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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 41.1900 (Nr. 484-496)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20910#0094
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217cggendorfers Humoristische Blätter.

Tourist (der in einom hotel miteinem Unbeklinnten ei» Zimmer zusamme» nehmen muß, z» diosem): „Ich gluube, MUN hut UNS V0N außeN dle THÜre
abgesperrt; wenn da ein Feuer auskämel"

— „Macht uichts, hab' eine Strickleitcr bei mir."

Kn einen distingnierien Herrn stnd nvei elegant nröblierte Ziminer nr vermieten.

tzumoreske von S. Jarzebecki.

^,rau Llly war schön. Sie war jung und lebenslustig,
^ und — ganz allein. Ihr verewigter tZatle hatte die
Geselligkeit nicht gelicbt und seine junge Frau nur mit
wenigen älteren Leutcn bekannt gemacht. Nun war das Trauer-
jahr längst zu Lnde und die kleine Witwe sehnte sich nach
Nenschen, nach einem gemiitlichen lseim — nach einem zweiten
Gatten.

T>a kam ihr ein genialer Linfall. Sie annoncierte im
Tagblatt, es wären zwei elegant möblierte Zimnier an einen
distinguierten lscrrn zu vermieten. — Frau Lllys lVohnung
bestand bloß aus vier Ziinmern; sie wollte gar nicht zwei davon
vermieten. Sie wollte nur — einige distinguierte bserren in
der Nähe sehen, und, sür den Fall, daß sie einer so ganz be-

sonders interessieren würde, und sie ihn natürlich auch.

Um aber nicht einen unwillkommenen Mieter ausnehmen
zu müssen, stellte die junge Frau einen übermäßig hohen jdreis
fest, hundertfünfzig Mark xer Monat. — viele distinguierte
lserren sanden sich vorerst nicht ein. Und auch die wenigen
waren durchaus nicht so, wie sich sie Frau Llly in ihrer regen
jdhantasie vorgestellt hatte. Ls waren dies keine jungen, ele-
ganten Kavaliere, die der reizenden lvitwe zu Füßen fielen,
und fie baten, auch in ihrem lserzen wohnen zu diirfen; die

ihr womöglich einen klangvollen Namen, eine Arone im lvap-
pen, eine Stellung in der lvelt antrugen.

V, neinl T>a kam vor allen ein alter, kurzsichtiger und
schwerhöriger General. Der beschnupperte die elegant möblierte
lVohnung, nannte die Linrichtung eitlen lveibertand, und
fragte mürrisch nach dem jdreise. Niermal mußte Tlly ihm ins
Vhr rufen: „Linhuudertfünfzig Ularkl Linhundertfünfzig Nlarkl"
Immer wieder glaubte er, schlecht gehört zu haben. Uann aber
schrie er zornig: „T>as ist verrücktl" Und eilig polterte er zur
Thüre hinaus. Dazu hatte die enttäuschte Schöne ein reizendes
Ukorgenkleid aus himmelblauein lvollenstoff mit reicher Spitzen-
garnierung angehabt, und das goldig schimmernde lsaar war
gerade besonders schön srisiert gewesen. lvirkllch schade um
die lUühel —

Bei zwei sehr jungen lserren war die kleine lvitwe so
vorsichtig gewesen, den Zins gleich im vorhinein zu verlangen,
wonach sich beide mit bewundernden Blicken, und dem versprechen
wieder zu koiumen, zur Thüre hinausschlängelten. Natürlich
auf — Nimmerwiedersehen.

Gin etwas älterer lserr aber, offenbar cin heißblütiger Ita-
liener, fiel ihr wirklich zu Füßen. Lr faßte kramxfhaft ihre lsand
und ricf: „V, wie seien Sie schön lUadonnal" Llly rief ent-
 
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