Meggendorfers Humoristische Blätter.
lffO
„Ich bin ganz und gar nicht gefaßt gewesen, Gnädige an-
zutreffen. Man darf wohi zur gliicklichen Aur gratulieren?"
begann Goldner verbindlich. „chrau Rechtsanwalt sehen wie
das Leben selbst aus."
Nara war allerdings rot.
5ich wegen der Ztörung entschuldigend, wandte sich Goldner
an Dornseld.
„Ich bin in der Absicht gekommen, dir sür die erfolgreiche
Vertretung meiner Ansprüche bei der heutigen Erbschaftsver-
handlung bestens zu danken."
Aarl war also doch tagsüber in Ringberg gewesen?
Da ersah Goldner die Lockensammlung und lächelnd be-
merkte er:
„Gnädige Frau haben gewiß den seltsamen Sxort Ihres
Lserrn Gemahls entsxrechend belacht. Im „Roten Mchsen,"
„Lamm" und „Bären", woselbst wir zusammen sxeisten, hat er
mit Liser daran gearbeitet."
Frau Mara war mit ihrer lveisheit zu Lnde. was war
das Rätsel der Lphynx dagegen I „Gewiß, allerdings," ant-
wortete sie verständnislos. Goldner empsahl sich dann artig
und verschwand hinter der sdortiere.
„Roter Gchse," „weißes Lamin," „Brauner Bär" — bserr-
gott und die Buchstaben!
Aber wie reimte sich das?
Dornseld beniitzte die Pause, um durch eine wohlgesetzte
Lrzählung Rlärung in die Geschichte zu bringen: „Deine Briese
bildeten sür mich die einzigen Lichtpunkte in der Zeit der
Langeweilel In einem deiner lieben Schreiben sprachst du die
Absicht aus, künstig selbst kochen zu wollen und angesügt war
ein versteckter Borwurs gegen unsere wackere Lina. Um einen
Beleg zu erbringen, daß deine Behauptung sür manche Gast-
hausköchinnen wohl wahr jein mag, Lina aber eine rühmliche
Reinlichkeitsausnahme bildet, trieb ich einen eigentümlichen
Aport. Die bsaare, welche du, wie du sagtest, in der 5uppe
gesunden haben willst, habe nämlich ich wirklich in der Suxpe
gesunden und zwar im „Gchsen," „Bären" und „Lamm." !vas
die Damen Dlbers und Lang betrifft, so ist sdrofessor Glbers
gleich nach deiner Abreise mit Aind und Regel nach Berlin
übergesiedelt" — dabei zeigte er eine visitkarte mit ,p. x. c? —
„und Fräulein Lang übersandte einige Tage später eine Ver-
lobungsanzeige."
Tief beschämt lag Mara in den Armen ihres schuldlosen
Mannes und barg ihr Aöpfchen an seiner Brust. Lben wollte
Aarl einen herzlichen willkommgruß aus ihre Lipxen drücken,
als Anton in größter Seelenruhe ins Zimmer trat. Lr hatte
vcrgeffen, von dem letzten Briese der Gnädigen Bericht zu erstatten.
Mara erkundigte sich um die Ursache des Ligarrendustes
und der Schlingel gab der vermutung Ausdruck, daß das
Ltubenmädchen wahrscheinlich zu lüsten vergessen hatte.
„G du bsallunkel" ries ihm der Rechtsanwalt nach, als
der Schelm beim ksinausgehen an die Reliesstguren des Ofens
streiste und ein Tigarrenrest aus den Teppich stel.
Dornfeld sand den Bries nicht. Nara leistete ihm im ge-
heimen wegen des nicht eröffneten Schreibens Abbitte und
brachte es zum vorscheine.
Rarl zog aber den brieflichen Aüssen sinstweilen eine wirk-
liche Umarmung vor. Die reumütige Mara erbat sich dabei
eine recht empfindliche Slrase sür ihre Zweifelsucht.
„Deine Schuld ift deiner Liebe zu mir entsxrungen," über-
nahm Dornseld ihre Anwaltschast, „und so sei dir die Strase
auserlegt, daß du mir diese Liebe und dich recht sorgsam erhältst.
Mit der Aüchenarbeit würdest du dir zu viel ausbürden und ich
möchte meine liebste Mara nimmer krank sehen."
Der Schlaukoxs war zu Ende. Mara schien zwischen den
lvorten gehört zu haben und ein sorschender Blick tauchte in
seine Augen. Aber nein, er konnte keinen bsintergedanken
hegen. Sie öffnete ihren letzten Bries selbst und wies aus die
letzte Seite.
„.meine Absicht, die Rüchenherrschast zu über-
nehmen, habe ich nach reisticher Ueberlegung wieder fallen
lassen. Du wirst mir, liebster Rarl, ob meines Wankelsinnes
nicht böse sein, und solltest du es, so muß ich frei eingeftehen,
daß ich mich der Ausgabe doch nicht so ganz gewachsen sühle . . ."
Dornfeld bot seine ganze Selbstbeherrschung aus, um seine
Gefühle zu verbergen.
Der Aamxs ums Brot war entschieden und der Sieg auf
seiner Seite. Ligentlich hatte dieser Aamps eine ganz andere
Gestalt angenommen, aber wer konnte dafür?
„Nicht wahr, Männchen," schmeichelte die kleine Frau, „Du
versuchst es, unsere Lina wiederzugewinnen, ich bringe es nicht
über mich?"
Ietzt war der Sieg erst vollkommen. Mara wollte ihm
mit der Bitte einen Beweis ihres Vertrauens gegeben haben.
In einigen Tagen klangen wohlbekannte Schritte aus der Stiege
und Lina stapfte mit einem vollen bsenkelkorbe, daraus srisches
Gemüse selbstbewußt hervorlugte, die Trexxe heraus. In glück-
lichem Behagen lauschte Frau Dornseld. Die Eisersucht blieb
ihr von nun ab so sremd, wie die sours der alten Frau Rätin,
die eine Trexpe tieser wohnte. Sie war ein kleines, veilchen-
farbiges Gedicht, die zarte Frau Rechtsanwalt.
Voshaft
Dienstmädchen: „Ls wird jetzt keinMenschvorgelassen, Fräu
lein Emma hat Singftunde." —Fremder: „lvie rückstchtsvolll"
Derantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Gesterreich-Ungarn sür lherausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in wien I.
Verlag von I. F. Schreiber in-München und Etzlingrn.
lffO
„Ich bin ganz und gar nicht gefaßt gewesen, Gnädige an-
zutreffen. Man darf wohi zur gliicklichen Aur gratulieren?"
begann Goldner verbindlich. „chrau Rechtsanwalt sehen wie
das Leben selbst aus."
Nara war allerdings rot.
5ich wegen der Ztörung entschuldigend, wandte sich Goldner
an Dornseld.
„Ich bin in der Absicht gekommen, dir sür die erfolgreiche
Vertretung meiner Ansprüche bei der heutigen Erbschaftsver-
handlung bestens zu danken."
Aarl war also doch tagsüber in Ringberg gewesen?
Da ersah Goldner die Lockensammlung und lächelnd be-
merkte er:
„Gnädige Frau haben gewiß den seltsamen Sxort Ihres
Lserrn Gemahls entsxrechend belacht. Im „Roten Mchsen,"
„Lamm" und „Bären", woselbst wir zusammen sxeisten, hat er
mit Liser daran gearbeitet."
Frau Mara war mit ihrer lveisheit zu Lnde. was war
das Rätsel der Lphynx dagegen I „Gewiß, allerdings," ant-
wortete sie verständnislos. Goldner empsahl sich dann artig
und verschwand hinter der sdortiere.
„Roter Gchse," „weißes Lamin," „Brauner Bär" — bserr-
gott und die Buchstaben!
Aber wie reimte sich das?
Dornseld beniitzte die Pause, um durch eine wohlgesetzte
Lrzählung Rlärung in die Geschichte zu bringen: „Deine Briese
bildeten sür mich die einzigen Lichtpunkte in der Zeit der
Langeweilel In einem deiner lieben Schreiben sprachst du die
Absicht aus, künstig selbst kochen zu wollen und angesügt war
ein versteckter Borwurs gegen unsere wackere Lina. Um einen
Beleg zu erbringen, daß deine Behauptung sür manche Gast-
hausköchinnen wohl wahr jein mag, Lina aber eine rühmliche
Reinlichkeitsausnahme bildet, trieb ich einen eigentümlichen
Aport. Die bsaare, welche du, wie du sagtest, in der 5uppe
gesunden haben willst, habe nämlich ich wirklich in der Suxpe
gesunden und zwar im „Gchsen," „Bären" und „Lamm." !vas
die Damen Dlbers und Lang betrifft, so ist sdrofessor Glbers
gleich nach deiner Abreise mit Aind und Regel nach Berlin
übergesiedelt" — dabei zeigte er eine visitkarte mit ,p. x. c? —
„und Fräulein Lang übersandte einige Tage später eine Ver-
lobungsanzeige."
Tief beschämt lag Mara in den Armen ihres schuldlosen
Mannes und barg ihr Aöpfchen an seiner Brust. Lben wollte
Aarl einen herzlichen willkommgruß aus ihre Lipxen drücken,
als Anton in größter Seelenruhe ins Zimmer trat. Lr hatte
vcrgeffen, von dem letzten Briese der Gnädigen Bericht zu erstatten.
Mara erkundigte sich um die Ursache des Ligarrendustes
und der Schlingel gab der vermutung Ausdruck, daß das
Ltubenmädchen wahrscheinlich zu lüsten vergessen hatte.
„G du bsallunkel" ries ihm der Rechtsanwalt nach, als
der Schelm beim ksinausgehen an die Reliesstguren des Ofens
streiste und ein Tigarrenrest aus den Teppich stel.
Dornfeld sand den Bries nicht. Nara leistete ihm im ge-
heimen wegen des nicht eröffneten Schreibens Abbitte und
brachte es zum vorscheine.
Rarl zog aber den brieflichen Aüssen sinstweilen eine wirk-
liche Umarmung vor. Die reumütige Mara erbat sich dabei
eine recht empfindliche Slrase sür ihre Zweifelsucht.
„Deine Schuld ift deiner Liebe zu mir entsxrungen," über-
nahm Dornseld ihre Anwaltschast, „und so sei dir die Strase
auserlegt, daß du mir diese Liebe und dich recht sorgsam erhältst.
Mit der Aüchenarbeit würdest du dir zu viel ausbürden und ich
möchte meine liebste Mara nimmer krank sehen."
Der Schlaukoxs war zu Ende. Mara schien zwischen den
lvorten gehört zu haben und ein sorschender Blick tauchte in
seine Augen. Aber nein, er konnte keinen bsintergedanken
hegen. Sie öffnete ihren letzten Bries selbst und wies aus die
letzte Seite.
„.meine Absicht, die Rüchenherrschast zu über-
nehmen, habe ich nach reisticher Ueberlegung wieder fallen
lassen. Du wirst mir, liebster Rarl, ob meines Wankelsinnes
nicht böse sein, und solltest du es, so muß ich frei eingeftehen,
daß ich mich der Ausgabe doch nicht so ganz gewachsen sühle . . ."
Dornfeld bot seine ganze Selbstbeherrschung aus, um seine
Gefühle zu verbergen.
Der Aamxs ums Brot war entschieden und der Sieg auf
seiner Seite. Ligentlich hatte dieser Aamps eine ganz andere
Gestalt angenommen, aber wer konnte dafür?
„Nicht wahr, Männchen," schmeichelte die kleine Frau, „Du
versuchst es, unsere Lina wiederzugewinnen, ich bringe es nicht
über mich?"
Ietzt war der Sieg erst vollkommen. Mara wollte ihm
mit der Bitte einen Beweis ihres Vertrauens gegeben haben.
In einigen Tagen klangen wohlbekannte Schritte aus der Stiege
und Lina stapfte mit einem vollen bsenkelkorbe, daraus srisches
Gemüse selbstbewußt hervorlugte, die Trexxe heraus. In glück-
lichem Behagen lauschte Frau Dornseld. Die Eisersucht blieb
ihr von nun ab so sremd, wie die sours der alten Frau Rätin,
die eine Trexpe tieser wohnte. Sie war ein kleines, veilchen-
farbiges Gedicht, die zarte Frau Rechtsanwalt.
Voshaft
Dienstmädchen: „Ls wird jetzt keinMenschvorgelassen, Fräu
lein Emma hat Singftunde." —Fremder: „lvie rückstchtsvolll"
Derantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Gesterreich-Ungarn sür lherausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in wien I.
Verlag von I. F. Schreiber in-München und Etzlingrn.