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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 31.1897 (Nr. 354-366)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20913#0054
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§6

Meggendorfers ^umoristische Blätter.

'Mch lieb' den ksans vo>n Nachbargutl"
^ Bekannte Gretchen resolut.

„bvas" fiel der vater jdastor ein,

„Und das mill meine Tochter sein,

T>ie mit 'nem Nlanne scharmntziert,
Der sich mit mir hat prozessiert
Dor Augen der Gemeinde?

Mas hast Du nur dabei gedacht?"
Da sagte Gretchen sanft nnd sacht:
„Nur: ,liebet enre Feinde b"

Der Alte war erst ganz verdutzt,

lhat wohl ein wenig noch getrutzt,

Doch als der lsans kam angegangen,
lvard er mit offnem 2lrm emxfangen.
Dann hat der Pastor Punsch gebraut,
Gab ksansen 'ne Tigarre,

Und beide Ulänner lobten lant
Das Gretchen in der pfarre. H. M

ÄrgäNMng.

— „Na, Du hegst fiir die Bankierstochter doch auch nnr Scheinliebc."

— „Aber Tausendmarkscheinliebe."

Varianie.

— „5eitdem Du in der Lehre bist, hast Du Dir in Deine Iacken doxxeltes Rückenfutter
einnähen lassen?"

Schusterlehrling: „Iawohl — khiebe machen erfinderischi"

Boshaft.

Rechtsanwalt lrlaidiorend): „ . . . So sehe ich meinen Alienten als einen unbedingt ehren-
haften Umnn an, daß ich ihn drei Lage an nieinem Familientisch habe essen lassen."

Staatsanwalt: „ . . . In Anbetracht dessen, daß der fterr verteidiger erst sechs wochen
lang verheiratet ist, und daß seine Gattin ihre ganze Aochknnst aus der Pension mit-
gebracht hat, halte ich den Angeklagten durch jene drei Tage für hinlänglich bestraft
und beantrage seine Freisxrechung."

Modernes Uech.

— „ . . . . lvas, Ihr Namo hat
Sie schon ein schweres Stiick
Geld gekostet?"

bserr Nieyer: „Natiirlich; alle
Augenblicke muß ich ja in die
Zeitung setzen lassen, daß ich
mit dem und dem Meycr
nicht identisch binl"

Äin Kchwerenöter.

/^velegentlich eines Festes beim
Aommerzienrat F. hat sich
eine große Runde von jungen
Damen und lserren gcbildet. Lin
jdfänderspiel ist im Gang.

„IVas soll das Pfand in meiner
lsand?" sragt wieder einmal die
Tochter des ksauses, indem sie
dem Licutenant Siißwitz einen
Glühblick znsendet.

„Tigentümer soll diejenige oder
Tigentümerin denjenigen kiissen,
den man am liebsten hat; aber
auf der Stelle und ohne daß die
übrigen Anwesenden merken, wen
man am liebsten hat."

Allgemeine kseiterkeit. Das
Pfand entpuppte sich als Eigen-
tum einer der Damen, die sich in
reizender Ratlosigkeit als unfähig
erklärte, der Bedingnng zu ge-
nügen.

„Geküßt wird überhaupt nicht,"
riefen einige der Schönen.

„Es ist auch gar nicht möglich,
nnter den Augen der ganzen Ge-
sellschaft denjenigen zu kiissen, den
man am liebsten hat, ohne daß
der Auß verrät, wen man am
liebsten hat."

„lvetten daß doch?" sagte
Lieutenant Süßwitz. „lverde
Ihnen, meine Damen, das Txem-
xel vormachen, gnädigste Lrlaub-
ni's vorausgesetzt."

Sprach's nnd ward ein lheraus-
forderer des Neides sämtlicher üb-
rigen lherren; denn das Lxempel,
das er mit selbstverstcindlicher Er-
lanbnis der Damen statuierte, be-
stand darin, daß die sämtlichen
Damen der Reihe nach, alles gut-
gespielten Sträubens ungeachtet,
einen Auß von ihren frischen
Mangen pfliicken lassen mußten.
That aber gar nicht weh, und das
Geheimnis, w en Lieutenant Süß-
witz am liebsten habe, blieb ge-
wahrt. lvenigstens ward kein
Auß, den Unberufene gesehen hat-
ten, verräter seiner Liebe.

vr. Sturm.
 
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