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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 38.1899 (Nr. 445-457)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20266#0143
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Meggendorfers Humoristische Blätter.

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gleichfalls schr fromm in der Lcke lehnte, und mein Trotz
erwachte neuerdings. Grimmig blies ich das Licht aus.

„Vb Pfefferschlangen oder kfolzrohr oder Rohrschlangen
oder . . . zum Auckuck, ich weiß es selbst nimmer; schließlich
ist das Nebensache und die bsauxtsache das Prinzipl"

wie lange ich schlies, weiß ich nicht. Plötzlich rüttelte mich
ein unangenehmes Gefühl aus. Ich öffnete die Augen und
sah im Zimmer, welches von einer rätselhaften kselligkcit durch-
siutet war, umher. Als ich zum Bette ineiner Frau hinübersah,
faßte mich jäher Schrecken, denn an ihrer Stelle lag der neus
Sxazierstock, sein roter Griff lugte unter der sxitzenbesetzten
Decke hervor und schien mich höhnisch anzugrinsen. Jch sxrang
auf und wollte ihn hinwegschleudern, er ringelte ffch jedoch um
meine Finger. Ich machte heftige Anstrengungen, mich von
dem eiskalten Rextil zu befreien und zerrte ungestüm daran.
In demselben Augenblicke öffnete ffch die Thüre und ein Rerl
trat ein, welchen ich sofort — trotz seiner phantastischen Aleidung
— als den Stockhändler erkannte. Er verbeugte ffch demütig
und sragte, warum ich geläutet habe. Ietzt wurde ich erst
gewahr, daß die vermeintliche Schlange ein harmloser Glocken-
zug war, der über dem Bette hing.

„lvo ist meine Frau?" schrie ich den Mann an.

„welche von Luren sechzehn meint Ihr?"

„Bist Du verrückt, sechzehn Frauen soll ich haben?"
„Gewiß, Nerrl Ihr seid wahrscheinlich noch schlaftrunken
und könnt Luch nicht erinnern. Die Frauen erwarten bereits
mit Sehnsucht das Lrscheinen des Gebieters."

Ich ffng an, inich mit merkwürdiger Raschheit in die sonder-
bare Sachlage hineinzufinden und ließ mich von dem Stock-
händler, der, weiß Gott auf welche Art, mein Uammerdiener
geworden war, in ein sehr bnntes Gewand hüllen, das mir
aus alten morgenländischen Märchen ungemein bekannt vorkam.

Dann hob sich ein schwerer vorhang und wir durchschritten
eine Reihe xrächtiger Gemächer, die ich bisher in nieiner
lvohnung noch nie bemerkt hatte und deren Anblick mir end-
lich einmal begreisiich machte, warum der bsausherr den Zins
unlängst wieder erhöht hatte. Lin seltsamer und doch nicht
sremdartiger Geruch durchsättigte die schwüle Luft und kitzelte
meine Nase wie mit tausend feurigen Nadeln. Als ich den
Diener nach der Ursache dieses Duftes fragte, cntgegnete er
verwundert: „kserr, Ihr scheint noch traumverlorcn zu sein, um
nicht zu wissen, daß Ihr im Lande weilet, wo der Pfeffer
wächstl"

Lr schob wieder einen vorhang zur Seite, wirres Geschrei
ertönte und ich sah in einen halbdunkeln Saal, wo sich eine
Anzahl Weiber wütend balgte. Raum hatten sie mich erblickt,
als sie sich auf mich stürzten. Iede schwang einen Sxazierstock,
gleich de>n, welchen ich mir gestern gekauft hatte.

„Lntscheide, o kserr, ob ich nicht recht habe und alle
andern unrechtl" riefen sämtliche gleichzeitig, „ob es ksolz-
schlangen mit Rohrxfeffer oder Schlangenrohr und Psefferholz
oder ksolzxfeffer mit Rohrschlangen oder Schlangenxfeffer mit
bsolzrohr oder Rohrholz mit Pfefferschlangen sindl"

Immer der Äleiche.

sürchterlich vor Angst, da erblickte er eine im ksintergrund vor-
beischleichende Löwin und mit viclsagendem Lächeln siüstert er
vom Baume herunter: „kserr Löwl kserr Löwl Ich hätt'
for Sie ä schöne Partie!"

Sie schlugen mit den Stöcken auf niich los, daß es knatterte.
Und aus meinem Gewande wirbelte ein seiner Psefferstaub
hervor, welcher das Aitzelgefühl in der Nase bis zum Ueber-
maße des Uncrträglichen steigerte. Ich mußte gewaltig niesen.

Da waren die sechzehn Damen verschwunden und ich sand
inich wieder in meineni Bette. Das unheimliche Anattern
dauerte fort. kselles Frühlicht schien durch die Fenster. Das

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