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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 41.1900 (Nr. 484-496)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20910#0041
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Meggendorfers Humoristische Biätter.

33

Vrotest.

Frischgebackener Schusterlehrling: „Aber Frau Meester, 5ie werden mir doch nich schon in den Flitterwochen
meiner Lehrzeit hauen wollen?!"


denn es war im j)ark draußen; aber die 5ache konnte sür ihn
doch noch ein recht satales Nachspiel habenl Zwar hatte er
sich mit einer Fixigkeit aus dem Staube gemacht, die ihm eine
5telle als Lhampion unter den Fliegern gewährleistet hätte . . .
schmachvoll genugl Aber die Angst, entdeckt zu werden, daß
wo möglich die ganze Geschichte noch seinein Iulchen zu Mhren
kam, hatte jede edlere Regung in ihm erstickt.

Iulchen war Gott sei Dank nock nicht zu ksause; aber
als sie kam, wollte es scinem bösen Gewissen scheinen, als sei
sie in einer unheildrohenden Stimmung. Ilnd es war auch so.

„Da sieht man's wieder!" begann sie nach imposanter
Stille vor dem Sturm, „da sieht man'sl Diese verdammte
Radeleil"

Dem gcstrengen Lheherrn stockte der Atem.

„Was hast du denn, Julchen?"

„Nlas ich habe? Ueberradelt haben sie michl Mich, deine
Fraul ksörst du, Fröhlich? lNan hat deine Frau überradeltl"

Fröhlich war blaß geworden bis in die Ghrläppchen hinein,
nur durfte man im Zweifel sein, ob aus Angst um scine teure
Thehälste oder aus Furcht, sein heimliches Fahren aufgedeckt
zu sehen, und ebenso zweifelhast war der Sinn seines stotternd-
stöhnenden Ausrufs:

„Um Gottes willen, das ist ja schrecklich!"

Das fiel der Frau Fröhlich jcht auch erst aus die Seele,
wie schrecklich es war; sie brach deshalb in Thränen aus
und rief:

„Fröhlich, du wirst deinerFrau Genugthuung verschaffenl"

„Ia, mein herzel"

„Du wirst gegen den abscheulichen Ulenschen Strafantrag
stellenl"

Fröhlich zitterte wie Espenlaub.

„Ia, kserz . . . aber .... hast . . . . du . . . denn . . .
hast . . . du denn den . . . Radler .... erkannt?"

„Das ist es ja ebenl Der Aerle jagte davon, als wäre der
Gottseibeiuns in seine jledale gefahren."

Fröhlich atmete auf und warf sich in die Brust.

„Das soll er büßenl Iawohl, wir werden ihn schon
belangen!"

„Es wird ja nicht schwer werden, ihn zu finden. Er war
kurz vorher in einer Villa und da stand sein Fahrrad vor der
Thüre und Aindermädchen und Frauen haben es genau ange-
sehen und kcnncn seine Fabrikmarke . . ."

„Gh wehl" stöhnte Fröhlich im Stillen; „jetzt kommt's!"

„Ial Ls trug die Marke ,Geölter Blitz. Fabrik Flitz-
hausen, Nr. 77???'."

„Um Gottes willen, det Ieschäft is richtig! Uieine Num-
mer l" murmelte der heimlichc Sünder mit erbleichenden Lippen.

„!vas sagst du da, Fröhlich?"

„G nichts l Es ist gut so I Man muß sich das notieren l"
sagte er scheinheilig, zog sein Notizbuch hervor und malte einige
Arähenfüße hinein. Lr hätte momentan thatsächlich nicht besser
schreiben können, so aufgeregt war er.

„Aber Fröhlich, das kannst du doch im Leben nicht lesen l"

In diesem Augenblick wurde heftig an der Klingel ge-
rissen. von Angst getrieben sprang Fröhlich aus und kehrte
bald mit einem großen Schreiben zurück, auf dem in ver-
träuenerweckendem Blau eine riesige amtliche Siegelmarke prangte.

„An Frau IulieFröhlich geb. Neumann I N)as ist denn das?"

„An mich? ksimmell" — jetzt war die Reihe des Lrbleichens
an ihr — „Gib herl An mich?"

„Ich als dein Lheherr . . . gestattel N)as hast du denn
mit der polizei zu thun?"

Lr riß das Schreiben aus und las:

„Frau Iulie Fröhlich, wohnhaft paradiesgasse ;z, passiertc
am 2. Dezember dieses Iahres, nachmittags um halb sechs Nhr dic
ksauptstraße auf einem Zweirade, welches troh absoluter
 
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