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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 36.1899 (Nr. 419-431)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16697#0143
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^Neggendorfers Humoristische Blätter.

s35


Max sah mich starr an, meine lvorte schienen gewirkt zu
liaben. „Du hast recht," niurmelte er, „die Idee ist nicht
schlecht." Lr versank in Nachdenken und wir verließen ihn mit
dem wunsche baldiger Bcsserung. Lr dankte uns uud leerte
aus unser lvohl eine Tasse Flicdcrthee.

Als ich am nächsten Morgcn zu ihni kain, stürztc niir die
Haushälterin init gerungenen ksänden entgegen und jamnierte,
lserr Iiingling sei gar nicht zu Bctt gcgangen und stanipse
troh des Zixperleins schon seit Stnuden fluchcnd ini Zimnier
umher. „Nauu, was ist denn das wicdcr siir eine verriicktheit?"
sagte ich und ging zu ihm hincin. Sofort hinkte er auf mich
zu und iibcrhäufte nüch mit einer Flut vorwiirfc und Grobheiten.
Ich sei Schuld an scinem Ungluck, habe ihm dic Ruhe geraubt
u. s. w. Ich ließ mich aber nicht aus der Lontenance bringen,
sleckte mir eine von seinen guten Ligarren an nnd sah mich auf
dcm Uriegsschauplahe um.

Max hatte sich geftern Abend gleich ein Luch Papier holen
lassen und sich thatsächlich darau gemacht, seine Mcmoircu als
Don Iuan in dcr weise zn schrcibcn, daß er auf jcden Bogcn
Papier eine Pholographie klcbte und daruiiter mit cinigen SStzcn
den Naincu der Damen schrieb, ihren Lharakter schildertc u. s. w.
,u. s. w. vier Damen lagen fix und fertig vor: cine von Schmutz
starrende Lskimo, eine schlitzäugigc Mongoliu uud zwci Lerliner
Damen von dcr Fricdrichstraßc. Liu großes paket lag uoch
uuerledigt auf dem Tischc, und mit einer Photographie iu der
lsand tobte cr im Zimmer hcruni.

„Nur ruhig Blut, Anton," sagtc ich gemiitlich, „was ist
deun eigcntlich?"

„Was eigentlich ist?" donuerte cr. „Ich konime nicht auf
den verdammten Nanien . . . Da, da haben wir's ja, ich kann
sie nicht anredeu, dcnn ich habc ihren holdcn Nanien vcrgessen.
0), wie geuau ich nüch ihrer enisinue. In F'aschoda war's. . .

„Faschoda? llin das sich jetzt Lngländer und Franzosen
strciten?"

„Ia, dassclbc."

„Da koniitcst Du wohl lääuptling werdcn?"

„Konut' ich, wcnn ich wollte, aber incin unruhiges Llut
trieb mich wcitcr uach pcrsien. Aber das sage ich Dir, icb
hätte weder Franzosen noch Lngländer 'reingclassen. Bh, der
bicdere Mann, ihr vater, der alte ehrwnrdige Königl (Db er
noch lebt oder ob cr von den weißen Barbaren niedergemetzcll
wurdc. Bh, meine Siiße! was hatte fic für feingeschwungene
Lippen, was für seelenvolle Augenl Mit nieinem cigenen
Amateurapparat hatte ich sic photographiert."

„Lrlaub' mal." Ich nahm ihm dic Photographie ohnc
weiteres aus der lsand. Ich crblickte einen — allerdings
nicht üblen — Negerkopf, der abcr incrkwürdigerweisc mit
einer Rokokoperiickc gekrönt mar. „Dn komnist nicht auf ihren
Namen?"

„Nein."

„Nun, sic ist Negerin und ivird wohl Wuriburihullilulb
heißen oder so ähnlich."

„B nein," entrüstete er sich, „sic war getauft und hatte eincn
christlichen Namen."

Ich hatte keine Lust, dic tauscnde christlicher Nanien mit
lsilfe meines Gedächtnisses und divcrser Aalender hcrzusagen
und zucktc die Achseln. Max stuchte und ranntc wiedcr auf
und ab. Auf cinmal griff er ächzend an sein rcchtes Bein und
sank auf einen Stuhl. Da trat dic lsanshältcrin ein. Sie hattc
verwcintc Augen und erzähltc, ihre Nichte, dic Lehrcrin auf
einein pominerschen Gute gewescn sei, habe plötzlich ihrc Stcl
lung verloren. Dcr kserr habc ihr uachgcftctlt uud da sei sie
gegaugen. Nuu habc sic keinc Menschcnsecle außer ihr in der
ganzen weiten wclt, ob lserr Iiingling nicht crlaubc, daß sic
einstiveilen zu ihr käme, bis sie cine andcrc Stclle habc.

Max verzog das Gcsicht. „Line Lehrerin? Mit Lrillc
nnd falschcm Zopf? Ich dankc."

„B ncin, so ist sie nicht." Sie brachte die Photographic
cines hübschen bliihendcn lllädchens zum vorschein.

Sclbst Mar mußtc beifällig winken. „wic hcißt sic dcnn?
sragte cr.

„Adele Müller."

bonnements -Minlaöung auf öie H(eagenöorfer E^ätter.

üliit nächstcr ^iuiniiicr bcginnt cin neues Quartnl (37. Wcklld) der
ff.sicggcndarscr Blättcr und crsnchen ivir unserc verehrlichcn Abvnncnten
ihrc Bcstellnngc» sofvrt zu crncucrn, damit >n dcr rcgclinäsngc» Znscndnng
teinc Berzögernng eintritt.

llnscr Bcstrcben wird auch für dic Folgc scin, - durch künstlcrischc
Rcprodnktionen unscrcr Originnl-Zeichnnngen, sowie äußcrst sorgfältige
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Müuchen, Eblingen, Wien I., MMM imd DLliüü der Meggendorftr Wtter.

Schubertstraße 6. I. Z. 5-chreiber.


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