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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 31.1897 (Nr. 354-366)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20913#0027
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Meggendorfers Humoristische Blätter.

l9

Tourist: „Na, scigeu Sie mal, meiu Liebster, wo fiude ick denu hier die
beste wirtschaft?"

Eingeborner: „Die best'?! — Dö is glei'durt an der Eck> Da wenn's
jatza 'neingenga, na können's bis um 'ra elfe 'rum no a sechs-a-
siebenmal rafal"

Rechl einladend.

Sicherer Griff.

— „Dein tNcister ist wolfi rccht schlimm z» Dir?"
Schusterlehriiug: „Der findet mein Bhr mit
geschlossenen Augenl"

Nenomtnage.

— „Jhr schauspielerisches Auftreten entfessclte
wohl wahreu Beifailssturui?"

Schauspieler: „Na, Publikum hat sich jedes-
mal Schwielen applaudiertl"

Aiitilärischer Leberreun.

tl^die Leber ist von einem ksecht,

Und nicht von einer Aräh' —
wo Tivilist Wortschwall gebraucht,
Bedarf ich nur ein ,Aehst

Ans dem Kentenzenschah der Köchin Äieke.

Die beste Aochschule ist ein schmucker Schatz.

Geistesgegenwarl.

Fräulein terzähtend): „ . . . Sechs ksände streckten
sich mir entgegen, wie ich wieder an die Gber-
fläche des Wassers kaml"
kserr: „Und welche ergriffen Sie?"

Fräulein: „Diejenige natiirlich, an welcher ich
keinen Ehering satzl"

Die SeeMngen.

pnriser Skizze von A Gottlinrd.

e!n Freund Achille hatte mich eines Morgeus besucht
und zuui gemeiusamen Dejeuner einige gut geräucherte
Seezungen mitgebracht, die er in den »BluIIes» von
sciuer neuesten Flamme, der wunderschönen Tochter einer Fisch-
händlerin, gekauft hatte. — Das war ein hübscher Gedanke von
Achille, mit mir heute frühstncken zu wollenl — Nachdem wir
über die Tagesneuigkeilen geplaudert hatteu, holte ich aus dem
Lckschrank eines der langen, runden Pariser Brote, ctwas
Butter, kromu^s cks Urie, einige kleiue Pasteten, die ich gcstern
Abend beim pLtissisr gekauft hatte, und ciueu halbeu Liter
wein. wir warcn schr vcrgniigt, und uuser Friihstück war
gewiß reichlich genug fiir die bescheidenen verhältuisse zweier
kunstliebenden jungen Leutc im Alter von kaum zwanzig Iahren.
Besonders die Seezungen waren sehr delikat. Achille erzählle
beim Desscrt einige Bonmots und wir schüttelten uus vor
Lachen. wir traten an das Fenster. Ls ging nach eiuer
Seiteufiraße des Loulevarck Leaumarclmis hinaus. Da ich im
sechsten Stock eines hochgelegeuen Lckhauses wohnte, so konuten
wir von hier aus über einen großen Teil der Dächcr sehen,
ja wir konnten sogar, infolge des hügcligen Terrains nach einer
5eite hin bis zu den fernsten, in bläulichem ksauch verschwimmen-
den ksäusern von paris blicken. Und um das alles strahlte der
goldene Sonnenscheiu. Ls war eiu wunderschöner Tag. —
Achille war Maler der neuesten Richti ng. Ihn entziickte diese
Anssicht stets, und er hatte vor, ein ^ild davon zu malen:
der Beschauer sollte gerade in das gegen "liegende Uiaiisarden-
fenster und über die niedrigen Däche ts blicken können,
die Schornsteine sollten rauchen, die Sonne funkeln uud leuchten
auf all das Blau und Rot hernieder, haften anf den Blumeu
des Mansardenfeusters und umstrahlen ein liebliches Mädchen-
antlitz, das aus dem Fenster dem Beschauer gerade ius Auge
blickte. Der Gedanke war gut; aber wie so mancher gute Ge-

danke murde er nie ausgeführt, da erstens Achilles Gelieble,
die Tochter der ksallen, die er auf dem Bilde porträtiereu
wollte, ihm untreu und zweitens auch die Gelegenheit, die
Scenerie zu malen, durch mcinen baldigen Wohnungswechsel
vereitelt wurde. Als wir uns so recht des schöuen wetlers er-
freuten, fröhlich lachten und die Rauchringel uuserer Ligaretteu
in die Luft bliesen, wurde driiben das Mansardenfeuster wiilend
zugeschlagen. Ls wohnte ein alter Griesgram dort, der cs
immer geuau zu wissen schien, weun bei mir gelacht wurde,
und dann jedesmal das Fcuster ziuvarf, daß es nur so klirrte.
Ietzt sahen wir hinter den Glasscheiben sein blasses Gesicht
auftauchen. Da cr uns danu permanent giftig anzustarren pfiegtc,
uud unseren schöuheilsdurstigen Blicken ein solches Gegeniibernicht
bchagte, so beschlosscn wir anszugehen und einen Sxaziergang
über dic Boulevards zu uuternehmen. Wir wickelten die Grätcu
der Seezuuge, die wir unzertrennt mit der Gabelspitze beim
Zerlegen der Lische aus deuselben herausgehoben hatten, feiu
säuberlich in Papier, um das jdaket irgendwo zu verlieren.
Aus dem Fenster konute ich die Gräten hier nicht werfen,
sie im Iiiumer liegen lassen oder sie dem Kamin anvertrauen
mochte ich nicht. wo der 2lscheukessel war, wußte ich nicht,
da das Reinigen des Iimmcrs die concisrZs des ksauses vou
9 bis t» Uhr, wenn ich zur Lhocolade in die crLmsris ging,
besorgte. wir nahmen also uuser Paket und gingen auf den
Bonlevard. Als wir auf deu Loulsvurck ckes killss cku calvairs
gekommeu waren, ließ Achille das jdaket fallen. Ls dauerte
keine zwei Sekunden, als ein feiner, Lylinder-tragender kserr
es uns mit eiligeu Schritten wiederbrachte in der Uleinung,
uns einen großen Gefallen durch das Auffinden des „verloren-
gegangenen" jdaketes erwiesen zu haben. wir dankten sehr
höflich für die liebenswiirdige Freundlichkeit, nahmen unser
jdaket, sahen uns verblüfft an und gingen weiter. Auf dem
 
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