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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 31.1897 (Nr. 354-366)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20913#0098
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Meggendorfers Humoristische Blätter.


lsaube zollten ihrem Gruß dabei wixpend Beifall. „Ach," sagte
Frau Müller einst, als ich sie neckend in Abwesenheit des Pro-
fessors gefragt hatte, ob sie ihm denn immer „treu" bleiben
wcrde, „was sollte wohl aus unserm armen professor werden;
er hat ja sonst niemand, auf den er sich verlassen kann, nur
mich und die Grethe und den Mopsl" „lver ist denn Grethe?"
fragte ich erstaunt. „Das ist seine Nichte," war die Antwort;
„ihre Eltern sind tot und sie ist Gouvernante; ach ein gutes
Nädchen, alle vier Tage schreibt sie an den Dukel und ebenso
regelmäßig und gewissenhaft antwortet der ihr." „So, so,"
sagte ich nachdenklich. Um so mehr wunderte es mich, eine
ausgesprochene Abneigung gegen das ganze weibliche Geschlecht
in dem Professor zu entdecken. Oazu hatte ich besonders eines
Abends genügend Gelegenheit. Ich hatte mich von meinen
jüngeren Freunden losgemacht, um mit dem alten kjerrn ein
Glas Bier zu trinken. !>a wurde er dann, den blauen
Rauch seiner Ligarre von sich blasend, gesprächig und unsere
Unterhaltung kam nach allerlei Areuz- und Tuerwegen auf
das Thema „N)eib", über das lveise und Thoren schon genug
geschrieben und geredet haben. Der Professor geriet in eine
lebendige, kriegerische, ja fast boshafte Stimmung hinein. Lr
schlug sich sofort auf die Seite der Angreifer und ich muß zu
meinem Bedauern sagen, jeder ksieb und jeder Schlag der kri-
tischen Beweisgründe seiner weiberfeindlichen Behauptungen,
welche seiner Ansicht nach den Gegner getroffen, schienen ihm
neue waffen in die ksand zu drücken. „Und nun gar das ksei-
ratenl" vief der Professor, — „Aellner noch ein Glas Bieri
-- Das ist doch der Unsinn auf die Spitze getriebenl T>as ist die
ksandlung eines Geistes, dessen wände die Pfeile Amors, dieses
kserumtreibers, leck geschlagen haben. Sehen Sie zum Beispiel,"
fuhr der professor fort, „was bin ich für ein glück-
licher Utann, glücklich, weil ich eben nicht geheiratet
habel Ich bin ein freier Ulann, und nur ein freier
Utann, nicht ein Freiersmann, ist der richtige Mann,
deun schon ksomer sagti die Lsälfte der Tugend nimmt
Zeus dem Ukanne, dem er die Freiheit nimmt und,
setze ich hinzu, mit einer Frau bestraftl Sehen Sie
dagegen mein,Schnäuzcheiü anl Das ist besser, als
eine Fraul Folgsam! Treul Zärtlichl Braucht
keine winter- und Sommertoiletten, hat nie UUgräne,
schwatzt keinen Unsinn und macht keine Narrheitenl
Führen und leiten kann ich ihn am Schnürchen,
den braven ksund; alles Eigenschaften, die eine Frau
selten, nie in dieser Vereinigung und oft gar nicht
hat! Mein Freund, mein junger Frennd," sagte der
professor fast pathetisch, „heiraten Sie nie, thun Sie
es ja nicht, das Standesamt ist die Bastille männli-
cher Freiheit. Denken Sie doch, heiraten ist ein Schritt,
den Sie nicht wieder zuriickthun könnenl Versprechen
Sie mir, mein Lieber, daher, ihn nie zu thunl?"

„Nun, kserr professor," erwiderte ich, dem erregten
alten kserrn, der aufgestanden war und mir ins
Gesicht sah, „ich will mir Mühe geben; ich glaube
die Gefahr ist auch nicht groß bei mir. Aber so
schlecht, wie Sie die Lrauen schildern, kserr Professor,
sind sie doch nichtl Denken Sie doch an Frau Müller,
denken Sie doch an Ihre Nichtel" „lvoher wissen
Sie etwas von ,Nichte'?" fuhr er gegen mich los,
dann milder einlenkend, „eine wirtschafterin ist eben
eine wirtschafterin und meine Nichte ist keine Fraul"

Ich lachte herzlich. „wenigstens nicht für mich; da

erfülle ich nur Pslichten gegen meinen verstorbenen Bruder, ihrcu
vater, kurzum . . . ach was, das ist ja Unsinnl Sehen Sie,
der habe ich auch das versprechen abgenommen, nicht zn heiraten;
so macht sie keinen Mann nnd auch sich nicht unglücklich; sie
bleibt eben ,Nichte'I"

Beim Nachhausegehen, als ich mich von dem pdrofessor ge-
trennt hatte, überlegte ich mir, woher wohl dieser hellslackernde
Zorn gegen das andre Geschlecht bei meinem Gönner herstam-
men könnte. Liebe? Unglückliche Liebe? verratene Liebe?

Als ich meinem alten Freunde einige Tage darauf begegnete,
begann er: „Ulan hat doch nur Aerger l Aber das koinmt von
diesem lseiraten; hätte mein Bruder das hübsch unterlassen,
wäre ich nicht wider meinen willen Gnkel geworden; nun muß
ich meine Nichte zu mir nehmeu; ich will sie nicht länger bei
fremden Leuten in Stellung lassen, das verbietet mir die Bruder-
liebe, zumal das Mädchen noch zu jung und unerfahren ist, nicht
wahr?" „Freilich, freilich, kserr professor," sagte ich iiberzeugt.
„wird 'ne hübsche Zeit dauern," fuhr er fort, „bis man sich
an das Schwirren so 'nes Aäfers gewöhnt hat." Ich versuchte
ihn zu trösten; er setzte sein Schimpfen aber in gutmütig pol-
terndem Tone fort. (Schiuß f°igi>.

Der Banloffelheld.

rasiert, leise): „Sie, lassen Sie sich das doch nicht gefallen . . . .
jctzt habe ich Sie schon dreimal geschnittenl"

Mißverffcmden.

ksausfrau: „ksier ist meine Tante Frau Paynige und ihr Sohn, vetter
Aarl."

pista: „Hät, frait mich — ober Gnädige wollten sogen: ,fette Frau und
bajniger Aorlll?"

verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck und verlag von I. F. Schreiber in Eßlingen bei Stuttgart.

Geschäftsstellq in München, Schubertstrsffe 6.
 
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