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Meggendorfers Humoristische Blätter.
bei und sagle: Bitte meine Gemahlin zu mir; sie wartet im
vorsaale."
lvie die 2onne am Frühlingsmorgen in das lachende Thal
trith die Vögel ihr entgegensubeln,
die Blumen duftend ihre Aelche öffnen,
so war es, als Zaire vor dem Aalifen
erschien, der sie huldvoll begriißte und
sein Auge an ihrer Schönheit weidete.
Ben Akiba legte sein Antlitz in
kummervolle Falten, ging ihr entgegen
und seufzte: „lNein Täubchen, Du
kommst eben recht, mich auszulösen.
Ls ist mir ein Unglnck widerfahren:
Ich habe einen hohen Geldbetrag im
Spiele verloren. lsilf mir — Du trägst
kostbaren Schmuck an Dir —"
Das junge lveib starrte den Gat-
ten an, dann griff sie zögernd nach
einem Armreif.
„Zu wenig, Zaire." Sie faßte
zwei Armbänder.
„Auch das reicht nicht, mein gutes
Aind; alle Deine Armringe sind zn
gering gegen die Summe, die ich zu
bezahlen habe."
Zaire erblaßte, unwillig trat sie
zurück. „Mas willst Du noch?"
„Zaire, ich bitte Dich — gib
mir alles, was Du bei Dir trägst!"
„Alles? Du sorderst zu viell
Auch die —"
„Auch die Perlenschnurl Ich
siehe Dich an, Geliebte — sieh, ich
habe Dir Gutes erwiesen, vergilt mir
nur einen Teil davoni"
Akiba saltetc die lsände, und Berzweisiung loderte in
seinen Blicken. Das weib aber schüttelte den Aoxf und
wies ihn zurück.
Da stürzte ihr der Gatte zu Füßen, umklammerte ihrc
Aniee und rief: „Süße, rette mich, es gilt meine Freiheit —
gib mir — die perlenschnur I"
„Niemalsl" schrie das Weib und
riß sich los.
„Gib ihm den Tandl" drängte
nun läarun al Raschid mit strenger
Nuene. „Gib ihm die Schnur, sein
Leben steht auf dem Sxielel"
„Nein, ich gebe sie nichtl"
zürntc Zaire und stamxfte mit dem
Füßchen.
„Mohlan," rief Akiba, „so will
ich Dich zwingenl" Lr springt auf,
zerrt an der Schnur, und reißt sie
der Erboßten vom Nacken. Sie aber
faßt darnach, ringt mit dein Manne
und kreischt: „Laß ihn festnehmen,
Kalifl Der Llende hat Deinen
INundschenk erschlagen und ihm die
geraubt, um sie mir zu
Lr ist ein Räuber, ein
Da läßt Ben Akiba die Arme
sinkon und wendet sich tiefseufzend
gegen dcn kserrscher, der bleichen
Antlitzes den Norfall verfolgte. „kserr,
die Probe spricht für mich. — Dn
aber, herzloses, undankbares lveib,
fürchte nicht für den Niundschenk, er ist
heil und gesund. Behalte Deine
Flitter und geh hin, woher Du ge-
kommen bist. Ich will Dich niemals
wiedersehen!"
Schluchzeud wankt die vernichtete aus dem Saale, während
sich Ben Akiba trauernd über die dargebotene ksand des be-
wegten Aalisen beugt.-
Das ein^ige Aiittet.
o sprach von lveißenstein kserr veit
„lNein lveib ist gar nit faul,
llnd sag' ich nur ein' Kleinigkeit,
Fahrt sie mir übers lllanl.
Sie spitzt ihr' Red' an einem fort,
llnd stets behält sie 's letzte lvort:
Das macht mich rabiat l
llnd was ich will, das thut sie nit,
Und mich zu ärgern ruht sie nit,
von morgens fruh bis spatl
Ich forcht mich nit im lseldenstreit,
Aein Lindwurm macht mir Graul;
Doch sag' ich nur ein' Aleinigkeit,
Fahrt sie inir übers lllaull
Ich glaub', daß eine Sucht sie plagt,
Und daß ein Bresten an ihr nagt;
Drum auf zum llledikus l
Denn dies Gezänk' ertrag' ich nit,
llnd stets mich ducken mag ich nit:
Der Pflast'rer helfen muß I"
Gesagt, gethanl Der Ritter veit
Schwingt sich auf seinen Gaul,
llnd brummt noch: „Um ein' Rleinigkeit
Fahrt sie mir übers Nlaul l
Er reitot sern his in die Stadt,
Bis er den Doktor 'funden hat,
Der weitberühmt im Land:
lse, guter Nleisterl ratet mir:
Der viele Aerger schadet mir,
Ich komm' aus Rand und Bandl
An einem finstern Geiste leid't
Nlein lveib, wie Rönig Saul;
Und sag' ich nur ein' Aleinigkeit,
Fahrt sie mir übers Nlaul.
Gebt mir ein Nlittel, das sie heilt,
Ich wäg's mit Gold auf unverweiltl"
Der weise Nleister stöhnt:
Ein solches Nlittel hat es nit,
Und gibt es eins, so hilft es nit:
— Ich hab' mich dran gewöhntl
W. M-der.
verantwortlicher Redakteur: lNax Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Gesterreich-Ungarn für lserausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Nlohr in lvien I.
Verlag von I. F. Schrelber in München und Eftlingen.
Meggendorfers Humoristische Blätter.
bei und sagle: Bitte meine Gemahlin zu mir; sie wartet im
vorsaale."
lvie die 2onne am Frühlingsmorgen in das lachende Thal
trith die Vögel ihr entgegensubeln,
die Blumen duftend ihre Aelche öffnen,
so war es, als Zaire vor dem Aalifen
erschien, der sie huldvoll begriißte und
sein Auge an ihrer Schönheit weidete.
Ben Akiba legte sein Antlitz in
kummervolle Falten, ging ihr entgegen
und seufzte: „lNein Täubchen, Du
kommst eben recht, mich auszulösen.
Ls ist mir ein Unglnck widerfahren:
Ich habe einen hohen Geldbetrag im
Spiele verloren. lsilf mir — Du trägst
kostbaren Schmuck an Dir —"
Das junge lveib starrte den Gat-
ten an, dann griff sie zögernd nach
einem Armreif.
„Zu wenig, Zaire." Sie faßte
zwei Armbänder.
„Auch das reicht nicht, mein gutes
Aind; alle Deine Armringe sind zn
gering gegen die Summe, die ich zu
bezahlen habe."
Zaire erblaßte, unwillig trat sie
zurück. „Mas willst Du noch?"
„Zaire, ich bitte Dich — gib
mir alles, was Du bei Dir trägst!"
„Alles? Du sorderst zu viell
Auch die —"
„Auch die Perlenschnurl Ich
siehe Dich an, Geliebte — sieh, ich
habe Dir Gutes erwiesen, vergilt mir
nur einen Teil davoni"
Akiba saltetc die lsände, und Berzweisiung loderte in
seinen Blicken. Das weib aber schüttelte den Aoxf und
wies ihn zurück.
Da stürzte ihr der Gatte zu Füßen, umklammerte ihrc
Aniee und rief: „Süße, rette mich, es gilt meine Freiheit —
gib mir — die perlenschnur I"
„Niemalsl" schrie das Weib und
riß sich los.
„Gib ihm den Tandl" drängte
nun läarun al Raschid mit strenger
Nuene. „Gib ihm die Schnur, sein
Leben steht auf dem Sxielel"
„Nein, ich gebe sie nichtl"
zürntc Zaire und stamxfte mit dem
Füßchen.
„Mohlan," rief Akiba, „so will
ich Dich zwingenl" Lr springt auf,
zerrt an der Schnur, und reißt sie
der Erboßten vom Nacken. Sie aber
faßt darnach, ringt mit dein Manne
und kreischt: „Laß ihn festnehmen,
Kalifl Der Llende hat Deinen
INundschenk erschlagen und ihm die
geraubt, um sie mir zu
Lr ist ein Räuber, ein
Da läßt Ben Akiba die Arme
sinkon und wendet sich tiefseufzend
gegen dcn kserrscher, der bleichen
Antlitzes den Norfall verfolgte. „kserr,
die Probe spricht für mich. — Dn
aber, herzloses, undankbares lveib,
fürchte nicht für den Niundschenk, er ist
heil und gesund. Behalte Deine
Flitter und geh hin, woher Du ge-
kommen bist. Ich will Dich niemals
wiedersehen!"
Schluchzeud wankt die vernichtete aus dem Saale, während
sich Ben Akiba trauernd über die dargebotene ksand des be-
wegten Aalisen beugt.-
Das ein^ige Aiittet.
o sprach von lveißenstein kserr veit
„lNein lveib ist gar nit faul,
llnd sag' ich nur ein' Kleinigkeit,
Fahrt sie mir übers lllanl.
Sie spitzt ihr' Red' an einem fort,
llnd stets behält sie 's letzte lvort:
Das macht mich rabiat l
llnd was ich will, das thut sie nit,
Und mich zu ärgern ruht sie nit,
von morgens fruh bis spatl
Ich forcht mich nit im lseldenstreit,
Aein Lindwurm macht mir Graul;
Doch sag' ich nur ein' Aleinigkeit,
Fahrt sie inir übers lllaull
Ich glaub', daß eine Sucht sie plagt,
Und daß ein Bresten an ihr nagt;
Drum auf zum llledikus l
Denn dies Gezänk' ertrag' ich nit,
llnd stets mich ducken mag ich nit:
Der Pflast'rer helfen muß I"
Gesagt, gethanl Der Ritter veit
Schwingt sich auf seinen Gaul,
llnd brummt noch: „Um ein' Rleinigkeit
Fahrt sie mir übers Nlaul l
Er reitot sern his in die Stadt,
Bis er den Doktor 'funden hat,
Der weitberühmt im Land:
lse, guter Nleisterl ratet mir:
Der viele Aerger schadet mir,
Ich komm' aus Rand und Bandl
An einem finstern Geiste leid't
Nlein lveib, wie Rönig Saul;
Und sag' ich nur ein' Aleinigkeit,
Fahrt sie mir übers Nlaul.
Gebt mir ein Nlittel, das sie heilt,
Ich wäg's mit Gold auf unverweiltl"
Der weise Nleister stöhnt:
Ein solches Nlittel hat es nit,
Und gibt es eins, so hilft es nit:
— Ich hab' mich dran gewöhntl
W. M-der.
verantwortlicher Redakteur: lNax Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Gesterreich-Ungarn für lserausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Nlohr in lvien I.
Verlag von I. F. Schrelber in München und Eftlingen.