Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 31.1897 (Nr. 354-366)

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20913#0068
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
60

Meggendorfers Hurnoristische Blätter.

0n äit. . .

ganz Lberlassen, denn in Bezug auf verbreitung war sie ihm
bedeutend ,über', das kannte er aus Lrfahrung.

Seine Ahnung war ganz richtig. In der ersten viertel-
stunde hatte er schon geschwatzt — ach so eine Fraul

Das war eine Neuigkeitl Nun konnte sie der jderson, die
unlängst eine Loge verlassen hatte, weil sie in der nächsten saß,
diese Blamage mit Zinsen heimzahlenl Nein, solche Beinel Nun
erschien der Ausspruch, der von ihr kursierte: „sie könne es mit
ihren moralischen Ansichten nicht vereiuigen in ein Seebad zu
gehen, wo der nächste beste sie nach Belieben betrachteu köune",
erst im rechten Lichte! — Flunkereil Nun kannte man den
wahren Grund, weshalb sie nicht in die hiibschen Seebäder
ging, in denen man sich so vortrefflich unterhält. Sie miißte
aber auch eine hiibsche Figur gemacht haben, ha, hal

So lustig, ja ausgelassen, hatte der Baron die jsarretisrs
noch nie gesehen, als auf dieser Fahrt, das ,Relief', welches sie
ihm verlieh, ward ihm allmählich fast zu groß, er war sroh, als
er sich vor seiner Thüre empfehlen konnte. „Bringen Sie mir
doch den hübschen Grafen", rief sie ihm nach, „ich möchte ihn

so gerne tröstenl"-Das Gerücht hatte sich selbstredend

mit lvindeseile verbreitet. Was die Tomtesse betraf, so sah
sie wohl die schadenfrohen Mienen, welche ihr alle welt zeigte,
wie es aber in derlei Fällen immer geht, die Ursache davon
erfuhr sie als ksauxtperson zuletzt und zwar durch ein stark
parfümiertes Billet — ohne Unterschrift natürlich. Der offizielle
Weinkramxf wurde freilich absolviert, aber bei ruhigerem
Denken kam ein Gefühl befriedigenden Stolzes iiber sie. Der
arme Graf, was mußte er gelitten habenl Daher also sein
eigentümliches Wesen, das ihr unerklärbar war — aber wie
männlich hatte er an seinem gegebenen worte festgehalten, er
liebte sie wirklichl-

Acht Tage sxäter drängte man sich zu dem Aonzerte,
welches die kunstbegabte Aristokratie alljährlich zu Gunsten der
Armen veranstaltet. Auch Lomtesse Saillie war aktiv beteiligt,
hatte ihre xrachtvolle Stimme in den Dienst der guten Sache
gestellt und eine „Arie aus den ksugenotten" gewählt, welche,
war nicht näher bezeichnet.

Dieser Nummer blickte das anwesende Publikum begreif-
licher lveise mit der größten Sxannung entgegen — wer hätte
in den letzten Tagen nicht von ihr sxrechen hören l ksier war
also die billige Gelegenheit gegeben, sie mindestens zwanzig
UUnuten anstarren zu können, wer hätte sich dieses vergnügens
berauben sollenl

Jn einer Balkonloge hatte Madame cls sarrstisrs mit
einem kleinen Stabe von verehrern platz genommen, sie war
vorzüglicher Laune. — Lfinter einer Ukauer von Lserren in
schwarzen Fräcken stand der Graf, dem der Atem stocken wollte;
hatte die Gräfin nicht doch zu viel gewagt?

Endlich kam der Nloment, in dem Tomtesse Saillie auf-
treten mußte. Ein erwartungsvolles Murmeln ertönte. Da
trat sie in Begleitung eines Aavaliers heraus, der sich alsobald
mit tiefer verbeugung entfernte.

Man war erstaunt sie in einem, sie gänzlich ver-
hüllenden Mantel auftreten zu sehen — aha, der Beine wegenl
Schon sah man viele, viele schadenfrohe Gesichter, da trat sie noch
einige Schritte vor, so daß sie ganz dicht an der Ramxe stand
und-ließ den Mantel zur Lrde gleiten.

Linige Momente herrschte Totenstille in dem weiten Raum,
dann brach ein Beifallsdonner sondergleichen aus.

Und warum?

Da oben auf dem Podium stand — im Aostüm — der ent-
zückendste page Urban. - —

Zu was die Lomtesse sonst keine Macht der Lrde gebracht
hätte, das that das gekränkte Lhrgefühl und die verletzte weib-
liche Litelkeit — und diese beiden demonstrierten dem Publi-
kum, das sofort begriffen hatte, aä oculos, daß die umlaufenden
Gerüchte eine verleumdung seien, wie sie erbärmlicher
nicht hatte erfundeu werden können, denn dieser Urban hatte
entzückende Gliedmaßen und von vollkommenstem Lbenmaßel
Madame cle sarrstisrs mußte hinausgebracht werden, es
war ihr unwohl geworden.

Vorüßergeh'n.

(E^'eundschast, Liebe, ksaß erblickst du,
E 5iehst um Mitleid steh'n,

Duft'ge Lenzesblüten pflückst du
jZm vorübergeh'n. —

!vas erstand im Frühlingsweben,

Muß im kjerbst verweh'n,

Uud es ist dein eig'ues Leben

Lin vorübergeh'n ... I. Pauer.

Keelenverrvandl.

„lveiß der Auckuck, was das ist, jedesmal, wenn ich etwas
länger außer dem kjause bin, ist auch gleich meine Frau
außer dem Lsäuschenl"

(Lrstes Ärblicken.

Lin Student will einmal eine außerhalb der Stadt ge-
legene Bierbrauerei besuchen. Er benutzt dazu die Trambahn.
Als dieselbe wieder einmal hält, ruft der Schaffner: „Universität!"

„Wo, wo?" ruft der Student höchlichst interessiert und
drängt sich mit großen Augen hervor.

verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck und Verlag von I. F. Schreiber in Lßlingcn bei Stuttgart.

Geschäflsstellq in Münchrn, Schubrrtstratzr 6.
 
Annotationen