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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 41.1900 (Nr. 484-496)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20910#0090
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82

Meggendorfers Humoristische Btätler.

wir sind überfliissig I" Lsierauf höfliche Oerbeugung gegen das
Brautpaar und mit einem freundlichen ,Guten Morgen^ verließen
die beiden Feinde Arm in Arm sriedlich die Stube, die sie in
solcher Wut bctreten hatten. „Studenten und Schoten," sagte
tNaier, verbliifft über die plötzliche Wandlung, „ist ein und das-
selbe; die sieben Ntark aber monatlich sind verdient." Draußen
vor der THLre schlug Süffel wieder den alten, vertrauten Ton
an: „Du bist doch, nimrn mir's nicht übel, Bummel, ein rechtes
Aamel gewesen?" — „Und du ein enormes Rindvieh," entgegnete
Bummel herzlich lachend. Dann gingen beide ihre neu er-
standene Freundschaft in einem noch nie dagewesenen solennen
Frühschoppen zu feiern. Das letzte verständliche Wort, das
Bummel an diesem Tage noch lallte, war: „Schöne blaue Augen
hat sie . . .," worauf Süffel in derselben Tonart wie tröstend
entgegnete: „ . . . aber falsche."

Der (Lürtet der Veims

H^eißt du im Gasthof zum Anker den „Stannntisch des jagd-

baren Wildes"?

Frage die lNütter der Mädchen im Städtchen; sie kennen ihn

alle . .

Manches Geschoß ja entsandten sie schon in die fröhlichc Runde,
Die dort zur Atzung und Tränkung sich jeglichen Akittag ver-

sammelt;

Denn die erlesensten sind es der Iunggesellen im Umkreis
Liner viertelmeile, die ksonoratioren der Zükunft —

Und daß die Schonzeit für sie vorbei, davon zeugt ihre Rede,
Die sich um Lenz und Liebe, um selige Strohwitwerzeiten,
Freiheit und Manneswürde und ksausschlüsselrechte gern dreht.

So hielt auch neulich der junge Assessor (Iohn Falstaff
Nennen sie ihn; denn er prahlt, just so gern mit der klassischen

Bildung,

wie mit dem stattlichen Schmiß und dem noch stattlichern

Bäuchlein)

Linen Sermon von dcr Liebe, gespickt mit antikcn Titaten:
„Geistige Schönheit" verlang' er vom lveib. Doch ein schmäch-

tiger Iüngling,

Der ganz geheim, wie man munkelt, zwei Bände Lyrik verbrochen,
Seufzte tief auf: „Achl die leibliche Anmut ist mehr noch;
lvüßt' ich ein weibliches lvesen, nur eins, mit dem Gürtel

der venus!" —

„Gürtel der venus? ksm, hm —" ließ sein Nachbar, der

Arzt, sich vernehmen

„Mir gilt als solcher ein Ding, das gar manchem die Prosa

verkörpert,

Seh' ich's am richtigen Platz, mit den Spuren erwünschten

Gebrauches,

Aber doch reinlich und nett stets, ein niedliches — ktüchen-

schürzchen."

„kfört nur den grassen Barbarenl Den Tauben der cypri-

schen Göttin

Dreht er -— mich schaudert'sl — den ksals um und brät sie am

Feuer der Liebe,

Das ihm behaglich den Magen, doch nimmer das kserz wärmtl"
Lachend rief's der Assessor, und dröhnendes Lachen der Runde

Lohnte den kaustischen Scherz. Doch der Iünger des Aeskulap

drehte

Lustig blinzelnd den Schnurrbart und blieb die Lrwid'rung

nicht schuldig;

Line Antwort gab er, der hohen Vlymxischen würdig,
kvllrdig auch, daß sie der Nachwelt ein Diener der Musen erhalte:

„Freund, warum kürte die Göttin sich just den schmack-

haften Vogel?

Nimm es für einen Beweis, daß ich kvahrheit, nur kvahrheit

gesprochen!

kjerd und Altar galten stets als des ksauses geheiligte Stätten;
Magen und kjerz aber, dünkt mich, sind heilig gleich kserd und

Altar.

kvenn auf dem ersten einmal die traulichen Gluten erloschen,
Steht auch verwaist der Altar; denn wer opfert mit knurren-

dem Magen?

Satte und Frohe nur wünscht sich zum festlichen Dienst Aphrodite ..
Aellner, ein Schnitzellll — Ich opfre es heiter als praktischer

priester

Ihr auf dem häuslichen kserd ineiner künftigen nahrhaften Liebel"

E. Kratzsch.

Mßglückte Äusrede.

Einbrecher (von dem Bankier beim Lrbrechen des Geldschrankes
üb-rrascht): „Lntschuldigen Sie, ich wollte nur einmal mein
Depot besichtigenl"

verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber, Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
^n Vesterreich-Ungarn sür kjerausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in lvien I.
Verlsg von I. F. Schreiber in München und Etzlingen.
 
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