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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 41.1900 (Nr. 484-496)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20910#0018
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Meggendorsers Humoristische Btätter.

sO


„Arnim! hören Sie doch — es flattert was — das muß
so ein vampir von Fledermaus sein — nee l Das halt' ich nicht
aus — Fledermäuse sind mir ein Greuel! Die muß 'raus.
Arnim! Sie können doch unmöglich schon schlafen?!" IValter
von Arnim imitierte ein sanftes Schnarchen.

„Bestie, vermaledeile — Rackerzeug!" schrie der schöne
Bandelov und sprang mit beidenBeinen zugleich aus deni Bett

— „'raus! — will sie wohll 'raus!"

Arnim schnarchte stärker.

Line ganze weile tobte der schöne Bandelov herum —
außer der unglückseligen Fledermaus „flogen" noch andere
Gegenstände, Stiefeln, Aissen und Socken im Iimmer umher

— endlich zog dic Berfolgte vor, aus deni Fenster zv huschen,
und der dicke lllajor warf sich fluchend und stöhnend auf sein Lager

„Uebrigens riecht's nach Pilzen — nich nach Aepxeln,"
konstatierte er noch. „Natürlich ist der Schwamm in der alten
Bude!" —

Lndlich aber wurde auch der schöno Bandelov müde — und
cs trat Ruhe ein, tiefe Ruhe. Nur der Nachtwind sang sein
leises Lied in den UApfeln der alten Bäume.

*

„Melde gehorsamst, daß ich dem bferrn Ulajor seine bsosen
nirgends nich finden thun kann."

Diese fürchterlichen Morte weckten im ersten Ukorgenstrahl
den schönen Bandelov aus seinem schwererkämxften Schlummer.

Ulit etwas blödem Gesichtsausdruck starrte er in das
große runde Gesicht seines getreuen Burschen Buddik, ehe er
deu ganzen Inhalt dieser Uleldung begriff. —

„lva — was? — sind Sie verrückt, Buddik — die Fleder-
maus wird sie wohl nicht gefressen haben — und sonst ist
niemand im Zimmer gewesen."

„Zu Befehl, kserr Ulajor — aber ich kann sie nirgends nie
nich sinden thun!"

, „Na — da hat sie eben einer zum Ausbürsteu geholt." —
„bfat sie keiner nie nich geholt — hab' ich schon Lberall
gefragt" — meinte Buddik traurig.

„Arnini!" brüllte der schöne Bandelov und lief vor Mut
kirschrot an, „haben 5ie Ihre bjosen?"

Walter von Arnim — in jeder ksand eine Bürste, mit
denen er soeben sein bfaupt bearbeitet hatte, erschien in der
offenen Thüre.

„Nleine kfosen?" fragte er erstaunt — „ich bin sofort fertigl"
„Der Lsel kann meine ksosen nicht findon — haben 5ie
doch die Güte, ihm suchen zu helfen."

„Ist denn jemand im Zimmcr gewesen?" fragte Arnim. —
„Zu Befehl, kferr Leutnant — eine Fladdermaggi."

„Was? — —" lachte Arnim.

„Line Fladdermaggi, kferr Leutnantl"

„Nee, Fledermaus meint das Rhinoceros," schrie der Alajor.
„Buddik, ich bring' Sie um, wenn ich in fünf Ulinuten nicht meine
kfofen habe —"

Lin wildes Suchen begann. Arnim warf die Beiten aus-
einander — Buddik kroch auf allen vieren und schaute und
angelte unter allen lUöbeln — das Resultat blieb: — dic
ksosen waren weg.

„Soll ich sie in der Finsternis dieser Kanaille von Fleder-
maus zum Fenster hinaus nachgeworfen haben?" stöhnte der
Major — „und hat sie draußen einer gestohlen? — es ist fast
die einzige Lösung; — aber ich kann doch unmöglich gleich mit

Buxen nach ihr gefeuert haben-"

Dazwischen klopfte es. ksoffnungsvoll stürzte Buddik heraus,
tuschelte draußen ein weilchen mit irgend jemand und trat
dann mit strahlendem Gesicht in Arnims Zimmer — in einer
ksand einen herrlichen Strauß Rosen, darauf noch der Morgen-

tau schimmerte — in der anderen eine silberne Schüffel, hoch-
getürmt voll goldgelber, duftender, zuckerbeschneiter Waffeln —
und jede war in bferzform gebacken.

„Das gnädige Fräulein läßt dem bferrn Leutnant zum
heutigen Tage Glück wünschen — und die Waffeln hätt' sie
soeben selbst gebacken und die Rosen hätt' sie gepflückt und —"

„ksosen!" schrie der schöne Bandelov, „ich höre doch was von
ksosenll — endlichl schnell — geben Sie her, Buddik!"

„Rosen — bitte sehr, Rosen, kserr klkajor," berichtigte Walter
und hielt dem Lrbleichenden das Bouquet unter die Nase.

„Das ist eine Gemeinheit," stöhnte der Major. „Wie kann
man sich unterstehen, Rosen zu senden, wenn ich kfosen brauche.
Sie überschüttet man mit Luxus — während mir das Nötigste
fehlt, meine Blöße zu decken — es ist zum Aufhängen — es
ist zum Wahnsinnigwerden — was thu' ich denn jetzt?" und
der schöne Bandelov sprang aus dem Bett, stamxfte mit den
Füßen und tanzte wie verzweifelt einen wahren Kriegstanz.

Non Arnim biß sich die Lippen blutig vor unterdrückten
Lachkrämpfen — der schöne Bandelov war hinreißend komisch
in seinem Lngelskostüm und in seiner Berserkerwut. — Allerdings

— verzweifelt lag der Fall.

Linen wilden Blick warf der dicke Ntajor auf die schlanken
Beine seines Adjutanten — nein — der konnte ihm nicht
helfen — in dessen kjosen kam er nicht hinein — es blieb nur
noch ein letztes Mittel.

„Runter mit die Buxenl" schrie er Buddik an.

Der verbliiffte Buddik glotzte unendlich dumm erst den
kltajor uud dann seine grüne, fleckige, geflickte Aommißhose an

— die aufgesetzte Ledertaschen hatte, und mit der er sich in dic
Blaubeeren gesetzt hatte — uud riihrte sich nicht.

„Runter mit die Buxenl" brüllte der schöne Bandelov,
„soll ich vielleicht als Badeengel auf den Gaul?"

kNit dem Gesichtsausdruck eines hypnotisierten kjammels
trennte sich Buddik von seinen schönen Unaussprechlichen —
und stand nach zwei Sekunden in demselben Aostüm da, wie
vorher der Major.

kltit entsetzten Blicken und spitzcn Fingern hob dieser die
schreckliche kjose hoch und betrachtete sie schaudernd von allen
Seiten.

„Kerll — kltordsdonnerl — wie sieht denn derBoden aus
— sind Sie unter Räubern und kltördern gewesen?"
 
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