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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 32.1898 (Nr. 367-379)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20912#0138
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Meggendorfers humoristische Blätter.


jetzt seinen jdsisf heranszuhaben. Als Bessie eintrat, griisjtc er
sie kecker als je zuvor, nahm den Band vom Tisch, ging ihr
entgegen und sprach: „Miß Bessie, wie gefällt Ihnen das Buch?"
Oie Schöne war etwas verwundert sowohl über die ungewöhn-
tiche Lrregung ihres Galans, als auch über seine Frage und
erwiderte nur: „D, ganz gut." „Seh'n Sie, das Buch hat auch
einen Deckel", fuhr Tim fort, „und wie gefällt Ihnen der Deckel?"
Das Staunen Bessies wuchs, sie wußte durchaus nicht, was sie
von diesem Lxamen halten sollte und entgegnete zögernd: „!jm
— der Deckel ist eben wie alle Deckel." Dies war nicht ganz
was Tim erwartet hatte, allein unentwegt ging er auf sein
Hiel los, ösfnete das Bnch, zeigte der Geliebten die entsprechende
Seite und fragte: „Und nun, Miß Bessie, wie gefällt Ihnen
dieses Lsaus, und wie wär's, wenn wir zwei zusammen in so
ein ^aus hineinziehen thäten?" Das Utädchen betrachtete das
Bild, las die Unterschrift, dann schoß ihr die Röte des Zornes
in die lvangen, sie warf das Buch auf den Tisch und rief Tim zu:
„Sie können schon in so ein Haus ziehen, denn verriickt genug
dazu sind Siel" Dann wandte sie sich um und stürzte den
über alle Maßen erstaunten Freier keines Blickes würdigend
aus dem Zimmer.

Lhe er sich von seiner Lrstarrung erholen konnte, trat Fred,
der seiner Nachbarin etwas sagen wollte, in den Parlour, er-
blickte Tim in seiner sprachlosen Bestürzung und sragte, was
denn vorgefallen sei. Der niedergeschmetterte Liebhaber fand
nur langsam worte, um den vorgang zu berichten und schloß
mit dem Ausruf: „Das ganze Unheil kommt nur davon, weil ich bei
Bessie nach Dciner verdammten Manier auf dcn Busch geklopft habe."

Fred wußte nicht, was er zu diesem uncrwarteten Aus-
gang der Werbung seines Freundes sagen sollte. Lr kam an

auf den Busch klopfte.

den Tisch, betrachtete in dem offen daliegendcn Buch das Bild
und brach mit einemmal in ein helles Lachen aus. „Ach, jctzt
ist inir alles klar," rief er und faßte seinen verbliifft drein-
schauenden Freund am Arm. „Du hast wohl auf deu Busch
geklopft, aber nicht auf den richtigen, und das ganze Uuheil
kommt davon, daß Du nicht Deutsch kannst. Was Du Bessie
zeigtest, stellt nämlich die Irrenanstalt in Pimville vor, und
eine Linladnng in ein Narrenhaus hat fiir ein Mädel aller-
dings nichts verlockendes."

Tim war von der Lröffnung seines Freuudes gänzlich nieder-
geschmettert. Lr grisf nach seinem bsut, streckte Fred die tfand
entgegen und sagte: „Trisf mich morgen um acht Uhr beim
Notar; ich gebe Dir die vollmacht, meine Farm zu verkaufen, denn
ohne Bessie kann ich in Neu Steinberg nicht lebsn. Ich gehe
nach Lolorado in die neuen Goldminen. Lntweder geh' ich
dort drauf, oder ich werde reich, und dann kann ich eine Frau
kriegen, auch ohne Deine Manier auf den Busch zu kloxfen, die
nicht einen Lent wert ist."

„G, sie ist gar nicht so schlecht, und wenn sie fehl schlug,
so kam es, wie Fred ganz richtig beinerkte, nur daher, daß Sie
nicht deutsch verstehen," so sxrach in diesem Augenblicke eine
weibliche Stimme. Tim schaute auf und sah Bessie, welche als
richtige Lvastochter jedes wort der Unterredung erlauscht hatte,
unter der Thüre stehen und ihm sreundlich zulächeln.

„Dem Uebel kann abgeholfen werden", rief Tim mit strahleu
dem Blick, „ich werde deutsch lernen, das hcißt, wenn Sie mich
lehren und mir den Unterricht als meine kleine Frau in ineineiii
ksause geben wollen."

„Linverstandenl", antwortete Bessie.

'^^scho gar keiH^n me'hVauf dera welt .... grad' daß dic Alte hic und da s'Reißeu hat-_

—.Mckier R^kl^Mar Schreibe'r. Druck und verlag vonH Schreiber in Lßlingen bei Stuttgart.

verantwortlicher Redakteur. ^a Sch ^ Schubertstratze 6.
 
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