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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 31.1897 (Nr. 354-366)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20913#0118
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Meggendorfers Huinoristische Blätter.

U0


Franz Müller saß in seinen vier lvänden und sah alle die
Schreiben durch, die posts rsstants an ks. R. v. S. gekcnnmen
waren. verleger offerierten ihm ihre Dienste; eine Menge von
Damen baten uin Locken, darunter auch Nina, die Tochter
seines bsausherrn, die sonst nur hochmiitige Blicke fiir ihn hatte.
Lr schrieb einem Verleger, daß er ihn gerne sprechen werde,
ging dann zum Friseur, kaufte mehrere Periicken, und sandte
den Damen Locken, der einen eine schwarze, der andern eine
blonde. An Minchen aber schickte er eine eigene, und die war brann.

Der verleger kam persönlich. „Sie wünschen?" fragte
Franz trocken.

„bsabe ich die Lhre, kserrn bs. R. v. S. zu sprechen?"

,,Ich heiße Franz Müller."

„Ah, pardoni"

„lvas wünschen Sie denn?" sragte Franz nochmals.

„Ich gestatte mir, mir die Freiheit zu nehmen," räkelte
der verleger.

„Ah, ich weiß schon, Sie wollen die Gedichte, die Novellen?
Sind Sie auch leistungsfähig?"

„D gegenüber solchen Männern schone ich meine Kasse nie,
selbst wenn ich draufzahle."

„So, nun gut. Ich werde es dem kserrn melden; ich bin
nur der Sekretärl"

„Ah, sagte der andere überrascht, „und Sie heißen wirk-
lich Franz Müller?" _

„Iawohl," sagte der Besitzer dieses Namens. Der verleger
ging mit schlauen Mienen fort.

Bald kamen wieder zwei Briefe. Der eine war vom ver-
leger an kserrn Franz Müller, und enthielt nur einige blaue
Bogen, der andere von der Direktion mit einer Anweisung auf
die Theaterloge zur Premiere.

Die Premiere kam. Alles blickte gespannt nach der Loge;
sie blieb leer. Franz saß seelenvergnügt auf der Gallerie, man
beugte sich devot vor ihm; und die Billeteure raunten sich zu:
„Der Sekretärl"

Neben ihm saß ein alter Lserr, der klatschte unermüdlich
Beifall, und sah ostentativ nach der lhofloge. Nach jedem Akt
aber rief er, so daß man's im ganzen lgause hörte: „Lin famoses
Stück, ein brillantes Stück."

Franz kitzelte es, den Alten zu necken. „Soll von einem
ganz jungen Genie sein," warf er hin, „ich habe wenigstens
von diesem Franz Müller noch nie was gehört."

„Das glaube ich," sagte der lserr, „der existiert ja gar
nicht. Der Autor ist ganz wo anders zu suchen, als unter den
Müllers und Schulzen. Man munkelt, er soll dem Throne
ziemlich nahe stehen, ja vielleicht sogar . . ."

„!Vas Sie nicht sagen," staunte Franz.

„Ja, mein Freund, ich bin versiert," lachte der Alte selbst-
^ gefällig, „komische Idee, sich Franz Müller zu heißen, was?"

Lyperbel.

Änlfremdender Zustand.

Kpruch.

cK aß dir die Lust am Schönen nicht vergehn,
Dich nicht in die moderne Iacke zwingenl
Der alte Spruch bleibt stets zu Recht bestehn:

Lin gutes Lied kann man auch zweimal singen.

__ G. S.

Moderne Aitte.

Primaner: „Fräulein Ulärchen, für Sie gehe ich
bis ans Lnde der weltl"

Backfisch: „Achl — nicht wahr, dann schicken Sie
mir von dort eine Postkarte mit Ansicht?!"

Äntfremdender Zuffand.

Studiosus Süffel: „Ich weiß nicht, wie seltsam ich mir
heute vorkomme — sollte das am Lnde gar Nüchternheit sein?"

°- ^

Nur standesgemäß.

„lvas höre ich, Frau Uommerzienrat, Ihr bjerr Gemahl ist iinii
auch Radfahrer?"

„lvie heißt Radfahrer? Aommerzienradfahrer ist erl"

Mcht in Verlegenheit t!l bringen.

Äettler: „Schenken Sie mir was; habe sieben hungernde und frie-
rende Äinder zu kjausl"

lferr: „Frierende Uinder — jetzt im bsochsommer?"

Bettler: „Ia sehen Sie, wir wohnen nämlich gerade über
einem Liskeller!"

„Ich sage Ihnen, unsere Uüche ist so groß,
daß unsere Uöchin darin herum radeln muß, will
sie bei Zeit mit dem Uochen fertig werden."

verantwortlicher Redakteur: lNax Schreiber. Druck und verlag von I. F. Schreiber in Lßlingen bei Stuttgart.

Geschästsstellq in Münchrn, Schubertstraste 6.
 
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