ob er etwas veruntreut, oder ob ihn ein Vorge-
setzter mißhandelt hätt'? Lr soll nur alles ehrlich sagen und
seine Sach' nicht noch mehr verschlimmern durch allerhand Aus-
flücht'.
Aber der Faverl bleibt bei seiner Red'.
„Sehgn S', Herr Auditör, die Gschicht is a so gwen:
Vor a paar wocha hab i postnstehn müaßn beim Herrn
Oberst. Zwoa Stund lang!
Glei über der Straßn is a Bräuhaus — Sie kenns scho,
Herr Auditör, i hab Ihne scho oft drin sitzn sehgn im Hintern
Stübl.
Und Hunger hab i g'habt, und der is alleweil ärger
warn.
Und da kriag i den Bratwiirschtlduft in d' Nasn — zwoa
Stund lang! Aufm Rost bratn san s' aa nol Sie kennen s'ja
aa, Herr Auditör, i hab Ihne erscht neuli a Dutzed bstelln
sehgn. Und dös Grüchl von dem Sauerkrauti I hab mir
denkt, was san do dö Leut so glückli dran, di an tüchtinga
Katarrh Ham."
Der Laverl muß ein bißl aussetzen; er schluckt nachdenklich
das Wasser hinunter, das ihm im — Mund zusammenge-
laufen ist.
„Und d' Sunna hat's aa recht guat gmoant und i hätt
wahrhafti nimmer jdaxp sagn könna.
Und da sitzn Leut drentn im Thorbogen, a paar Bekannte
von mir san aa derbei gwen, alle Augnblick hams' a frische
Maß kriagt, und wia schö is der Schaum drüber abigloffal Und
alle Augnblick hat ma frisch anzapfn hörn — Sie kenna ja den
Stoff aa, Herr Auditör, i hab ja erscht neuli gsehgn, wia Ihne
oaner hoamgführt hat.
Und ,Sollst lebn, Postn? Ham s' zu mir umigschria und
,Zum Wohlsein? und ,O welche Lust Soldat zu sein? Hain
s' gsunga, und so is dös Ding fortganga zwoa Stund lang!
Zwoa Stund, bei dem Durscht, Herr Auditör!"
Und jetzt thut der Laverl einen tiefen Schnaufer, als wenn
er eine Maß auf einmal ausgetrunken hätt', und leckt sich das
Schnurrbärtl ab.
„Und — und — und no was! wissen S', die — die —
Zenzl siech i halt gar so viel gern — Sie kennen s' ja aa,
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Der Jungfrau Schrecken.
Kondukteur (in Rosenheim): „Nach Salzburg Wagenwechsel;
Kufstein bleibt sitzen."
Dame: „Da fahr' ich doch schon lieber nach Salzburg."
Der Deserteur.
H^Henn der Mensch noch so rechtschaffen ist, es kann eine
Zeit kommen, wo er auf einmal alle seine guten
Grundsätze vergißt, und wo er nicht einmal etwas
dafür kann und doch ins Unglück kommt.
So ist's halt auch mit dem Huberxaverl gegangen.
Daß ich's schön von Anfang erzähl' — der alte Huberbauer
und sein Weib sind kreuzbrave Leut' gewesen, einen schönen
Hof haben s'gehabt und kein so Gefrett wie die meisten Nach-
barn umeinander. Und einen Buben haben s'gehabt, eben den
Huberxaverl — nun, gescheiter ist er auch nicht gewesen als die
andern Burschen im Dorf, aber recht brav und fleißig, und
Hunger hat er auch keinen leiden müssen, und es hat ihm auch
alles recht gut geschmeckt.
Und jetzt hat der Kaveri zum Militär müssen..
Die Mutter hat freilich recht geweint und gejammert, wenn
nur ihr Bub ja nicht totgeschossen werden thät und wenn ihn
die Lumpen in der Stadt nur ja nicht verderben möchten I wenn
er aber im Urlaub so in seiner Uniform dahergestiegen ge-
kommen ist, so ist sie halt doch ganz stolz gewesen und hat an
allen Häusern hinaufgeguckt, ob ihrem schneidigen Buben auch
wirklich alles richtig nachschauen thät. Und der Vater hat sich
nicht lumpen lassen und den Beutel ordentlich aufgemacht.
Dem Taverl hat's recht gut gefallen beim Militär, aufs
Kommißbrot ist er nicht angewiesen gewesen, willig und an-
stellig war er auch, und so hat ihn alles gern gehabt vom ge-
meinen Soldaten bis zum Offizier.
Lin Jahr hat er schon gedient gehabt — da auf einmal
ist er verschwunden gewesen, er ist desertiert, er, der muster-
giltige Huberxaverl!
weit ist er aber nicht fort, bloß heim; dort hat er gesagt:
„I hab mich flüchtn müaßn, i kann nix derzua, i versteck
mi aufin Heubodn! Muatta, Verrats mi net, bringt's mir nur
ordentli würscht und Bier 'nauf und unser Herrgott wird scho
alles wieder ins Gleis bringal"
Aber dec Taverl hätt zu keinem Kassierer getaugt und so
ist er schon nach ein paar Tagen in der Stadt drin gesessen, in
der sein Regiment gestanden ist, und zwar in einein dunkeln
Kammer!, und das hat ausgeschaut, als ob die Welt mit
Brettern vernagelt wär', und es ist auch so gewesen.
Und jetzt wird er dein Auditeur vorgefiihrt.
Der fordert ihn auf, aufrichtig und ohne Umschweif zu be-
kennen, was ihn zur Fahnenflucht veranlaßt hätt'.
Der Laverl weint wie ein kleines Kind und sagt:
„I kann nix derzua, gewiß netl I hab fort inüaßnl
postnstehn hätt i solln vor dein Herrn Oberst seim Hansl"
Aber der gestrenge Herr Auditeur meint, er lasse sich nichts
weißmachen, das jdostenstehnmüssen sei doch kein Grund zum
Desertieren. Ob er etwas veruntreut, oder ob ihn ein Vorge-
setzter mißhandelt hätt'? Lr soll nur alles ehrlich sagen und
seine Sach' nicht noch mehr verschlimmern durch allerhand Aus-
flücht'.
Aber der Faverl bleibt bei seiner Red'.
„Sehgn S', Herr Auditör, die Gschicht is a so gwen:
Vor a paar wocha hab i postnstehn müaßn beim Herrn
Oberst. Zwoa Stund lang!
Glei über der Straßn is a Bräuhaus — Sie kenns scho,
Herr Auditör, i hab Ihne scho oft drin sitzn sehgn im Hintern
Stübl.
Und Hunger hab i g'habt, und der is alleweil ärger
warn.
Und da kriag i den Bratwiirschtlduft in d' Nasn — zwoa
Stund lang! Aufm Rost bratn san s' aa nol Sie kennen s'ja
aa, Herr Auditör, i hab Ihne erscht neuli a Dutzed bstelln
sehgn. Und dös Grüchl von dem Sauerkrauti I hab mir
denkt, was san do dö Leut so glückli dran, di an tüchtinga
Katarrh Ham."
Der Laverl muß ein bißl aussetzen; er schluckt nachdenklich
das Wasser hinunter, das ihm im — Mund zusammenge-
laufen ist.
„Und d' Sunna hat's aa recht guat gmoant und i hätt
wahrhafti nimmer jdaxp sagn könna.
Und da sitzn Leut drentn im Thorbogen, a paar Bekannte
von mir san aa derbei gwen, alle Augnblick hams' a frische
Maß kriagt, und wia schö is der Schaum drüber abigloffal Und
alle Augnblick hat ma frisch anzapfn hörn — Sie kenna ja den
Stoff aa, Herr Auditör, i hab ja erscht neuli gsehgn, wia Ihne
oaner hoamgführt hat.
Und ,Sollst lebn, Postn? Ham s' zu mir umigschria und
,Zum Wohlsein? und ,O welche Lust Soldat zu sein? Hain
s' gsunga, und so is dös Ding fortganga zwoa Stund lang!
Zwoa Stund, bei dem Durscht, Herr Auditör!"
Und jetzt thut der Laverl einen tiefen Schnaufer, als wenn
er eine Maß auf einmal ausgetrunken hätt', und leckt sich das
Schnurrbärtl ab.
„Und — und — und no was! wissen S', die — die —
Zenzl siech i halt gar so viel gern — Sie kennen s' ja aa,