Meggendorfers ^urnoristische Blätter.
Wrld. Da lauchte ganz langsam erst der verwitterte Lsut mit
dem Auerhahnstutz, dann Aoxf und Schulter des schwarzen
Samiel aus deiu Graben auf, wie aus einer versenkung. Die
Rehe wurden unruhig und setzten zum Laufen an. Da, ein
Blitz, ein Rrach und der Bock fuhr kerzengerade in die 6öhe,
um ebenso rasch regungslos tot zu Boden zu stürzen.
Die beiden Männer sahen sich schweigend an. Aeiner sagte
es dem andern, daß es ibm kalt über den Rücken rieselte. ll)ie
ein Sturmwind setzten die beiden anderen Rebe davon. Der
schwarze Samiel war wieder verschwunden, um wenige Augen-
blicke später im kiochholz auszutauchen wie er dem gestreckten
Bocke zuschritt.
„Das war ein bserzschuß, mitten ins b?erz, daher der senk-
rechte Bprung. — Aber mit dem Speck?" sagte Mannher halb
für sich, halb zu bserrn von Almbach gewendet. der kein Auge
von dem Förster abwendete. Der schwarze Samiel hatte mit
einem Ruck den Bock über die Bchultern geworfen, nahm das
Gewehr in die kfand und näherte sich. Bci seinem bserrn an-
gekommen, warf er den Bock zur Erde und sagte ruhig: „Ein
starker Sechser, ein kaxitaler Rerl, ich kenne ihn schon lange."
„Ls war ein bserzschuß," meinte der Gberförster, nur um
etwas zu sagen.
„Ich denke, der Schuß sitzt gut auf dem Blatt." entgegnete
Bcheible.
„Das kann nicht möglich sein, der Bock stand zu sxitz gegen 5ie."
Der schwarze Bamiel legte den Bock schweigend auf die
rechte Beite und zeigte auf die 5chußftelle. 5ie war mitten auf
dem Blatt.
„Geben Bie mir einmal Ihr Gewehrl" sagte der Vber-
förster aufgeregt.
Scheible reichte es ihm schweigend hin. Mit fast siebender
thand faßte Mannher nach dem Schloß. Es stak ksin Feuerstein
darin, sondern der von ihm angebrachte Speck. Noch mehr; er
erkannte ganz genau den Lindruck, den das Niederschlagen auf
die jDulverpfanne hervorgerufen; der Speck war etwas glatt
gedrückt und xulvergeschwärzt.
„Aerl, wenn Sie nicht selbst der Teufel sind, dann stehen
Sie ihm nahel" schrie der Gberförster und stieß das Gewehr
heftig von sich. Auch bserrn von Almbach schien das Lreignis
nachdenklich gemacht zu haben. Der schwarze Samiel entgegnete
kein wort.
Als am Mittag das von dem Iagdherrn in dem walde
aufgetischte chrühstück eingenommen wurde, lag schon eine an-
sehnliche Strecke da. Der Gberförster war aber schlechter Laune.
Linen Fuchs hatte er schmählich verxaßt, zwei bsasen gefehlt
und einen Bock nur am Lauf angeschosfen, er, der einer der
besten Schützen war. Der schwarze Samiel dagegen hatte eine
Schnexfe, ein ksaselhuhn, einen Fuchs, einen Bock und einen
Dachs zur Strecke gebracht. Mannher graute vor dem Manne.
Trotzdem konnte er es nicht unterlassen, am Gewehrstand vor-
bei zu gehen und Scheibles alte Büchse anzufühlen. lvahrhaftig,
kein Feuerstein, ganz dunkler, xulvergeschwärzter Sxeck!
Die Iagdgäfte waren zur Ruhe gegangen. Der Dberförster,
sonst der lustigste und beste Unterhalter, horte wortkarg dage-
sessen. kserr von Almbach ging nachdenklich ernst in seinem
Zimmer auf und ab. Die Sache war ihm unangenehm, sein
Förster flößte ihm beinahe Furcht ein, jedenfalls Abneigung.
Endlich kam er zu einem Entschluß. Er schellte und befahl dem
eintretenden Diener, den Förster noch zu rufen. Linige Ninuten
später stand Scheible, das ominöse Gewehr über der Schulter,
schweigend vor seinem kserrn.
„Scheible, jetzt erklärt mir die Geschichte mit dem Bock,"
befahl er strenge.
Ueber das Gesicht des schwarzen Samiel wetterleuchtete es
die Rreuz und Guere, aber von ksumor durchzuckt.
„Ich hatte gestern gemerkt, daß man etwas mit mir vor hatte,
doch ahnte ich nicht, was es sei. Als ich den Bock anschlich
und fdulver aufschüttete, fuhr ich nach alter Iägergewohnheit
mit dem Daumennagel prüfend über den Leuerstein. Da wußte
ich, worum es sich handelte. jsich schraubte den Speck vorsichtig
los und fteckte einen Reservefeuerstein, den ich stets bei mir trage,
an das Schloß. Nachdem der Bock gestreckt war, brachte ich den
Sxeck wieder hin, in der sicheren voraussetzung, daß der kferr
Gberförster nachsehen würde. Ebenso machte ich es vor dem
Frühstück."
kserr von Almbach tachte laut auf Er reichte seinem Förster
die kjand und sagtei „Scheible, das schreibe ich Euch gut."
„Darf ich morgen früh dem kjerrn Vberförster.?"
,Iawohl! Iawohll'"
Als wir am anderen Morgen versammelt waren, trat der
schwarze Samiel auf den ihn scheu von der Seite anblickenden
Gberförster zu reichte ihm seine alte Büchse hin und sagte:
„kferr Gberförster. wollen Sie es heute vielleicht einmal mit
meinem Gewehr versuchen? Der Sxeck ist noch im Schloß und
einen Reserve-Feuerstein haben Sie doch noch in der Tasche."
Am Abend gab kserr von Almbach die Erklärung, und keiner
lachte mehr als der Gberförfter, der dem schwarzen Samiel eine
xrächtige jdfeife zur Erinnerung an den Sxeckschuß schenkte.
Änproß.
Schaffner: „Fährt der kserr I. Rlasse?"
jdarvenu: „Nu, mir bleibt doch nichts anderes übrig, wo
Se nichts besseres habenl"
verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Defterreich-Ungarn für kserausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in wien I.
Verlag von I. F. Schreibrr in München und Etzlingrn.