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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 38.1899 (Nr. 445-457)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20266#0088
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Meggendorfers t)umoristische Bläiier.

Lieöe mrd Rad.

Tine Ritterballade von A. ss.

inst war — so meldet alte Runde —
Die Schönste — Fräulein Radelgunde.
Der war das Spinnradtreten (>)ual,

Doch trat sie gerne das pedal.

Es schwärmte für sie — das ist klar —
Der tapfre Ritter Radolar;

Doch hatt' sie, wie die tNäre kündet,
Auch Ritter Adolfs lherz entzündet.

Der andre nahm zu iserz ihr Mort
llnd stürmt' zum Fahrradhändler fort.
Dort traf er g'rade den Rivalen,

Dcm was entzwei an den pedalen.

„Lsa warte nurl Ietzt radl' ich auchl
Beim aufgeblas'nen Gummischlauch,

Dir schwör' ich grimmes Rachewerk,
Ich, Radolf, Graf von Strampelbergl"

(Ihr merkt^ jetzt vor dem Namen hat
Auch er ein Radelsprädikat.)

Und weil er jetzt sich radelig pries,
Nahm er ins Wappen ein Radies.

Doll Eifcr llbt' er manche Stund',
Natürlich nur um Radelgund.

Doch macht' ihui bald, er mllßte lügen,
Das Radeln an sich selbst Oergnügcn.
Ia, schließlich macht's ihm solchen Spaß,
Daß er die Liebe fast vergaß.

Nur eines Tags, als er bcim Fahren
Zusammenprallt mit Radolaren,

Meil er nicht vorschriftsmäßig fuhr,

Da — siel ihm ein scin Racheschwur.
„lsa, Schelm, der mir die Liebe stahl,
Nerbiegst mir jetzt auch mein Pedal?I"
Er schreit's und will in wildem Iorn
Dem Gegner seine Brust durchbohr'n;
Doch der mit sciner Lanzenspitz',

Bohrt' in den Schlauch ihm einen Schlitz.
Da platzt der Reis; es platzt vor Aerger
Darob fast auch der Strampelbergcr.
j)ndes dic R)ut gibt Löwenkräfte,

Sein Schwert ergreift er fest beini ksefte,
Schlägt zu mit einem grimmeu Schlag,
Daß Radolar am Bodcn lag. —

Dann hält er ein und schont sein Leben

Und spricht: „Millst Du mir Sühne geben?
Doch ich verlange, üb' ich Gnad'" — —
„Die Utaid?" —„Bewahr'I Linneues Rad."
Ls galt ihm jetzt — das war gescheit —
Das Rad mehr als die Radlmaid.

jjsndes, sie gab dem anüern Gunst:

Lr trieb mit ihr des Radelns Runst.

Die beiden hatten frohe Zeit,

Den Nebenbuhler nagt der Neidl
vergeblich bleibt all sein Lemühen,

Um ihre Lieb' auf sich zu ziehen.

„Nicht kann ich dessen Treu' beglücken,
Nicht schenk' ich meine Liebe dem,

Der reitet auf des jdferdes Rücker
Weil radeln ihm zu unbequem.

Dies sage ich Dir unverwandt
Und muß es feierlich geloben:

Nur dem gewähr' ich meinc ksand,

Der in den Radlerbund erhobenl"

So sprach die Ulaid; ihr Augenpaar
Blickte verzückt auf Radolar.
 
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