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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 41.1900 (Nr. 484-496)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20910#0062
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A7 e g g e n d o r f c r s !) u ni o r i si i s ch e Blä ! ler.

O l^.

M ls im Lande noch weiltrn die Feen,
War üas eine prächtige Zeit!

Da gad es wohi Dinge ;u sehrn,

Die Hrr;en und Angen erfreut.

Lir trugen die liedlichjten Uamen.

Man dachte ürei Wünfche stch aus,

Dann ries man ste an und sie kamen,
Verklärten das ärmlichjte Haus.

Äns Hütten wurden paläjtr.

Lir führten das Mägdlein so hold
Zum jtrahlenden Gönigsfejte.

Aus ihren Händen floj? Gold.

And Gold — ach! man kennt die Geschichte
Dir teider nie unmodern. —

Längst wurde das alles ;unichte,

Die gütigen Fren smd fern.

Ltatt all üer holdseligen Damen
Kommd — srlten nur — eine ins Eand
Mit schrecklich prosaischem Aamen:

Lie wird — Haupttreffrr genannt.

M. Holihauscn.

Äin frommer IZZeirug.


I annst du mir vielleicht
^ H „Nein, du mir?"

„Schasl"

Dieser kurze, aber inhaltschwere Diaolog wurde von zwei
jungen Männern geführt, während sie langsam die mit Teppichen
belegte, splendid beleuchtete Treppe eines eleganten Fauses in
einem der vornehmsten Stadtviertel hinausstiegen.

j)a, er hatte sich nicht zu beklagen, der Freund, de: die

beiden fnr den heutigen Abend zum Nacht-
mahl und einer darauffolgenden Tarockpar-
tie eingeladen hatte. Das Glück hatte ihm
gelächelt und seine Lrfolge hatten ihm
gebracht, was ihnen nicht nur heute,
sondern fast immer sehlte. was damit
gemeint ist, dürfte leicht zu erraten sein.
Sie trugen übrigens nicht allzu schwer an
diesem Nangel. Leichten Sinnes, waren
sie stets nur sür den heutigen Tag be-
sorgt. „Das Morgcn macht mir keine
Sorgen", war ihr wahlspruch, mit dem
sie vergnügt ins Blaue hinein lebten.
Das kjeute freilich gab ihnen manche harte
Nuß zu knacken und gerade an diesem
Abend hatte jeder von ihnen mit einer
starken, nach vielfach gemachten Lrfahr-
ungen allerdings höchst verwegenen Iu-
versicht mit den Schätzen des anderen
gerechnet. Die „Nahrungssorge" gab ihnen
ja heute nicht zu denken; aber das „Be-
triebskapital" für den in Aussicht stehen-
den Tarock bildete die unbekannte Größe,
das F in der Gleichung.

Dies war der Sinn des im Lapidar-
stil gehaltenen Zwiegespräches, das wir
vorhin belauscht haben. Uebrigens blieb
ja noch eine Lhance: der dritte Gast;
denn der bsausherr, der Freund, der sie
zum Souxer eingeladen hatte, konnte doch
heute nicht „gekränkt" werden. Das wäre
gegen den point ck'nonneur gewesen.

Das Mädchen, das den beiden die
Thüre öffnete, erklärte entschuldigend, daß
die Lserrschaften, der Freund und seine
junge Gattin, noch nicht heimgekehrt
wären. Gin Lserr warte jedoch bereits.

Die beiden zwinkerten sich verständ-
nisvoll zu. Das traf sich gut.

Der wartende kserr saß im Salon und
rauchte, behaglich im Schaukelstuhl sich
wiegend, eine ^enry Tlay, mit der er
stch aus dem Ligarrenschränkchen des
Freundes versehen hatte.

Man begrüßte sich ohne viel Lere-
monien. Die beiden Neuankömmlinge
machten sich's auf dem Diwan bequem.
Man wechselte ein paar Worte. Dann
ergab stch jeder, s^baritisch schwelgend,
dem Genuß seiner ksavanna.

„Axropos," ries plötzlich der dritte in
möglichst gleichgültigem Ton, „hat etwa
einer von euch zufällig . . .?" —

„Neinl" antworteten die beiden auf dem Sofa wie aus
einer kiehle. „Du vielleicht?" Oann erhoben sie ein schallendes
Gelächter.

„Na, gar so komisch finde ich das gerade nicht," sagte der
lNann im Schaukelstuhl, ein poet, der lauts cie misux in der
Tretmühle der Tagespresse Frohndienst leistete.

„Das Romische," erwiderte einer von den beiden, ein hoff-
nungsvoller junger Aomponist, „liegt bloß darin, daß soeben
jeder von uns . . ."

„... den andern anpumpen wollte," ergänzte scharfsinnig der
Iournalist mit resigniertem Lächeln. „Ach sol Schöne Be-
 
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