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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 39.1899 (Nr. 458-470)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20267#0123
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Neggendorsers Hurnoristische Blätter.

U5

DZestmste Aengier.

Gast <zu,tt piccoio), „Nun, Uleiner, was lhust Du denn Mlt den vielen Trinkgeldern, die Du kriegst?"

Piccolo, „Die darf ich ja gar nicht behalten, die muß ich alle dem Aellner abgeben, und bei Ihnen muß ich noch fünf Pfennige
zulegen, weil der Aellner mir nicht glauben will, daß 5ie nur füns Pfennige geben."


wachsbleiches Antlitz, aus dem zwei dunkle, große Augen wie
suchend über die Sxaziergänger, die dicht besetzten Bänke und
plaudernd herumstehenden Gruppen irrte.

Die kleine ksolwig, das ausgelassene snsant terribls der
Gesellschaft, markierte eine Bhninacht und taumelte init ge-
schlossenen Augen und schlenkernden Armen rncklings in eine
kollegiale Grupxe hinein, wo sie aufgesangen und mit einigen
wohlgemeinten püffen wieder so weit zum Leben gebracht wurde,
daß sie hinter dem schiitzenden Busen der komischen Alten hervor
slüstern konnte:

„Iessas, — bin i derschrocken I Da schaut's hin I A wan-
delnde Lakrizenstang'nl"

„lVeiß Gottl" raunte der ,vaters „der Aerl sieht aus wie
'n Stück tote chinesische Tusche. — IVer kann das sein?"

Ia, wcr kann das sein I Alle steckten die Aöpfe zusammen
und auch auf den BLnken wurde man aufmerksam, unterbrach
das Lachen und Plaudern und stauntc dem geheimnisvollen
Fremden nach, der da in der hellen Mittagssonne wie ein aus
der Facon gekommenes, menschgewordenes Brikett dem zur
Biihne sührenden Seiteneingange des Theaters zustrebte.

Nach ein, zwei Minuten trat er wieder heraus nnd ver-
schwand auf einem, ins sreie Feld siihrenden Seitenwege.

Bald darauf kam Alienke, der Theaterdiener, heraus. Jn
der Linken einen Brief und in der Rechten ein schmunzelnd
beliebäugeltes Geldstück, das nach dem freudigen Abglanz auf
der blauroten „Gurkc" des Allerwelts-Laktotums mindestens
ein Thaler sein mußte. Mit einer breiten behaglichen Bewe-
gung schob er die Münze in die westentasche, hob den Brief

hoch und krähte, mit den verguollenen Aeuglein unter der aus
ihn einstürmenden Aünstlerschar suchend:

„Fräulein von Langenau — ein Brief für Fräulein von
Langenaul"

Das war nun indiskret und wohl nicht im Sinne seines
Auftraggebers, aber das berührte seine harmlose, alkoholfreudige
Seele nicht. Ihm kam es nur darauf an, sich seines Auftrages
und dann der Scenerie zum ersten Akt „Wilde Aatze" zu ent-
ledigen, um dann wieder den üblichen Trost zu suchen für seine,
aus dem Uiinstlerischen ins ,Statistische* und von da auf den
Schniirboden verschobene, nicht so hoffnungsstolze Aarriere.

„Die Langenau?" — „Ia wo steckt die denn eigentlich?"
— „Auf der Probe war sie auch nicht l" — „Die kann sich eben
alles erlauben I" schwirrte es in dem nun auseinandergehenden
Völkchen. „Aber da —!" — „Richtig, da kommt ja eben das
Fräulein Baroneß!" — „Und den Strela hat sie natiirlich wieder
am Bändel." — „Was da noch 'rausbratet I"

„Schandmäuler seid's allel" rief die kleine lselwig, indem
sie der Freundin entgegenlief und ihr den Brief aushändigte.
„Da, Lizzie, das ist eben für Dich abgegeben. 'S ist 'was
Rares l" — „Aber Sie brauchen nicht so bös zu schauen, kserr
von Strela," wandte sie sich an den Begleiter ihrer reizenden
Aollegin, „der Mann, der das geschrieben hat, ist tot, mindestens
scheintot und eben zu seiner eigenen Leich' gegangen."

Assessor Aurt von Strela lachte. Was konnte das auch
Schlimmes seinl? Der Liebe seiner jungen geistvollen, bildschönen
Braut — denn das war sie seit vorhin, da sie seine ernste,
ehrlich gemeinte Werbung nicht zurückgewiesen, — ihrer Liebe
 
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