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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 32.1898 (Nr. 367-379)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20912#0067
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Meggendorfers Humoristische Blätter.

57

Mch sitze in meinem Stübchen, noch glimmt die Glut im Uamin,
Die Dämmerung sinkt hernieder, der Tag ist im Entf.ietz'n;
Ich sitze und sinne und träume, und träume den alten Traum —
Meit schweisen meine Blicke, und weit wird rings der Raum.

Da bringt man mir die Lamxe, taghell wirds rings im Raum,

Und da zerrinnt, zerflattert mein scböuer tzolder Traum.

Nun starrt aus allen Lcken das aite Leid mich an:

verloren und vergessen, einsamer, müder Mann! Pa»l Bliß.








l^!<

Ich sitze und sinne und sinne, nur wenig noch glimmt die
Uud rings die linde Dämmerung thut ineinem Auge gut,
Und um mich heilige Stille, nur leise tickt die Uhr,

Den Trubel von der Straße hör' ich von Ferne nur — —

So sitze ich weltvergessen, und denk' und denk' an dich,

Und wästn', wie einst im Frühling, in deinen Armen mich,
Und flüstere all' die Morte, die damals uns berauscht,

Und sühle alle die Uüsse, die damals wir getauscht,

Und träume wieder, wieder den alten Liebestraum, —
versiogen all' die Iahre wie flücht'ger Mellenschaum,
Vergessen all' die Leidcn, der Trennung herber Schmerz,
Und wonnotrunken, wohlig zieht's mir ins wunde kserz -

Zivei Nragen.

/^r hatte sich aus der Wirts-

hausatmosphärefortgesehnt
und deshalb geheiratet. Die
„Aochkunst" seiner Lhegesxonsin

— eine Uöchin trug's nicht —
aber veranlaßte ihn schon kurz
nach der ksochzeit zu dem schmerz-
lichen Aufschreii „Warum
kann ich nicht wieder im
Restaurant essen?I"

Die Gattin stutzte. Aus
diesem Ausrufe sprach so viel
ehrlicher Iammer, daß man bei
Ieiten an die eigene Sicherheit
denken mußte, dem Nlann konn-
te sein gequälter Ukagen am
Tnde zum Scheidungsgrunde
merden. Sie überlegte. Ls
zog ein sieghaftes Lächeln über
ihr Gesicht. Der nächste Tag
brachte dem Gatten eine ange-
nehme Ueberraschung — er
hatte ein gutes Mahl vor sichl
Das heißt, ein sehr einsaches,
aber gut gekochtes Niahl.
Lr hielt nicht zurück mit seinem
Lobe. kvenn der Nkensch gut
gegessen hat, ist er kein Wüte-
rich.

Aber sein Erstaunen sollte
noch wachsen — das Lssen
wurde immer besser, man konn-
te sagen, besser von Nlonat zu
Monatl Lines Tages sagte
er nach dem Speisen: „Liebe
Frau, Deine Uochkunst hat emi-
nente Fortschritte gemacht; Du
kochst mir nun eine Mahlzeit,
daß ich mich wieder in mein
altes lveinrestaurant dem,gold-
nen ksechN zurückversetzt wähne

— so aß ich dort das Touvert
zu i 20l"

Die Gattin lächelte geheim-
nisvoll. „Und Du bist also
jetzt, den Lßpunkt betreffend,
zusrieden gestellt und, wenn es
so bleibt, für alle Ieiten?"

„Aber gewiß!"

„Nun gutl Laß mich Dir
auch sagen, wie Du zu dem
Lssen gekommen bist."

„hm??"

„Du hast mich selbst darauf
gebracht, durch Deinen schmerz-
haften Ausrus — den habe ich
mir zu nutze gemacht und das
Lssen einfach im,goldenen ksecht°
holen lassen — — denn das
Aochen „liegt" mir nun einmal
nicht und ich werde es meiner
Lebtage nicht lernen. Um aber
ksinen verdacht bei Dir zu er-
 
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