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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 32.1898 (Nr. 367-379)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20912#0082
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72

M e g g e n d o r fe r s u m o r i st i sch e Blätter.

Aleine neue Wohnung.

m allgemeinen mag's ja wahr sein, daß das Reisen bildet;
aber eine Reise von 5üdungarn nach Wien bildet —
im besten Falle doch nur eine sehr unangenehme Exi-
sode. — Na, Gott sei Dank, ich hatte sie hinter mir und war
glücklich da in meiner neuen Garnison.

Nur eine plage noch stand mir bevor: Das Mohnung-
suchen. Ich beschloß, mir's in dieser Lsinsicht möglichst bequeni
zu machen und schwor tausend Eide: das erste, halbwegs ent-
sprechende CZuartier sosort zu belegen. Denn, totmüde von der
Reise, gedachte ich nachmittags dcn berühmien „langen 5chlas
zu thun", einen 5chlaf, gegen den Ivallensteins analoger Ver-
such die reine Stümperei werden sollte.

„Zwei ser schen meblerte Zimern inr ersten Stock sofffort
zu vermitten an eine anstendige lsern" las ich an dem Ehore
IX. Nlariannengasse Nr. ^2—und dachte (Evangelinm Iliatthäi
XVII., vers -^): „ksier ist gut sein, hier laßt uns Zelte bauen."

„Sofffort" — das war mein Fall, ein „anständiger kserr"
zu sein, bildete ich mir auch ein —; als ich hinaufkam in den
„ersten Stock" fand ich die „zwei Zimern ser schen meblert" —
und ich blieb. — Das sollt' ich am Areuze bereuen!

„Lsausfraul" sagte ich, als ich mit nreinem Reisegepäck ein-
gezogen war — „was sollen diese Aoffer hier?" — Ls standen
zwei da, die ich vorher nicht bemerkt hatte.

„Ah, gnä' lserr", ineinte sie und wischte sich mit der Schürze
das Mehl aus dem Gesichte, „gnä' Lserr --- — he — he-"

„Nun — was denn?"

„Ietzt woaß i net, sein Sö a kjauptmann oder a Gber-
lieutenant.?"

„Lieutenant!"

„Ia alsdann — gnä' kserr Lieutenant, wissen 5', dös
san die Xupfern von dein llerrn, der wos do bis heunt fruh
g'wohnt hat, dö wern noch heunt abg'holt."

„Ivenn man mich nur nicht im Schlafe stören wird."

„G — nal 6ier is' a sehr a ruhige Ivohnung" sagie sie,
felsenfest überzeugend — und ging.

Ich enikleidete mich und — und — und —-für das,

was ich jetzt that, wüßte ich für kein lferzogtum einen hoch-
deutschen Ausdrnck: „^s' hon' mi' holt hing'haut."

Noch ein Blick auf die Ilhr — sie zeigte die neunte Hlorgen-
stunde — und schon schlief ich.

Süß, traumlos, weltentrückt. Ich spürte es ordenilich, wie
die Illüdigkeit langsam, langsam aus den Beinen in den Alagen
kribbelte und sich dort festsctzte. Ach, es war göttlichl IDeiß
Gott wie lange es dauertel

(Aötzlich pochte man an die Thüre. Ich hörte es ganz
gut, schlief aber weiter. Dann pochte man lauter. Ich schlief.
Lndlich sehr, sehr laut.

„kjereinl"

Lin Dienstniann trat ein.

„Gu'n Tag, gnä' 6errl"
 
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