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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 39.1899 (Nr. 458-470)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20267#0050
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meggendorfers t) u m o r i sti s ch e Blätter.

^2

Geheilte Liebe oder Don-Iuans Lnde.

Faust. Das ist ja ein Satanskerl —!

Lagochen. Aber ich verstand die Geschichte schief, warf ihn
die Treppe hinab, daß ihm alie llnochen krachten . . .
Und Sie, ein Gelehrter von Mettruf, wollcn warten bis
die Buben auf den Gassen mit Fingern nach Ihnen
deuten?

Faust <bestimmt). Das wird nicht geschehen —I

Fllgochon (lcidcnschastiich). Oann stoßt dem — Uerl das Messer
(deutet auf de» volch) ins falsche bserz; kitzelt Lure Frau mit
diesem Strick (deutet auf den Strick) bis ihr die verräterische
Zunge zwischen den Rosenlippen herausquillt.

Faust (feierlich). Bewahre mich gütige vorsehung vor solchen
Brutalitätenl — Bein, Iagochen, zu solchen Mitteln greift
kein Mann auf der tföhe moderner wissenschaftlicher
Bildungl

Iagochon <eifrig>. Sind Sie denn jeden Rachegefühles bar?

Faust <mit wurde). Ich werde mich rächen, — wie noch kein
Sterblicher vor mir; — und meine Rache wird gleichzeitig der
höchste Triumxh moderncr Wissenschaft sein.

Iagochen iwegmerfend). Gchen Sie —. Was nützt alle Missen-
schaft einem betrogenen Gatten; — tqörner kann man
nicht operieren —I

Faust. Glückt mein Txperiment, — dann ist die Menschheit
wieder eine Stufe ihrem hohen Ziele näher; Dolch und
Gift werden im jdreise abschlagen — und das Wort
„Mörder" wird man nur noch vom tsörensagen kenncn.

Iagochon. Ich verstehe nicht den Sinn Ihrer Rede —

Fauft. Geduld, bald wirst Du mich verstehen. <Lr steht auf die
Uhr.) Die sünste Stunde ist vorüber, — um halb sechs,
sagtest Du, wollen die beiden sich hier begegnen. (Pause.)
Rufe mein Weibl

Iagochen. N)ie — Sie wollen Jhrer Gattin eine Scene
machen?

Faust. Bewahre.

Iagocheu. tväre es nicht klüger, Sie gingen, als ob nicht das
geringste Mißtrauen in Ihrcm kserzen wohnte, fort, —
kämen nach kurzer Frist zurück, die Treulose mit ihrem
Buhlen zu überraschen —?

Faust (wegwerfend). Die alte Methodel So behandelte man
früher derartige Fälle, davon will ich nichts wissen.

Iagochen. Aber Lserr —!

Faust. Thue, wie ich Dir geheißen; ruse mein Meibl

Iagochen ttürflch). Die lvissenschaft hat ihn ganz verrückt ge-

Mllcht. (Links ab).

Dritte Srene.

Kaust. Aurz darauf Wessatinchen.

(gcht in Gedanken versunken auf und ab).

Messatinchen (°on imks). Liebster, Du hast befohlen?

Faust. Befohlen —? Nein, wie käm' ich dazu, Teure?l
— Ich ließ Dich bitten —.

Messatinchen. Zu solch ungewöhnlicher Stunde?

Faust. Mit Dir zu kosen und zu scherzen ist keine Zeit mir
ungewöhnlich.

Messaliuchen. Du bist liebenswürdig und galant, — doch
Du <mit einem Biick auf die Uhr) wirst in der Universität er-
wartet.

Faust <sür stch). Ahal (>»»»> Allerdings, — doch <Pause) Du
klagtest heute bei Tisch über Aopfschmerzen — (betastet ihre
Stirne). lvie fühlst Du Dich?

Messatinchen. Ganz wohl, mein Lieber —.

ist ein Irrtum.

Messatinchen. Ich versichere Dir, ich bin gesund.

Faust. wirst — Du — nicht von einem unklaren, — sehn-
süchtigen Gcfühl belästigt?

Messalinchen. Bclästigt —?

Fanst <in bei-hr-ndemTon). In wissenschaftlichem Sinn sind alle
Lmpfindungen, die die harmonische Ruhe körpcrlicher
Funktionen alterieren, als Bclästigungen zu bezeichnen;
der naive verstand allerdings klassifiziert sie anders . . . .
Also sagen wir etwa — Du fühlst Dich freudig erregt in
der Lrwartung einer angenehmen Begegnung, — dieses
Gefühl wird jcdoch wieder durch eine unbestimmte Furcht
getrübt. (Beobachtet ste scharf.) Goethe nannte diesen Zu-
stand: „ksangen und Bangen in schwebender Pein."

MessattnchLU (unruhig). Du bist heute recht
— sonderbar. <Sie erblickt die Briefe.) (D, Gott l
meine Briese I <Sie greift nach de» Briefen, jaust

Faust. Ruhe, Ruhe, mein Kind.

Messatincheu <>n höchstec Lr-
regung). Du hast diese Briese
gelesen —?

Faust. Ia —.

Messaliucheu. So weißt
Du —?

Faust. Alles — und noch
mehr —I

Messaliucheu (gebroch-n). — Ich hjn verloren.

Faufi. Nur deii Mut nicht sinkeu lassen, noch kann alles gut werden.

Messaliucheu (pause, blickl umher, sucht nach rvorten). tsiann, Du
bist schrecklichl Töte mich, Ivenn ich gefehlt, aber martere
mich nicht mit Deiner Nachsicht.

Fausi. Töten —? überwundener Standpunktl

Messatinchen. Ich ziehe den Tod diesen (vualen, die mir
Deine Gleichgiiltigkeit bereitet, vor.

Fausi. Das glaube ich, rasch getötet — und dann ist's vorbei
für immer.

Mrssatincheu. verzeihe, verzeihel tvcnn ich gefehlt, durch
die Pein Deiner Nachsicht bin ich über Gebühr gestraft,
o beende diese unerträgliche Marter l . . . Ich versichere —

Faufi. tlnterlaß Beteuerungen uud Selbstbezichtigungen,
dcnn was Dir als Schuld, als Sünde erscheint — in meinen
Augen ist's nur Krankheit.

Messalinchen. Rrankheit? <paus-.) Ach Gott! Du hältst
mich (schiuchzend) — Du meinst, ich sei geistig geftört — willst
mich ins Irrenhaus bringen.

Fanst <mit Größe). kseilen will ich Dich —.

Messatiuchen (»rotzig). Aber ich bin nicht krank.

Fausi. Das verstehst Du nichtl Die Liebe ist nach dem Lr-
gebnis meiner wissenschaftlichen Forschung nichts als eine
Arankheit —, von der ich Dich kurieren werde. (hut st-

sanft auf das Sofa gedrängt und streicht einigemal l^pnotisierend über
Stirn und Augen in beschwörendem Tone):

Ihr Geister, ihr guten erscheinet,

Mit sansten Rosenfingern einct,
was Sinnenslust zerstört,
ttnd Satanskunst bethörtl —
tqeilt ein krankes lqcrz
von der Liebe Schmerz,
wenn aus dem Traum erwacht,

Sie ihrer Thorheit lacht.

Genien und Llfen umsiattern Mefsalinchen.

Messalinchen <stammel»d). was — ist — das? <si-stnk» zur»ck>.
wic — wird — mir — <schiäst ein).
 
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