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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 39.1899 (Nr. 458-470)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20267#0103
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Meggendorfers Humoristische Biätter.

95

„So," sagte er, sxrang auf, steckte die Papiere in die Tasche und erfaßte fein Rad,
„nun brauchen Sie keinem Radfahrer mehr auszuweichen. Run sind Sie mit zehn Ntark
pro Tag und zehntausend Mark im Invaliditätsfall gegen Unfall versichert. ksaben Sie aber
Lust dazu, so dürfen Sie auch zu Lsause im Bett ohne Unfall sterben, denn Sie sind mit
zwanzigtausend Mark in der Lebensversicherung. Ich danke Ihnen sehr." kseidi, raste
er ins Thal hinab.

Ich aber ging mit brummendem Kopf in die Stadt zuriick, den verbeulten ksut
in der ksand, und erzählte Frischmann mein Unglück. Ulir war klar geworden, daß
ksammer mich überlistet, mich absichtlich über den ksaufen gefahren und meinen halb
blödsinnigen Zustand dazu benützt hatte, meine Unterschrift zu erlangen — und eine
Mordswut nberkam mich. „Sie haben recht gehabt, Freund Frischmann," rief ich, „daß
Sie ksammer nicht leiden konnten, er ist ein Lump, ein verbrecher, reif fürs Zuchthaus.
zweihundert Mark hat er soeben verdient, aber ich konnte 's Genick brechen. Doch was
fragt dieser Gauner danach, wenn er nur Geld verdient."

Ich denke, Frischmann soll mir beistimmen, aber er reibt sich vergnügt die ksände
und sagt: „Lin smarter Iunge, er soll meine Tochter kriegen, ziss."

„kserr Frischmann," fahre ich auf, „dieser Lump?"

„Vss, dieser smarte Geschäftsmann. Lllyl"

Llly kam auf seinen Ruf, und mit ihr ksammer. Das war selbst dem Alten zu smart,
und er fragte erstaunt: „Sie?"

„Ia, lieber kserr Schwiegervater," sprach ksammer lächelnd, „bitte, wollen Sie von
diesen versicherungsanträgen Linsicht nehmen und mir und Ell^ Ihren Segen geben."

„llll rißkit, den sollt ihr haben," sagte Frischmann gerührt.

Sie denken, ksammer umarmte die schöne Lll^> und küßte sie ab? Bewahre, das
hatte Zeit, als smarter Geschäftsmann mußte er sich zunächst mit mir beschäftigen.

„verehrter Herr," sprach er, „verzeihen Sie, aber es ging nicht anders, ich mußte
Sie über den ksaufen fahren. Sie verzeihen mir, nicht wahr? Bitte, bitte. Und zum
Zeichen, daß Sie mir nicht zürnen, versichern Sie Jhre lVertpapiere gegen Diebstahl,
nicht wahr?"

„Der Teufel hole Siel" brüllte ich und stürzte davon.

Die halbe Nacht hindurch tönte von der Frischmannschen veranda verlobungs-
gläserklingen. Ich aber saß voll Wut und Zorn in meinem Zimmer und legte kalte
Umschläge auf die kleine, niedliche Beule, die sich zu einer gräßlichen Riesenbeule aus-
gewachsen hatte.

Der glücktichste Mann.

Auf schwerem Arankenbette litt ^

Der König eines mächt'gen Landes.
kvie auch die ktunst der Aerzte stritt
Mit scharfen kvaffen des verstandes.
vergeblich sannen lveise tief,

Lin Rettungsmittel zu ergründen,

Bis des Drakels Stimme rief:

„lvenn es gelingt, im Reich zu finden,
Den Glücklichsten, das ksemde sein
Soll man dem hohen Aranken geben l
Dann enden für ihn Schmerz und Pein;
Gerettet ist sein heilig' Leben." ^

Der Götterspruch entzückt den Rat.

Der Rranke glaubt dem guten Zeichen.
Geschästig schreitet man zur That;

Bald sollen Not und Sorge weichen.

So leicht erschien, was doch so schwer.
vergebens suchten die Gesandten,

Den Glücklichsten zu schaffen her
ssn ihres kserrschers weiten Landen.

Den einen Glanz und Reichtum labt,

Dem die Gesundheit nicht beschieden. s

Lin andrer, der damit begabt,

Ist arm an Gold und nicht zufrieden.
Lin böses lveib, die Kinderschar
lllacht jenem viel verdruß und Schmerzen,
Kurz: Klagen, Seufzer immerdar
Und keiner glücklich recht von kserzen.

Linstmals des Königs junger Sohn
Lustwandelnd lenkte seine Schritte
(Der Abend nahte dämmernd schon)
vorbei an einer armen ksütte.

Draus schallt ein Liedchen wohlgemut;
Froh hört er eine Stimme sagen:

»Iung und gesund, wie geht mir's gutl
An Sorgen hab' ich leicht zu tragen.
Im lvinkel liegt des Tages Last.

Jn voller Schüssel dampft die Sxeise.
V Fürst in deinem Prunkpalast,

Glaub' nicht, daß ichdich glücklich preisel"
Da rief der prinz: „Lr ist'sl ksineinl
ksolt mir sein ksemd I lviegt's auf mit
Schätzen I

Nun endet, vater, deine Pein!

Lilt, mein Gebot ins lverk zu setzen l"

Der glücklichste Mann.

voll Elfcr war's gesagt, gethan;
Allein die ksoffnung war wermesfen --
Der glücklich reiche arme lllann
ksat solchen Schatz noch nie besessen

K. G.

Zwlschen Kkyssa und Äharybdis.
 
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