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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 36.1899 (Nr. 419-431)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16697#0102
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9-t

egiMndorfers ^umoristische Blätter.


welcher dieselben hcute inorgen ohne Aufsicht in hiesiger Nliiste herum-
laufen ließ, so daß sic das klcigorische Uamel nicderrissen und töteten,
wird hiorinit zur Zahlung von fiinfhundert Piastern an den Rläger,
ivelchc iin Uncinbringlichkoitsfall niit fnnfundzwanzig Stockhieben zu
vcrbüßen sind, verurteilt. — Bist Du uun zufriedcn?"

„Dcine tveisheit, o Scheich, ist größer als dic Sahara, die unend-
liche, und das Lob Deiner Gerechtigkoit erschalle lauter, als das Tobcu
des Sainuinsl"

„Nun abcr rede auch, wer war der Ligentniner jcner ksunde?"

„Gerne will ich Deinein Ivnnsche willfahren; doch dies könnte die
gnte Sitte und untcr Uinständen auch das U)ohl des Stannnes gefährden.
'Ich bitte Dich, daher, vorher die Vcffontlichkeit auszuschließen."

Der Schcich winktc und alle entfernten sich. Als beide allein waren,
bcgann Utustapha: „Der Ligcntniner jener lfunde ist kcin geringerer als
Du selbst, der Scheich!" — „U?ie," rief dicser kirschrot vor Zorn, „auf so
plunipc Uleise also denkst Dn inich zu fangen? Abcr das soll Dir ganz
cinpfindlich mißlingcn; denn crstens liigst Du init doiner Behauptung,
und zwcitens, wenn sie wahr wäre, ist mein Urteil anfcchtbar, denn in
eigenor Sachc soll niemand Richter sein!"

„verzoih, wenn ich inich Dir zn widorsprechen unterwinde; aber beini
Larte des jdropheten, ich redc wahr, wenn auch bildlich; Du weißt so
gut als ich, daß lhassans ljund an schlechter Pflege und fortgesehten
Schlägen zn Gruudc ging, und daß Dein erstes Urteil gegen mich nicht
gerecht ist. lNein Aamel aber, das heute inorgen zu Schaden kani, ist
nicine gerechte Sache; die ljunde, die es zerrissen habcn, sind Deine Ge-
setzesparagraphon, und dic Suninie endlich zu der Du mich verurtcilt
hast, sind jeno fiinfzig piaster, mit welchen Dich mein Gegner lfassan
gcstern zu bestechen versuchtc."

Dor treuherzigc Appell au soin Gerechtigkeitsgefiihl und der Takt,
mit dem lUustapha die Autorität des Gcrichtcs vor drittcn wahrte,
flößton dom im Grund gutmütigen Richtcr Achtung ein.

Du aber lieber Leser, wenn Du's nicht glauben
willst, begnügst Dich viclleicht mit der inneren wahrhcit
dieser einfachen Geschichte, die der verfasser in die
lvorten zusammenfassen möchte: Recht haben für sich
allein gcnügt nicht, man muß es auch zur Geltung
zu bringen wissen.

Treffend.

— „verehrst Du Deinen lNallehrer?"
Backfisch: „V ich bete ihn an!"

— „ljm, also Velgötze!"

Was die atte Tante spricht.

(^Mit jedem Tage, Rind, wirst du gescheiter —
Treibst lveltgeschichte, Sprachen, selbst Lhemie
Du musizierst, du malst auch, und so weiter,

Fürwahr, du bist ein wirkliches Gcnie.

Doch alles dies, mein Aind, das laß dir sagen,
Erwirbt ein lUannesherz nicht dauernd dir;

Der lVeg zum kjcrzeu geht stets durch den lNagen
Bei allen lNännern fast, das glaube mir.

Zwar hör'n sie gerne Schumanns Lied vom Grollen,
Uud von der Schlange, die ain kjerzcn frißt —

Doch bäckst du einen guten lveihnachtsstollen,

Ich glaub' mein Aind, daß ihm das lieber ist. —

Spielst du ihm vor die klassisch'sten Sonaten
llnd aus der Vper auch ein jdotpourri,

Lin saft'ges Beafsteak und 'nen saft'gen Braten
Aräft'gc Bouillon, mein Aind, verschmäht er nic.

Aa.inst du die Sterne ihm am lffmmel nennen,

Und kennst du Fliisse, Seen und Berg und Thal —
viel bosser ist's, die Vnelle recht zu kenneu
Für Gäns' und kjasen, Arebse, ljecht und Aal.

Aennst du die Pftanzen alle, Bäum' und Uloose,
Und machst mit all den fremden Namon Staat
viel lieber ist's ihm, kochst du Aapernsause
Und bringst ihm saft'ges Rührci und Salat. -

Bist du bewandert in der lveltgeschichte,

Und in den Alassikern auch gut zu lhaus
Und singst und dichtest du — seiu Leibgerichte
Sticht alle lvonnen deiner Lildung aus. —

Und wolle nicht, mein Aind, dariiber klagen,

Und nenn' den Nlann nicht deshalb geistesarm
Sieh, nahe bei dem lferzen sitzt der lUagen,

Und heizt man diesen gut, bleibt jenes warm.

H. Ludwig.

Von der Koiree.

ljerr <auf der Soiree): „lvie die Tochter des lhauses

ein Liebeslied singt,.die schreit ja förmlich nach

einem lUann!"

„lUustapha," sprach er lachend, als er sich von seiner verblüffung
erholt hatte, „ich sehe, Du bist wirklich weiser, als sie alle; denn Du
weißt zur rechten Zeit zu reden und — zu schweigeu. ljier sind fiinfzig
jdiafter sür das getötete Aamel und hier sind außerdem noch einhundert-
fiinfzig, damit Du die ganze Summe, zu der ich Dich verurteilt habe,
zahlen kannst. Und nun zieh hin in Frieden, und Allah geleite Dich!" —

Zeitgemäßes Motiv.

G^mnasiastin tzu Ihrer srüheren Ualleglu): „Ia, sag' mal
Llse, warum hast Du Dich denn so auf einmal
verlobt?"

Llse: „Aus Angst vor der lUatura . . !"

ljerausgebcr u. verantwortlichor Redaktcur: Robert lUohr in lvien. Drnck u. verlag von I. F. Schreiber, Lßlingen/Stuttgart.

Gvl iliäjisstvllv in Miinchen: Svh utivrtliralzv 6.
 
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