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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 38.1899 (Nr. 445-457)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20266#0069
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!Heggendorfers Hurnoristische Blätter.

6s

Aus dem Senteryenschah eines Sonntagsjägers.

Der beste Iagdschein ist dic Banknote.

„Man sagt."

„INan sagt." Mie harmlos diese Worte klingen

Und wieviel Unheil stisten sie doch anl

„Ukan sagt" ein Wort, und läßt es weiter dringen

Und jeder hängt ein Wörtlein noch daran

Schnell ist so cinc böse Ukär sntstanden

Aus diesem einen Mort, durch her und hin —

So wird ein guter Ruf um nichts zu Schanden
Aus Unbedacht — nur so im leichten Sinn.

H. Courths.

Das Nahnenholen.


Carl Bccker.

eveille um -f'/c Uhr. Die Rom-
„pagnien riicken einzeln nach
„dem Mcstausgang des Aan-
„tonnements, wo dasBataillou
„um sV- Uhr zum Abmarsch
„bereit steht. Die fiinfte 1<om-
„pagnie holt die Fahne. Fiir
„den erkrankten bsauptmann
„peterlein fiihrt Gberleut-
„nant v. Tetten die fünfte
„Aomxagnie".

So lautete üer Bataillons-
beschl siir das zweite Bataillon
des Inf.-Regiments Nr. F. auf
den kommenden Tag. Einst-
weilen saßen die Mannschaften
an dem schönen Abend mit
ihren Vuarticrleuten lachend und plaudernd vor den bsäusern.
Andcre hatten sich noch nicht von der kleinen Bierwirtschaft
trenncn könncn und lustig schallteu die Reservelieder aus den
nicdern Fenstcrn.

Auch im „Adler", wo die Gffiziere gegcssen hattcn, ging's
noch lebhaft genug her. Alles war in heitersler Laune, das
Lssen war vorzüglich gcwesen, namentlich das Rostbeef verdiente,
wie der als Gastronom vcrschricene v. Telten behauptete, einfach
das prädikat „exquisit". Schmunzelnd strich der Adlerwirt so-
wohl die Uomplimente für die Aochkunst seiner Lhehälfte, als
auch das dafür entfallende materielle Lntgelt ein. Der ganze
'Tisch stand voll leerer Flaschen und an der Leutnantsecke sah
man sogar als letzte Sxuren hier vollbrachter Thaten einige
Sektslaschen stehen. Man war bei Lafe' und Tigarren, und
dienstliches, aber trotzdem schallendes Gelächter belohnte die
Mitze des gutgelaunten Rommandeurs.

Lange würde die Fröhlichkeit übrigens nicht dauern können,
aus Rücksicht sür die Ruhe des Gestrengen, der im „Adler" sein
Guartier hatte, und als er nun Anstalten machte, sich aus sein
Zimmer zurückzuziehen, räumten sofort auch die kscrren bsaupt-
leute und Leutnants einer nach dem andern das Feld. Auch

unser neugebackener Aompagnieführer v. Tetten, dessen sprich-
wörtlicher Appetit heute Unglaubliches geleistet hatte, schickte
sich zum Geben an, nicht ohne v. Baschwitz, dem jüngsten Aa-
meroden, die Sorge sür den Frühstückskorb ans kserz gelegt zu
haben. Besagter Frühstückskorb spielte im Bataillon eine große
Rolle und erschien während der Manövertage, von zwei ver-
schmitzten Gffiziersburschen getragen, stets „zufällig" hinter der
Front, wenn das Signal-. „Das ganze lhaltl" erschallte. Auf
seinen Inhalt durfte man übrigens im lsinblick auf die gute
Aiiche der Frau Adlerwirtin diesmal mit Recht gespannt sein.

vor der Thüre standen die vier „Ukütter" der Aompagnien,
ihre Lhefs erwartend, etwa noch nötige dienstliche iVeisungen
entgegenzunehmen. Dann ging alles nach den Tuartieren, um
den durch die vorangegangenen Strapazen — Biwak und eine
neunstündige Uebung — ermatteten Anochen die ersehnte Ruhe
zu gönnen.

Am nächsten Morgen stand die Fünfte eine halbe Stunde
früher wie die andern Aompagnien auf dem Apellplatz, um-
geben von dem größten Teil dcr mobilcn Dorfbewohner —
allen voran. sozusagcn initten in der Aompagnie „das Rickele",
eine etwas geschucktr Uleibsperson mit merkmürdig starr ab-
stehenden, wirren lsaaren. vor der Front, auf dem kleinen
Fuchs des bsauptmanns Peterlein hielt der lange Tetten, tief
durchdrungen von der doppelten Lhre seines heutigen Amtes.
Der Anzug der Leute wurde nachgcsehen, die Zugführer machten
Nteldung, allcs stimmte.

„Stillgestandeni — Das Gcwehr über l — mit Sektionen
rechts schwenkt marsch! — lsaltl —- Bataillon marschl" und
unter dcm Alang dcr zwei Trommcln uud zwei Pfeifen, die

Sergeant Steger, der Bataillonstambour etwas mißvergnügt
übcr die geringe Zahl, anfiihrte, ging's nach dem Vuartier des
Aommandeurs, um die Fahne, oder, wie sie verstohlen in Leutnants-
kreisen genannt wurdei den Ambitionsknüppel abzuholen.
 
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