Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 36.1899 (Nr. 419-431)

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16697#0058
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Ipeggendorsers Humoriltische Bläller

50

Im zoologlschen Äarten.

Pepi Nesend): „Das Fiittern
der Tiere ist bei Strafe verbotenl" —

„Wovon leben die Tiere da eigentlich, lNama?"

Gne Depesche.

humoreske von Or. B.

saßcn nach dem Mittagessen im „Goldenen Narpfen" behaglich bei eincr Bowle,
I / die aus Strafgeldern für verspätetes Lrscheinen bei Tisch allmonatlich bestritten
wurde, als der Dcxeschenbote erschien und nach üerrn Assessor Schmidt fragte. Nicht
gerade angenelsm beriilirt, meldete ich mich. Der Emxfang ciner Depcsche ist fnr mich ungefähr

das, was für den Arzt das
Ertönen der Nachtglorke bedeu-
tet. Wie dieser sich mit der
Störung ausgesöhnt wieder zur
Ruhe begibt, weil es nur der
blinde Lärm eines übermütigen
Nachtschwärmers war, so atme
ich jedesmal auf, wenn dcr
Draht keine bsiobsxost gebracht
und das Schicksal nur zum Ner-
gnügen gewissermaßcn bei mir
angcschcllt hat. So war es
auch dieses Mal und ich war
sofort wicder guter Laune, als
mein Freund, der premier-
Licutenant v. Schmelen tele-
graphierte: „Hcute Abend g.P).
Marie dort, erbitte Begleitung
zum Schnellzuge Leipzig."

Marie ist die Gattin meiues
Freundes, die ich in ihrer Mäd-
chenzeit als Referendar so lange
angeschwärnit hatte, bis Lrich
v. Schmelen den üblichen Schluß
der meisten Liebesromane mit
der kleinen variante dadurch
herbeifllhrte, daß er statt meiner
die lheldin heiratete. Ich habe
beiden das nicht nachgctragen,
zumal ich mich als Referendar
zu der bevorzugten Alasse der
sogenannten Familientäuscher
rechnete und als solcher das
vorrecht bcanspruchtc, von kei-
ner für das Schwiegermuttcr-
fach auch noch so bcgeisterten
Töchtermama bezüglich meiner
verlobung ernfthaft gcnonimen
zu werden.

Ich freute inich also auf
diescs lviedcrsehen und ich war
neugierig, was aus dcr kleinen
Frau, die ich zuletzt vor vicr
Iahrcn auf ihrer ljochzeit gc-
sehen und die inzwischen ihrcn
darauf schr cingcbildeteu Gat-
ren mit zwei Iungens beschenkt
hattc, gcworden war. Aeußerst
vergnügt, aber von nun an der
Lowle vorsichtiger zusprechend,
da ich mich Frau kltarie in
möglichst salonfähigem Iustande
präscntiercn wollte, überflog ich
die Depesche nochmals, um niir
den Zcitxunkt der Ankunft
sorgfältig einzuprägen. Gütiger
lhimmel, ich ahnte nicht, was
das Schicksal hinter diesen
schlichten, harmlosen lDorten
für mich in Bereitschaft hatte.

Neun Uhr dreißig Minu-
ten war ich ini Gehrock und
mit einem Strauße roter Nel-
ken, den Lieblingsblumen meiner
 
Annotationen