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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 32.1898 (Nr. 367-379)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20912#0122
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INeggendorfers Humoristische Blätter.

U2

L r a t o.

Muse, du uiächtige kserrscheriu,

Mas treibst du für neckisches ü-piel;

Du hüllcst in Ncbel deu nüchterusteu Siuu
Ilnd die lserzen in lllonnegesühl.

Ilnd hast du das göttliche Feuer eutfacht,
Dann preist sich die Seele begliickt.

Die Liebe, ach ja die Liebe! — 5ie macht
Oie lllenschen bekanntlich verrückt. —

Ooch lässest du eiuen llleergreis noch srei'n,
5o ist dies ein lltißbrauch der lltachh
Denn stellt sich da gar noch Familie ein,
lllird spöttisch darüber gelacht.

Auch hat mich schon oft im Leben betrübt,
lvenn ich manch pärchen gefunden,

Das bloß aus Irrtum sich hattc verliebt
llnd nun für immer gebunden.

Ls fraßen sich förmlich vor Liebe auf
Zuerst die zärtlichen Gatten,

Drum war es kein lvunder, daß bald darauf
5ie gründlich im lltagen sich hatten.

«lio.

Doktoren und manche Studenten,

Die forschen mit lfochgenuß
In staubigen jdergamenten,

In lleilschrift und jdapyrus.

Das sind die kiistorienjünger,
lver kennt solche Uäuze wohl nicht?
5ie grabcn mit gierigem Fingcr
5elbst Totengrüfte ans Licht.

Das ist ja höchst lehrreich am Lnde
llnd zweifellos interressant,

Auch ich nahm häufig die Bände
vou Ranke und Mommsen zur lfaud.

Betrachte ich's aber bei Lichte,

So sei es auch nimmer verhehlti
lllich reizet viel mehr die Geschichte,
Die mir mein lieb' Schätzchen erzählt.

A a l l i o p e.

Der vater lfomer, lioraz und virgil,

Die wußten die 5aiten zu schlagen
llnd uns von Göttern und lgelden gar viel
Des Schönen zu singeu und sagen.
llnd mas sie sangen in klassischer Zeit
lvird nimmer vergehen und schwinden,
lvenn auch die lferren Primaner von heut'
Gft wenig Geschmack daran finden.

Die Bärenhäuter am nordischen llleer
llnd in den germanischen Gauen,

Sie thäten an Skaldengesängen sich sehr
Lrgötzen und weidlich erbauen.

Ls kreiste dabei der süffige Lrank
llnd stimmte die Recken so heiter;

Die Liebe zum lllet, zur lllaid und zum Sang
vererbte bekanntlich sich weiter.

Doch was ist leider im Laufe der Zeit
Aus dem alten Lxos cntstanden? —
lllan hat ihm besudelt das herrliche Rleid,
lllan bracht' es beim volke zu Schanden. —
Der Bänkelsänger, mit Ach und mit Arach,
Brüllt's heiser aus fus'ligem llluude,

So ging der Barden vermächtnis, o Schmach!
In den „lllordgeschichten" zu Grunde.

Die neun Alusen.

Luterpe.

lserr lviudig, ein zarter Iünger Apolls
llnd sächsischer Schneidergeselle,
lvar stets auf seinen Teuor sehr stolz,

Doch uie auf die Nadcl und Llle. —

Berühmt auch als schneidiger lferzensdieb
llnd Schwärmer für Sereuaden,

Ram^schließlich, weil er zu kühu cs trieb,

Als u.roubadour schimpflich zn Schaden.

Lr hatte der Liebchen oft siebeu bis acht,
Daruntcr auch Grobschmieds Aathreine,
llnd dicscr brachte er jüugstens zur Racht
Liu Ständchen beim lllondenscheine.

Lr schlich an ihr Aammerfenster heran
llnd saug von der Liebe Freuden,

Ihr Alter aber, ein grimmiger lllann,
lvollt' solches Gekröhle nicht leidcn.

Lr sprang aus dcm lfaus „ei jemersch, nee, uce!"
lvie hat er den Schueider verdroschen,

Da ist in dem eindrucksvollen lveh
Beim Iüngling die Liebe erloschen. —

Darum, o schmachtcuder Tenorist,
lvoll' niemals im Leben vergessen:

„lllit unmusikalischen vätern ist
Gewöhnlich schlecht Airschen essen."

lll elpome n e.

Das ganze Leben ist ein Trauerspiel,

Doch, wcr's versteht, kann unter Thränen lacheu;
lllan muß aus seinem lierzen uud Gefühl
Rur nicht gleich eiue lllördergrube machen.
llnd wuchcrt auch die lvehmut überall,

Schau hiu — dauebeu bliihen wohl auch Rosen,
Sei nur kein ljase, dem bei jedem Anall
Das feige lierz fcillt zitternd in die lsosen. —
lvenn dir im Lebenslotto ausgelost
Auch nichts wie eine leere Niete wäre,

Ls geht den meisten so, das sei dein Trost;
Gold ist nicht Glück - man sagt, es sei Lhimäre.
Doch hat mit einem Drachen dich beweibt
Das Schicksal, dann ist jeder Trost vergebens,
Dcnn solche Lhe war und ist und bleibt
Die schrecklichste Tragödie des Lebens.

I? o l y h y m n i a.

lvillst du vermeiden das Gallenfieber,

So rate ich dir im Lrnste, mein Lieber,

Beziehe in keinem Gebäude (guartier,
lvo jede Partie besitzt ein Alavier;

Denn sind hübsch dünn die lvände und Decken,
lvürd'st bald alle viere du von dir strecken. —
Zu jeglicher Stunde, ob spät oder früh,
Genössest du folgendes fdotpourri:

Beethoven, lllozart, Llementi und Liszt. —

„Ach ich hab' sie ja nur auf die Schulter geküßt!"—
Scharwenka, Lhopin und Rubinstein. —

„Sei nicht bös, es kann ja nicht sein." —
lllendelssohn, Lortzing, Gluck, ljändel undBach.—
„lferzliebcken mein unterm Rebendach." —

„Der Schunkelwalzer" und „Gberon." —

„Zm Grunewald ist liolzauktion." —
„Tannhäuser", „Rienzi" und „Lohengrin".

Das Lied von der „Gigerlkönigin." —

Der schöne Sang: „lver reitet so spät". -
„Die Alosterglocken", „Der Iungfran Gebet". -
Du liebcr Schwan hab' vielen Dank". —

Anna zu dir ist mein liebster Gang". —
^Zwei Aeuglein blau, zwei Aeuglein blau".

Das Lied von der „ganzen kleinen Frau." -
„Die englische llliß" etcetera,

Lrbarme dich, polyhymnia l > -

(Schluß folgt).
 
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