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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 39.1899 (Nr. 458-470)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20267#0112
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Meggendorfers Humoristische Blätter.

lO-s

Reisender: „Ich protestiere dagegen, daß Sie noch zwei
Personen in dies iiberfüllie Loupe hineinzwängen wollen."
Schafsner (gutmütig): „Lassen 5ie doch nur; die beiden sind
auf der bsochzeitsreise . . . die rücken eng zusammenl"

Das Äasihaus „Mm papricirien Affen".

Humoreske von Hans Horina.

^ anos Szabo, der neue tvirt von Nagyhäza, hatte schon
H manche Skunde seinen dicken Aopf darüber angestrengt,
einen recht volltönenden Namen sür das kürzlich er-
worbene alte Gasthaus zu finden. Die frühere Bezeichnung
desselben, „zum besoffenen pendel", war ihm zu ordinär und
kleinbürgerlich; einen hochmodernen, originellen Namen wollte
er ersinnen, der dem eintretenden Gast schon von vorneherein
Respekt einflößen, ihm selbst aber einen gewissen Nimbus ver-

leihen sollte. Das Schicksal fügte es jedoch anders und gab dem
pause den Namen „zum papricirten Affen" und wie das kam, ist
eine schnackische Geschichte, die hier erzählt sei.

Eines schönen Tages stand perr Szabo in seiner Lieblingspose,
mit verschränkten Armen, gar breitspurig vor der Thüre und blin-
zelte mit den beweglichen braunen Aeuglein die Straße entlang. Oa
rumpelte, gezogen von ein xaar abgemagerten Gäulen, der Aarren
einer wandernden Menagerie heran und hielt vor dem Gasthaus.
Der Mann, welcher das Gespann lenkte, sprang vom Bock und
fragte, an den lVirt herantretend, ob er ihn und seine Tiere für
cinigeTage beherbergen wolle. Szabo schlug ein und wenige Minuten
später rollte der wagen, gesolgt von einem hinkenden Kamel und
zottelnden Bären, in den ksof. Schon am Abend desselben
Tages gab der lNcnageriebesitzer, der seine Bude auf einer dem
Mirte gehörigen großen lviese aufgeschlagen, die erfte vorstell-
ung. Dieselbe nahm den gewöhnlichen verlauf von derlei Schau-
stellungen. Das Aaniel ging auf drei Beinen, legte sich aus
den Rücken und wälzte sich im Sande, der Bär tanzte und
brüllteprogrammmäßig dazu.Die beste Nummer, „der gescheite
Bimbi", kam jedoch zum Schlusse. „Bimbi", ein gelehriger
Grang-Utang, das Prachtstück der Menagerie, leistete auch
wirklich kjervorragendes. Er überbot alle herkömmlichen
Affenkunststücke und setzte zu guter Letzt, als er mit
grotesker Uomik einen Zeitungsleser darstellte, die guten
Nagyhäzaer in gerechtes Lrstaunen. „Bimbi" kam, als
Spießbürger mit langem Bratenrock, weißer lveste und hohem
Tylinder angethan, in die Manege und setzte sich an ein Tisch-
chen. Lin kleines Aeffchen — der Piccolo — überreichte ihm
mit einem Anix die Zeitung. „Bimbi" räusperte sich erst
würdevoll, steckte dann eine pornbrille auf und entfalte-
te, scheinbar lesend, das Blatt. Beim Leitartikel zog
er die Stirne in gewichtigeFalten und schlug ein paarmal
aus den Tisch. Das Feuilleton hingegen schien ihn
wieder heiter zu stimmen, denn er lachte einige-
mal so, daß er stch den dicken Bauch halten
mußte. Dann kamen die Tages-
neuigkeiten an die Reihe. Aus
seiner respektvollen Miene, die er
nun annahm, konnte man vermuten,
daß er die „ksof- und Personal-
Nachrichten" las; gleich darauf
verdüsterte sich sein Gesicht und —
wahrscheinlich war's eine Liebes-
tragödie — seufzte er mit empor-
gerichtetem Blicke. Zum Schlusse, als er zu den
Inseraten kam, sprang er plötzlich freudig er-
regt auf, wie einer, dem eine Erleuchtung geworden, zeigte mit
dem Finger triumphierend auf eine „Zacherl"-Annonce und, sich
eifrig kratzend, verschwand er, verfolgt von dem Beifallsgelächter
der Znschauer.

Der Menageriebesitzer hatte jedoch trotz seines gescheiten
Bimbi kein Glück in Nagyhäza. — Seine vorstellungen waren
nur schwach besucht und außerdem passierte ihni das Malheur,
daß der alte Löwe das Zsitliche segnete. So kam es, daß er
schon nach wenigen Tagen ans lveiterziehen denken und den
lvirt bitten mußie, ihm einen Teil der aufgelausenen Zeche zu
kreditieren, weil er zu wenig Geld hatte. — Oa kam er aber
schön an. Ianos Szabo wollte von einem Aredit durchaus
nichts wissen, drohte mit der Polizei und stellte schließlich das
verlangen, ihm den gescheiten Bimbi als pfand zu überlassen.
So sehr ihn auch der Mcnageriebesitzer bat und beschwor, ihm
doch dieses Thier, das ihm das Brot verdienen half, nicht weg-
zunehmen — vorgebens, der lvirt blieb dabei. Entweder den
Affen oder die Polizei l So nahm denn der arme Mann mit

Trösttich.
 
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