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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 32.1898 (Nr. 367-379)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20912#0032
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rNeggen.Sorfers Humoristische Blätter.

Ver kluge wirt.

„Fritz, die Lamxe raucht, hol' Dir einen
Stuhl und schraub' die Flamme herab, sonst
springt der Lylinder."

„Ietzt wird der Lylinder gleich springen."

„Aha! jetzt ist er schon gesprungon, der
L^'linder."

Ziska.

wenn ich nach dem Mltagessen auf dem Sopha lag und verdaute, dachte
ich manchmal: nun könnte er wirklich einmal singen, jetzt störte er nicht. Aber
er that keinen Piep, man wußte ja überhauxt niemals, ob er schlief oder wachte.
Rechts schlief er, links wachte er. Das Mädchen war mit meiner Frau im Bunde.
Fragte ich, ob ksansi frisches kvasser gekriegt habe, so antwortete es schnipxisch:
„Ziska ist versorgt." Das soll einen nicht ärgern l Ich schnauzte sie an, an meine
Frau traute ich mich aber nicht. Ich wollte auch nicht das dumme Schäfchen
spielen, das klein beigibt. So war ich denn heroisch und nähte mir die abgeris-
senen Hemdenknöpfe selbst an, und es war entsetzlich, wiernel Anöpse in dieser
Moche abrissen.

Lntfloh ich meinem schrecklichen kseim und lief in die Aneipe, so konnte
ich mit Sicherheit darauf rechnen, dort mit der Frage begriißt zu werden: „Was
macht Ihr Vogel?" Und dabei konnte ich noch nicht einmal grob werden, ob-
gleich ich aus dem ironischen Lächeln schließen mußte, ja „mußte" sage ich, daß
die Frager gar nicht den vogel meinten, den ich wirklich hatte, sondern denjenigen,
den man bei mir nur vermutete.

Am sechsten Tage, also gestern, sing meine Frau wieder mit mir zu reden
an, sie erklärte mir nämlich, ihr Wirtschaftsgeld sei zu Lnde, ich solle einmal gefälligst
herausrücken. „Aber wie ist das möglich?" fragte ich. „Mie das möglich ist?"
deklamiert sie in dem hohen Tone, den Naria Stuart vor Llisabeth anschlägt,
„wenn man so einen ansxruchsvollen Aostgänger hat . . . . " „Ansxruchsvollen
Aostgänger?" fragte ich verständnislos. „Nu ja, den Ziska." Dieser bsohn? Ich
bcherrschte mich jedoch und frage in ruhigem Tone: „lfast Du denn heute noch
Ausgaben, daß ich . . . ?" „Gewiß," antwortet sie, „ich muß für den Reisvogel
noch Reis holen lassen." „Na, jetzt ist es aber genug," rufe ich wütend und
laufe aus dem Zimmer, ohne einen Pfennig herauszurücken. Mochte sie auch ihre
Strafe haben l Spornstreichs eile ich in die Aüche und sage zum Mädchen: „ksören
Sie, Marie, wenn das Biest, der lsansi oder Ziska, wie Sie ihn zu nennen be-
lieben, eines Morgens verschwunden sein sollte, gebe ich eine Mark. verstehen Sie?"

Gb sie verstanden hat? G vortrefflich. kseut Morgen war ksansi-Iiska
verschwunden, und ich war eine Mark los. Mit unschuldigem Augenaufschlag
meldete Marie, sie habe die Aäfigthür geöffnet, iim dem vogel Futter zu geben,
und da sei er so „hurre, zurre" durchs offenstehende Fenster entwischt. Daß doch
in jedem Meibe eine Aomödiantin stecktl „Na, ist gut," sagte ich, „nun iiehmen
Sie einmal den Aäsig und schaffen Sie ihn aus dem ksause, Schenken Sie ihn
dem Schuster, der unsere Schuhe flickt, der hat ja Aanarienvögel.

Merkwürdig, da vogel und Aäfig fort waren, ward meine Frau wieder
zum Lngel. Es war, als weiche ein böser Geist von ihr. Meine Stirn, die der
pantoffel getroffen, küßte sie, und, wenn Du es nicht weiter erzählen willst, sie hat
gar gehenlt, geweint wollte ich sagen. Na, ich bin ja kein Unmensch, ich lasse
mich gern leicht versöhnen, und so ist ja alles wivder gut. Aber das sage ich Dir,
einen Vogel kaufe ich in meineiy ganzen Leben nicht wieder, höchstens einen Brat-
vogel. So nun wollen wir an unser Filetbeefsteak gehen . . . Aellnerrri"

- Mui!

W^nglücklich, elend, nennst du dich
NsUnd trugstdas Glückindeinen ksänden,
Aus eig'ner Araft, wenn du nur willst,
Aannst alles du zum besten wenden.

Das Bächlein, das vom Berge kommt,
Ls lehrt dich durch das Leben wandern:
Ist ihm der eine Weg verwehrt,

So wählt es mächtig einen andern.

Und über Felsen schäumt es hin,

V.orbei an blühenden Geländen,

Um siegreich eines Tags im Strom
Den Aampf der Iugend zu beenden.

V. S.

Auch eine Reise um die Ärde.

Geographie-Lehrer <zun> Stubemnädche», welches sein Studierzimmer ordnet und eben -inen
großen Globus abstäubt): „Um Gotteswillen, wie lange dauert es denn heute
wieder, bis Sie fertig werden?"

Stubenmädchen: „Aber, kserr jdrpfesser. wann i um die ganze Lrde da herum-
fahren soll, kann i net so g'schwind fertig werden."

verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck und verlag von I. F. Schreiber in Lßlingen bei Stuttgart.

Geschäfisstellq in München, Schubrrtflraste 6.
 
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