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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 38.1899 (Nr. 445-457)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20266#0105
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Meggeridorfers Humoristische Blätter.

97

Lore.


Die beliebtesten Menschen.

AIs der Uönig ein hohes Aiter erreicht
hatte, starb er und kam, seinem gerechten
Erdenwandel gemäß, sofort in den hsimmel.
Dort saß er nun, sah auf sein Volk herab
und sann.

Lin kleines Lnglein trat hinzu und
sprach: „Majestät, was sinnet Ihrl bsier i
Lsimmel, wo es kein Denken und Grübeln mehr
geben soll? Sonnenklar und wunschlos ist
das Dasein in unseren Gefilden und kein
dunkles Lrdenrätsel soll Eure Ruhe stören!"

„Mohl," sagte der große Aönig, „ist es
licht und klar hier in den himmlischen hsöhen.
Tiefer, urewiger Friede und reine Freude er-
füllen mein kserz. Und dochl — Eine Frage,
die nnbeantwortet blieb in meinem irdischen
Leben — sie ist auch jetzt noch nicht gelöst."

„Und was ist es, was Ihr wissen wollt?"
fragte das Lnglein, „vielleicht kann ich Euch
helfen."

Da sprach der Aönig: „Gern wüßte ich,
welches die beliebtesten lNenschen in meinem so
reich gesegneten Lande sind. Menschen, bei
deren Anblick allein bedingungslose, unge-
trübte Freude alle herzen erfüllt!" Und er
erzählte dem kleinen Englein, wie oft er schon
bei Lebzeiten darüber nachgedacht, wie ihm
bald diese, bald jene als die Beliebtesten er-
schienen und er darüber auch jetzt noch im
Unklaren sei.

„Ei," sprach das Englein schnell, „wenn es
weiter nichts ist, das wollen wir bald erfahren,"
hob seine goldenen Flügel und schwebte nieder
zur Lrde.

bjier sah und hörte es auch, was ihm der
Aönig erzählt hatte: den lauten Iubel des
volkes, das Beifallsklatschen der Ulenge, Be-
geisterung und Bewunderung für die Auser-
wählten, für die Großen. Aber es sah und hörte
noch mehr, denn es konnte ja auch in die
kserzen der Menschen blicken. Dort hielt es
nun gewissenhaft Umschau und es währte
einige Zeit, bis es wieder zurück in den
bsimmel kam.

Ls trat zum Aönig und sprach:

„Najestät, Eure Frage kann ich beant-
worten: nicht die Aünstler, die das volk um-
schmeichelt, nicht die Feldherrn, die es bewundert,
nicht die Erfinder, die es verehrt, nicht die
Dichter, die es vergöttert — sie alle sind nicht
die Beliebtesten der Erdel 5ie haben ihre
Feinde, ihre Neider und manches Auge
verdunkelt sich bei ihrem Anblick und manche
Faust ballt sich im geheimen. — Und doch
gibt es Erdensöhne, bei deren Lrscheinen jedes
Ulenschenauge heller erglänzt in wahrer, auf-
richtiger therzensfreude, die überall, von alt
und jung, von hoch und niedrig, von arm
und reich mit echtem, ungeheucheltem
Entzücken begrüßt werden." —

„Und das sind?" fragte der Aönig
gespannt. — „Das sind," sprach das Lnglein
leise, „das sind — dieGel dbriefträger." —

^lch kann sie nimmermehr vergessen,
Eeitdem ich sie im Sommer sah.

Sie reicht' im UArtshaus Trank und Lssen
Und gottlobl war's zum wirtshaus nah.

Dort pflegt' ich Stunden zu verbringen --
In ihrer süßen Näh' zu sein.

Sie zog mich hin vor allen Dingen,

In zweiter Reihe erst der lvein.

Ivie leuchtete so blau ihr Auge I
wie reizend Nase, Ulund und Ainnl
lvie klang so hell ihr süßes Stimmchen,
Und wie bescheiden war ihr Sinnl

ksab' alles stets an ihr bewundert:

Das Aleid, den Gang, das dunkle Lsaar;
Doch eines konnt' mich nicht befreunden:
Daß ihre Lsand so kräftig war.

Ich habe es erfahren müssen
In einer unglücksel'gen Stund',

Als mit dem Rotwein ich im Glase
verwechselt' ihren Airschenmund.

Ajam Pollcr.

Iagdtag.

Diener Izam Saron): „Eine Lmpfehlung von kserrn
Baron Schnorf, ob Sie ihm nicht sür vierundzwanzig

Stunden Ihren Lsasen xumpen wollten?.wir

haben morgen große Iagdl"
 
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