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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 31.1897 (Nr. 354-366)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20913#0015
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Neggendorfers humoristische Blätter.

7

Äühne Sprache.

Untoroffizier: „kfuber, Sie wirken mit Ihrcr Dnmmheit wie ein befruchtender
Frnblingsregen anf die Aasernenhofbliitenl"

Die TanLe.

tzumoreske von T. Nesa.

in Eilbrief fiir den bferrn Amts-
richter."

INit gernnzelter Stirne nahin der
Aintsrichter Rudolf Tillmann das Schrei-
ben aus des Dienstinädchens bfand — nnd
blickte dariiber hinweg init zornigen Angen
auf seino ihin gegeniibersitzende, kaffee-
trinkende Gattiin

„von ritiillers," beinerkte er. „viel-
lcicht sind sie so liebenswnrdig und
schreiben nnn noch ab — wo wir das
Logierziininer eingerichtet haben und der
Braten schon anf dem Fener steht —
sieht Deiner Schwester ganz ähnlichl"

„Ich wiirde doch erst lesen," incinte
die Fran Aintsrichter nngeriihrt. „Tlse
sitze nicht so krumin nnd lasse den Aaffee
nicht kalt werden — Augnste — Sie haben
hier nichts verloren — begeben Sie sich
gefälligst in die Aiiche — nun?" wandte
sie sich an den Gatten.

„Das ist Deine Schwester Amalie

— wie sie leibt und lebt," donnerte dieser
los — „rücksichtslos bis in die höchste Potenz

— und natiirlich ist inan wehrlos dagegen
wie ein Lainm, das zum Utetzger koinmt —
es ist hiinmelschreiend — empörend —"

„!vas ist denn eigentlich los — was
regt Dich denn schon wiedcr mal anf,

Dn sanftes Lainin?" fragte die Fran
Aintsrichter noch iminer gciniitlich.

„Da — da?" — der Amtsrichter
warf den unschuldigen Brief, zu einem
Rnänel zusaminengeballt, seiner Gattin
über den Tisch, wo sich derselbe gaukelnd
in ihrer Raffeetasse vor Anker legte.

„Ulein Aaffeel!" — sagte sie strafend

— sischte dann den Unäuel init spitzen Fin-
gern heraus und knittelte ihn anseinander.

„Lies gefälligst lautl — Elso läuft
vor Neugier bereits blan an, wio dic
Puten" — bemerkte der hösliche vater.

Fran Tharlotte hatte unterdesscn ge-
lesen, und auch ihr Antlitz rötete sich
nun. „Lieber ksiinmel," sagte sie, —

„das ist wirklich arg.: ,Da unsere Aö-
chin, eines Todesfalls wegen, plötz-
lich sort mußte, koininen wir schon init
dein Friihzng. Auch koinint deswegcn die
Tante init, da nieinand hier ist, der sie
unterdesten verxflegen könnte. lsoffentlich
stört es Tuch nichtll"

„lhoffentlich stört es uns nicht!" höhnte der Amtsrichter

— „i bewahre — wir sind ja entzücktl Zwar habcn wir
schon das Ziinmer fiir Müllors nur inühsam schaffen könnon,
und sitzen zusaminengcpackt wie Oelsardincn, aber sür die
Lante kriechen ivir schließlich auch noch in den Rarnikelstall —
,hoffentlich stört sie uns nicht' — cs ist zum Schreicnl lvenn
ein platzrcgen koinint, kann inan wenigstens den Schirm anf-
spannen und wenn die pocken koinmen, hilft vielleicht der Doktor;
aber die Tante ist schliminer als die Pocken, denn gegen die
hilft nichts — nichts — lherrgott! rasend könnte inan werdcn —"

„Rudolfl" erinahnte die Gattin, niit eincin Blick anf §lse
^ „bcdcnke auch, es ist die Lrbtante l"

„Ia, ja — meinetwegenl hab' ich sie denn nicht vor kur-
zem erst sechs geschlagene lvochcn ertragen? Das Lrbe ver-
dienen wir nns sauer — und schließlich kriegt die alte vcrdrehte
Achraubc nochmal den Rappel und heiratet Luch vor derNase —"

„Rudolfl"

„lvo willst Du denn ihre lhoheit eigentlich logieren? he?"
— höhnte der Aintsrichter. „Fräulcin Llse wird sich wohl
gnädigst herbeilassen müssen, mal vier lvochen in der Rnmpel-
kammer Ouartier zu nehmen?"

„Allerdings I — Tlse muß ihr Zimmer geben l"

lhier sing der Backfisch, dor bis dahin stuinm, aber mit
brcnncndcm Interessc zugehört hatte, zu „knatschen" an — dic
väterliche Linpörnng nbertrug sich nun auch auf diesen Busen.

„Du hast doch gesagt, das Zimmor sollt' ich jetzt ganz allein
habcn," klagte sic. „lvozn nützt cs mir denn da, daß ich kon-
firmiert wordon bin, wenn mir alles gleich iinmer wieder weg-
genommen wirdl?"

„llnd Augnste soll Papas Lhaiselongne mit Dir hinein-
setzen — und unscren roßen Spiegel — lNoll-s ist so eitel —
und das wciße Fell - " ordncte Fran Lharlotte unentwegt an.
 
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