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Meggendorfers Humoristische Blätter.
L-chnipserl und Schnapserl.
In der Komödie.
H^orch, wie sie lachen, groß und klein,
Die kserr'n und Frau'n im Schau-
spielhaus:
Manch' einer wird darunter sein,
vcr lacht sich lachend selber ausl
Karl Rock.
Die unterbrochene HochMtsreise.
/R/ndlich war sie seine Frau, das hübsche, eigensinnige Lvchen.
wie lange hatte er sich aus diese Zeit gefreut, nachdem er oft genug das
^^lsangen und Bangen in schwebender ssein während des Brautstandes erfahren
mußtc. Denn Lvchen hatte ihr Aüxfchen für sich, Trotzen und Schmollen verstand sie
aus dem ff. Dafür war sie auch das einzige und verzogene Rindchen einer Lxcellenz,
hatte kein sonderliches Vermögen, war aber gewöhnt, um so größere Ansprüche zu
machen. Und doch hatte der bescheidene Amtsrichter Benno von Uuhnen ihre Zu-
neigung errungen, vielleicht gerade wegen — der Ausdauer, mit der er ihre Launen
ertrug. Nun waren die beiden ein paar und es ging auf die ksochzeitsreise. Nicht
nach dem sonnigen Jtalien, nein, nach dem sächsischen Lrzgebirge. Freilich, es hattc
lange gedauert, bis er Lvchens Zustimmung zu diesem Plane erlangte. Aber das
Lrzgebirge war Bennos Lseimat und hoch oben in der Kreisstadt lebten seine alten
Lltern, die wegen ihrer Gebrechlichkeit der Trauung nicht hatten beiwohnen können.
Denen galt die Reise. Benno war glücklich. wie schmiegte sich sein Evchen an ihn,
als sie so selbander hineinfuhren in den schönen Frühlingstag! Sie fühlte gewiß, daß sie
eines Schutzes bedürfe in der weiten welt, wenn Papa und !Nama, Gesellschaftsdame
und Tante nicht als Gluckhennen bei ihr waren.
V, wenn es doch immer so bliebel dachte Benno und zog sein zartes Frauchen
an sich, denn die beiden waren allein im Loupö, das hatte er sürsorglich bewirkt. Ls
war ihm eigentlich sonderbar zu Mute, daß sein Evchen mit cinem lNale so ganz
wunschlos geworden war, so ganz einer INeinung mit ihm. Sie koste und lachte und
freute sich. Sie gab sich so anmutig und natürlich, wie es Benno noch gar nicht an
ihr bemerkt hatte. Freilich, so ein süßes, trauliches Alleinsein war ihnen auch noch
nie beschieden gewesen.
Papa Lxcelleuz hattc doch recht gehabt: In der The verwandelt sich das lveib
in wunderbarer lveise. Tin tüchtiger Lhemann wird seines lveibes Meister, wenn
er auch vorher der Sklave des Brautstandes war. — Daran dachte Benno und jubelte.
Er hätte die ganze Ivelt umarmen mögen. So nahe schon der kseimat mit seinem
Glückl Denn eben hatte der Schaffner abgerufen: Schwarenbergl —
ksier hörte die Lisenbahnfahrt auf. Man war am F'uße des Lrzgebirges an
gelaugt und dic postfahrt über das Gebirge nach der Areisstadt Annenheim solltc
beginnen.
Lvchen fühlte sich plötzlich wieder unter Menschen. Und unter Menschen inuß
man zeigen, daß man die Tochter einer Lxcellenz ist. Ls wurde darum die hoch-
mütigste Miene aufgesteckt, die ihr zu Gebote stand und verächtlich schaute die junge
Frau aus den Plebs, auf die Gebirgler, die in ihren Trachten ebenfalls den Lisen-
bahnwagen entstiegen und hin und wieder einen frohen Iuchzer hören ließeu.
Benno mußte sich um das Reisegepäck kümmern und so stand Lvchen etliche Minu-
ten allein.
Sie sah, wie Benno auf den bei seinem Gefährt stehenden postillon zuging,
ihm kräftig die ksand schiittelte und hörte ihn sagen: Ich grüß Euch, Schwagerl Auch
noch aus dem posten?! Lange nicht gesehenl lvie geht's? — Der postillon lüftete
seinen Lsut; verzog sein breites Gesicht zu einem Grüßen und erwiderte verschiedenes
im Dialekt, was aber Evchen nicht verstehen konnte.
Sie war puterrot vor Aerger goworden, trippelte hin und her, schüttelte dcn
Aopf und als sie gar merkte, daß der postillon nach ihr hinsah, da war cs vorbei
mit ihrer Beherrschung.
„Benno", rief sie ärgerlich.
Der hatte unterdes schon die nötigen Aufträge wegen des Gepäcks gegeben
und war im Nu an ihrer Seite.
„lvas befiehlt mein Schätzchen? Ich mußte nur das Gepäck besorgen und habc
dem Schwager etliche freundliche lvorte gesagt. Ich bin oft mit ihm auf dieser
Tour gefahren und der treue Mensch freut sich herzlich, -"
„Genug, genug," — unterbrach ihn Lvchen — „ich mag nichts mehr hören!
Führe mich hier weg, sonst werde ich noch ohnmächtig über so viel Ehrel —"
Benno war starr vor verwunderung; aber er kannte sein Aindchen. Da hicß
es sofort nachgeben, sonst war es um die Freuden der Reise gethan.
Lr sührte sie nach dem Postwagen.
„Gott sei Dank!" — sagte er, „da gibt's Platz genugl" — Ls saß nur ein dicker
Herr, dem Aussehen nach ein Metzger, in der einen Lcke. Am anderen Lnde ließen
sich die beiden nieder. Kurz darauf begann die Fahrt.
Lvchen sxrach kein lvort. Sie stöhnte nur ab und zu auf.
Meggendorfers Humoristische Blätter.
L-chnipserl und Schnapserl.
In der Komödie.
H^orch, wie sie lachen, groß und klein,
Die kserr'n und Frau'n im Schau-
spielhaus:
Manch' einer wird darunter sein,
vcr lacht sich lachend selber ausl
Karl Rock.
Die unterbrochene HochMtsreise.
/R/ndlich war sie seine Frau, das hübsche, eigensinnige Lvchen.
wie lange hatte er sich aus diese Zeit gefreut, nachdem er oft genug das
^^lsangen und Bangen in schwebender ssein während des Brautstandes erfahren
mußtc. Denn Lvchen hatte ihr Aüxfchen für sich, Trotzen und Schmollen verstand sie
aus dem ff. Dafür war sie auch das einzige und verzogene Rindchen einer Lxcellenz,
hatte kein sonderliches Vermögen, war aber gewöhnt, um so größere Ansprüche zu
machen. Und doch hatte der bescheidene Amtsrichter Benno von Uuhnen ihre Zu-
neigung errungen, vielleicht gerade wegen — der Ausdauer, mit der er ihre Launen
ertrug. Nun waren die beiden ein paar und es ging auf die ksochzeitsreise. Nicht
nach dem sonnigen Jtalien, nein, nach dem sächsischen Lrzgebirge. Freilich, es hattc
lange gedauert, bis er Lvchens Zustimmung zu diesem Plane erlangte. Aber das
Lrzgebirge war Bennos Lseimat und hoch oben in der Kreisstadt lebten seine alten
Lltern, die wegen ihrer Gebrechlichkeit der Trauung nicht hatten beiwohnen können.
Denen galt die Reise. Benno war glücklich. wie schmiegte sich sein Evchen an ihn,
als sie so selbander hineinfuhren in den schönen Frühlingstag! Sie fühlte gewiß, daß sie
eines Schutzes bedürfe in der weiten welt, wenn Papa und !Nama, Gesellschaftsdame
und Tante nicht als Gluckhennen bei ihr waren.
V, wenn es doch immer so bliebel dachte Benno und zog sein zartes Frauchen
an sich, denn die beiden waren allein im Loupö, das hatte er sürsorglich bewirkt. Ls
war ihm eigentlich sonderbar zu Mute, daß sein Evchen mit cinem lNale so ganz
wunschlos geworden war, so ganz einer INeinung mit ihm. Sie koste und lachte und
freute sich. Sie gab sich so anmutig und natürlich, wie es Benno noch gar nicht an
ihr bemerkt hatte. Freilich, so ein süßes, trauliches Alleinsein war ihnen auch noch
nie beschieden gewesen.
Papa Lxcelleuz hattc doch recht gehabt: In der The verwandelt sich das lveib
in wunderbarer lveise. Tin tüchtiger Lhemann wird seines lveibes Meister, wenn
er auch vorher der Sklave des Brautstandes war. — Daran dachte Benno und jubelte.
Er hätte die ganze Ivelt umarmen mögen. So nahe schon der kseimat mit seinem
Glückl Denn eben hatte der Schaffner abgerufen: Schwarenbergl —
ksier hörte die Lisenbahnfahrt auf. Man war am F'uße des Lrzgebirges an
gelaugt und dic postfahrt über das Gebirge nach der Areisstadt Annenheim solltc
beginnen.
Lvchen fühlte sich plötzlich wieder unter Menschen. Und unter Menschen inuß
man zeigen, daß man die Tochter einer Lxcellenz ist. Ls wurde darum die hoch-
mütigste Miene aufgesteckt, die ihr zu Gebote stand und verächtlich schaute die junge
Frau aus den Plebs, auf die Gebirgler, die in ihren Trachten ebenfalls den Lisen-
bahnwagen entstiegen und hin und wieder einen frohen Iuchzer hören ließeu.
Benno mußte sich um das Reisegepäck kümmern und so stand Lvchen etliche Minu-
ten allein.
Sie sah, wie Benno auf den bei seinem Gefährt stehenden postillon zuging,
ihm kräftig die ksand schiittelte und hörte ihn sagen: Ich grüß Euch, Schwagerl Auch
noch aus dem posten?! Lange nicht gesehenl lvie geht's? — Der postillon lüftete
seinen Lsut; verzog sein breites Gesicht zu einem Grüßen und erwiderte verschiedenes
im Dialekt, was aber Evchen nicht verstehen konnte.
Sie war puterrot vor Aerger goworden, trippelte hin und her, schüttelte dcn
Aopf und als sie gar merkte, daß der postillon nach ihr hinsah, da war cs vorbei
mit ihrer Beherrschung.
„Benno", rief sie ärgerlich.
Der hatte unterdes schon die nötigen Aufträge wegen des Gepäcks gegeben
und war im Nu an ihrer Seite.
„lvas befiehlt mein Schätzchen? Ich mußte nur das Gepäck besorgen und habc
dem Schwager etliche freundliche lvorte gesagt. Ich bin oft mit ihm auf dieser
Tour gefahren und der treue Mensch freut sich herzlich, -"
„Genug, genug," — unterbrach ihn Lvchen — „ich mag nichts mehr hören!
Führe mich hier weg, sonst werde ich noch ohnmächtig über so viel Ehrel —"
Benno war starr vor verwunderung; aber er kannte sein Aindchen. Da hicß
es sofort nachgeben, sonst war es um die Freuden der Reise gethan.
Lr sührte sie nach dem Postwagen.
„Gott sei Dank!" — sagte er, „da gibt's Platz genugl" — Ls saß nur ein dicker
Herr, dem Aussehen nach ein Metzger, in der einen Lcke. Am anderen Lnde ließen
sich die beiden nieder. Kurz darauf begann die Fahrt.
Lvchen sxrach kein lvort. Sie stöhnte nur ab und zu auf.