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Neggendorfers ^umoristische Biätter.
sellschaft den schönen Bandelov, um seine Leidensgeschichte zu
vernehmen.
* *
-st
Ueber Isaus Arnoldshöhe sank die Dömmerung. Stärker
dusteten die Rosen und mit kiihlem ksauch bewegte der Abend-
wind die Blätter der Bäume. Walter von Arnim reitet, wie
aus Flügeln der Liebe, dem ksause zu — sxringt vom Roß —
wirft die Zügel dem herbeieilenden Buddik zu und steht in
zwei Minuten vor der bsausfrau, die ihn mit kühlem Blick
bewillkommt.
„Der kserr Major ist nicht mit Ihnen gekommen?" sragt
sie steif.
„Lr wird erst sxät eintreffen und bittet durch mich, sich
keineswegs durch ihn stören zu lassen," meldet walter. (Der
schöne Bandelov würde sich ja eher rädern lassen, als in dem
Aufzug vor die Dame des Ljauses zu treten.)
„Darf ich dem gnädigen Fräulein guten Abend sagen?"
bittet Walter, da Frau von und zur Mühlen nur stumm genickt.
„Meine Nichte ist nicht wohl und hat sich bereits zur
Ruhe begeben" — sagt sie steif.
„Mein Gott — doch nichts Lrnstliches?" stammelt Walter
erschrocken.
Die Dame zuckt die Achseln. „Lin xaar Tage völlige Ruhe
werden wohl genügen, sie wieder herzustellen," erwidert sie kühl.
„So werde ich das gnädige Fräulein gar nicht mehr sehen?"
ruft Walter schmerzlich.
„Bei uns wohl allerdings kaum," bedauert die Dame
ceremoniell.
walter versteht. Lr bittet, sein Zimmer aufsuchen zu
dürfen und verabschiedet sich, bis zum Abendessen, mit tiefer
verbeugung.
Mben steht er blaß und still am Fenster. „Sie hat es wohl
vsrratcn, sein kühnes Werben — und dic Tante hat ihr veto
eingelegt. Fahre wohl, schöner Trauml"
In der Thüre erscheint Buddik, in einer schwarz und weiß
karrierten Ljose und hält triumxhierend die bjosen des schönen
Bandelov walter hin.
„Melde gehorsamst, daß die tsosen hinter der Thiir' hängen
thun thaten — war sich aber die Thür so eingeklemmt, daß
wir ihr übersehen thun thaten."
„So, soi" sagt walter zerstreut. — „Richtig — die Thüre
habe ich so eingeknallt, weil der bjerr Major nachts Luft wollte.
Legen Sie sie nur hin, Buddik, der bjerr Major kommt erst, wenn's
ganz dunkel ist — übrigens, Buddik — wo sind denn meine
Rosen — und die Waffeln?"
Buddik macht ein unsagbar verblüfftes, mordsdummes Gesicht.
„Der kjerr Leutnant haben doch die Waffeln nich ge-
wollt."-
„Was?" fragt Walter — „was soll denn das heißen?" —
„Der kserr Leutnant haben doch sagen lassen, Sie ließen
ganz ergebenst danken und das hab' ich auch ganz richtig be-
stellt und hab' die Waffeln und die Rosen dem gnädigen
Fräulein selbst wieder gebrachtl"
Walter starrte ihn entgeistert ani „lsab's richtig bestellt,"
nickte Buddik gekränkt — „und der iserr Leutnant ließe be-
sonders für die Ruchenform danken — ja — und der Ljerr
Leutnant hätte sie nun 'mal durchaus nich gewollt." —
walter griff stöhnend nach seiner Stirn. —
„Und das gnä' Fräulein is ganz blaß geworden — und
der Teller is 'runter gefallen — und der Lumx — das is der
Iagdhund — hat die iserzen gefressen — jal — und das
gnä' Fräulein hat sie ihm alle mit dem Fuß hingeschubbst —
ja, und jetzt sitzt fie schon den ganzen Nachmittag im Gemüse-
garten und thut nichts wie heulen thun — jal"
Im nächsten Augenblick verging dem armen Buddik hören
und sehen, so wurde er geschüttelt.
„Rerll" — stöhnte Walter — „Ihre einzige Rettung vom
Tode ist, daß Sie mir die Bohnenlaube zeigen — kserrgott im
hohen isimmel — wo ist der Gemiisegarten?"
Buddik zeigte mit dem Daumen eine Richtung — die
Sprache hatte er noch nicht wiedergefunden.
Im nächsten Augenblick stürzte Walter die Trexpe hinunter
— riß eine Magd um und stog wie ein pfeil den Gartenweg
herunter. Das niedere Gitter, das den park vom Gemüse-
garten trennte, war von innen verriegelt. Lr übersprang es
mit einem Satz und sah von fern ein weißes Rleid durch grüne
Ranken schimmern.
Lr sagte nichts. Zu Wallis Füßen kniete er und zog ihr
die lsände von dem verstörten Gesicht.
„lNeine Geliebte — meine Siiße, welch ein furchtbares
Mißverständnis ist zwischen uns. Was soll ich thun zur Sühne.
Sieh — ich kann dir nur ein kserz bieten — wirst du es
auch mit dem Fuß von dir stoßen?" —
Sie stieß es nicht fort. Ueber ihr verweintes Gesichtchen
zog es wie Sonnenschein, als er ihr die Dummheit des Burschen
erklärte. Sie beugte sich zu dem Anieenden und legte die Arme
um seinen kjals.
„So muß ich wohl abermals Gnade vor Recht ergehen
lassen und dir noch einmal kserz schenken?" — flüsterte sie
schelmisch. — »Ietzt aber halt es fest, Liebsterl — und laß es
die letzten kserzen gewesen sein, die heute morgen durch deine
Schuld gebrochen worden sind. — Das kserzenbrechen — das
mußt du dir von nun an abgewöhnen!"
Lr sprang empor und drückte mit einem Jubellaut sein
junges Glück fest an die Brust.
verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber, Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Vesterreich-Ungarn für kjerausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in Wien l.
Verlag von I. F. Schreiber in München und Etzlingrn.
Neggendorfers ^umoristische Biätter.
sellschaft den schönen Bandelov, um seine Leidensgeschichte zu
vernehmen.
* *
-st
Ueber Isaus Arnoldshöhe sank die Dömmerung. Stärker
dusteten die Rosen und mit kiihlem ksauch bewegte der Abend-
wind die Blätter der Bäume. Walter von Arnim reitet, wie
aus Flügeln der Liebe, dem ksause zu — sxringt vom Roß —
wirft die Zügel dem herbeieilenden Buddik zu und steht in
zwei Minuten vor der bsausfrau, die ihn mit kühlem Blick
bewillkommt.
„Der kserr Major ist nicht mit Ihnen gekommen?" sragt
sie steif.
„Lr wird erst sxät eintreffen und bittet durch mich, sich
keineswegs durch ihn stören zu lassen," meldet walter. (Der
schöne Bandelov würde sich ja eher rädern lassen, als in dem
Aufzug vor die Dame des Ljauses zu treten.)
„Darf ich dem gnädigen Fräulein guten Abend sagen?"
bittet Walter, da Frau von und zur Mühlen nur stumm genickt.
„Meine Nichte ist nicht wohl und hat sich bereits zur
Ruhe begeben" — sagt sie steif.
„Mein Gott — doch nichts Lrnstliches?" stammelt Walter
erschrocken.
Die Dame zuckt die Achseln. „Lin xaar Tage völlige Ruhe
werden wohl genügen, sie wieder herzustellen," erwidert sie kühl.
„So werde ich das gnädige Fräulein gar nicht mehr sehen?"
ruft Walter schmerzlich.
„Bei uns wohl allerdings kaum," bedauert die Dame
ceremoniell.
walter versteht. Lr bittet, sein Zimmer aufsuchen zu
dürfen und verabschiedet sich, bis zum Abendessen, mit tiefer
verbeugung.
Mben steht er blaß und still am Fenster. „Sie hat es wohl
vsrratcn, sein kühnes Werben — und dic Tante hat ihr veto
eingelegt. Fahre wohl, schöner Trauml"
In der Thüre erscheint Buddik, in einer schwarz und weiß
karrierten Ljose und hält triumxhierend die bjosen des schönen
Bandelov walter hin.
„Melde gehorsamst, daß die tsosen hinter der Thiir' hängen
thun thaten — war sich aber die Thür so eingeklemmt, daß
wir ihr übersehen thun thaten."
„So, soi" sagt walter zerstreut. — „Richtig — die Thüre
habe ich so eingeknallt, weil der bjerr Major nachts Luft wollte.
Legen Sie sie nur hin, Buddik, der bjerr Major kommt erst, wenn's
ganz dunkel ist — übrigens, Buddik — wo sind denn meine
Rosen — und die Waffeln?"
Buddik macht ein unsagbar verblüfftes, mordsdummes Gesicht.
„Der kjerr Leutnant haben doch die Waffeln nich ge-
wollt."-
„Was?" fragt Walter — „was soll denn das heißen?" —
„Der kserr Leutnant haben doch sagen lassen, Sie ließen
ganz ergebenst danken und das hab' ich auch ganz richtig be-
stellt und hab' die Waffeln und die Rosen dem gnädigen
Fräulein selbst wieder gebrachtl"
Walter starrte ihn entgeistert ani „lsab's richtig bestellt,"
nickte Buddik gekränkt — „und der iserr Leutnant ließe be-
sonders für die Ruchenform danken — ja — und der Ljerr
Leutnant hätte sie nun 'mal durchaus nich gewollt." —
walter griff stöhnend nach seiner Stirn. —
„Und das gnä' Fräulein is ganz blaß geworden — und
der Teller is 'runter gefallen — und der Lumx — das is der
Iagdhund — hat die iserzen gefressen — jal — und das
gnä' Fräulein hat sie ihm alle mit dem Fuß hingeschubbst —
ja, und jetzt sitzt fie schon den ganzen Nachmittag im Gemüse-
garten und thut nichts wie heulen thun — jal"
Im nächsten Augenblick verging dem armen Buddik hören
und sehen, so wurde er geschüttelt.
„Rerll" — stöhnte Walter — „Ihre einzige Rettung vom
Tode ist, daß Sie mir die Bohnenlaube zeigen — kserrgott im
hohen isimmel — wo ist der Gemiisegarten?"
Buddik zeigte mit dem Daumen eine Richtung — die
Sprache hatte er noch nicht wiedergefunden.
Im nächsten Augenblick stürzte Walter die Trexpe hinunter
— riß eine Magd um und stog wie ein pfeil den Gartenweg
herunter. Das niedere Gitter, das den park vom Gemüse-
garten trennte, war von innen verriegelt. Lr übersprang es
mit einem Satz und sah von fern ein weißes Rleid durch grüne
Ranken schimmern.
Lr sagte nichts. Zu Wallis Füßen kniete er und zog ihr
die lsände von dem verstörten Gesicht.
„lNeine Geliebte — meine Siiße, welch ein furchtbares
Mißverständnis ist zwischen uns. Was soll ich thun zur Sühne.
Sieh — ich kann dir nur ein kserz bieten — wirst du es
auch mit dem Fuß von dir stoßen?" —
Sie stieß es nicht fort. Ueber ihr verweintes Gesichtchen
zog es wie Sonnenschein, als er ihr die Dummheit des Burschen
erklärte. Sie beugte sich zu dem Anieenden und legte die Arme
um seinen kjals.
„So muß ich wohl abermals Gnade vor Recht ergehen
lassen und dir noch einmal kserz schenken?" — flüsterte sie
schelmisch. — »Ietzt aber halt es fest, Liebsterl — und laß es
die letzten kserzen gewesen sein, die heute morgen durch deine
Schuld gebrochen worden sind. — Das kserzenbrechen — das
mußt du dir von nun an abgewöhnen!"
Lr sprang empor und drückte mit einem Jubellaut sein
junges Glück fest an die Brust.
verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber, Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Vesterreich-Ungarn für kjerausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in Wien l.
Verlag von I. F. Schreiber in München und Etzlingrn.