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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 32.1898 (Nr. 367-379)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20912#0061
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Meggendorfers Humoristische Blätter.


Leider Gottes hab' ich schon
Line Musterkollektion
Solcher strebender Lalente,

Daß ich schier verzweiseln könnte.

Aber all' verdunkelt sie

Fränzchen Kind — mein chauxtgenie.

Seine Maina — Madam Aind

Nennt ihn nur: „Mein wunderkind!"

wie's kam, daß ich mich inuß quälen

Mit ihm, will ich kurz erzählen:

Gläubiger von einem Wind-

Beuteh war bserr Senior Aind,

von dem — dies war längst ihm klar —

wenig zu bekommen war.

Anders, als kserr Aind sich's dachte,
Aam's, als jener jdleite machte. —
wenn ein Schuldner macht Bankrotch
Märe man ein ksottentott',
wollte man sich nicht bequemen,

Aus der Masse sich zu nehmen
Sachen, welche brauchbar sind;

Also meinte auch kserr Aind.
lsier war's Beste vom Gerümpel
Nür ein altes Llavicembel,

Deshalb hat er's ungeniert
Mhne Zaudern annektiert,

Denn er dachte: „ksoffentlich
Findet bald ein Aäufer sichi"

Aber achl die Zeit verrann,

Doch es kam kein Aäufer an.

Lndlich sind gleich zwei gekommen,

Aber keiner hat's genommen.
ksierdurch ward's lserrn Aind erst klar,
Daß es „unverkäuflich" war. —

Lines Tags versammelt' er
Frau und Ainder um sich her.

^ierauf spräch er voll Nerstand:

„Da ich keinen Aäufer fand,

Bleibt der Aasten also hier,

Deshalb lernt jetzt Franz Alavierl"

Unser Fränzchen, das darob
lseftig Widerspruch erhob,
wurde, war es auch ergrimmt,
von den Lltern iiberstimmt. —

Nathan spricht: ,Aein lNensch muß miißen
Aber manchmal, in gewissen
Fällen stimmt dies doch nicht ganz,

So auch hier bei unsrem Franz:

Müssen mußt' er kurz und bündig,

Denn er war ja noch nicht mündig.
Dadurch hat es sich geschickt,

Daß mich Fränzchen Aind beglückt.

Achl mir macht der schlimme Range
Gft in tiefster Seele bange:

Lh' er spielt, schon sein Benehmen
Aann den Ntut mir völlig lähmen.

Wenn mit einem kühnen Schwunge
Auf den Sessel sxringt der Iunge,

Läßt er gleich das Polster krachen,

Um mich recht nervös zu machen.

Wenn er dann mit lautem Gähnen
Unter Stöhnen, Stramxeln, Dehnen,

Sich mitsamt dem Sitze dreht,

Lh' er an die Arbeit geht,

Ahn' ich wohl, daß er's nur thut,
weil er weiß: mich bringt's in wut!
Doch es steigern die Gefühle

Ulehr sich noch bei seinem Sxiele.
Wenn — was leider unabwendlich —
Ganz als wär' dies selbstverständlich,
Dieser Innge, der vertrakte,

Dier zählt beim Dreivierteltakte,

Wenn er dann beim Seitenwenden
Mit den ungewasch'nen lfänden,

Ghne dabei zu erschrecken,
von den Noten reißt die Lcken,

Die ich ihm — o lsochgenußl —
Gänzlich gratis leihen muß,

Dann erreicht die inn're Wut
Ziemlich ihre höchste Glut.

Das Alavier, wo ungeniert
Franz sein Aönnen produziert,

Ist, obwohl es alt und würdig,

Doch ihm völlig ebenbürtig.

Nie bei dieser Drahtkommode,

War die Stimmung recht im Lote.
Aber sollte klar und rein
Iemals auch gestimmt sie sein,

Würde davon nichts gespürt,

Wenn der Franz die Saiten rührt.
Unnütz sind am Iammerkasten
Seiner llkeinung nach die Tasten,

Die verhaßt ihm wegen der
Ltwas schwärzlichen Louleur;

Immer nach den weißen zieht
Ihn ästhetisch sein Gemüt.

Deshalb auch sein wildes Flehen,

„Nur kein Stück mit soviel Be—enl"
Sein charaktervolles Sxreizen,

Sieht Ltüden er mit Areuzen.

Nur wenn L-ckur die Parol',

Ist ihm ein'germaßen wohl.

Was mit Franz in enger Aammer
Ich erdulde, ist ein Iammer:
Immerfort tönt mcine Stimme
In nur schwer verhalt'nem Grimme:
„Franz, Du zählst falsch, halte Taktl
Franz, nicht so d'rauflosgehacktl
chalt, hier hast Du cis zu spielenl"
Doch er spiirt kein menschlich' Fühlen,.
Immer wieder greift, o weh,
Fränzchens Finger nach dem cl
„Franzl" so sage ich nun schon
In bedeutend streng'rem Ton:

„Iedem Aind, das nicht xariert,
Aann's xassier'n, daß was xassiertl"
lsierauf lacht der Bösewicht,

Alir direkt laut ins Gesicht.

Anfangs bin bei seinem Lachen
Ratlos ich, was soll ich machen:

Soll ich seinen vater holen,

Vder Franz gleich selbst versohlen?
Nein, ich muß die Ruhe wahren. —

's ist, um aus der lsaut zu fahrenl —
Denn im Nebenzimmer sitzt
Line Mutter, die ihn schützt,

Die bei ihres Söhnchens Thräne
Schleunigst würde zur chyäne;
Unerbittlich wäre sie:

Ich verlöre dies Genie
Sicherlich und außerdem,

Was mir wenig angenehm,

Iede Woche, das ist klar,

Fünfzig jdfennig lfonorar.

Max Grundimiim.


Schuipserl und Kchnapserl.

Line hundespitzbubengeschichre.


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