Meggendorfers Humoristische Blätter.
sOö
Der Stallmeister wehrte ab. „Sie sind uns ja bekannt,
mein tserr, — nbrigens berechnen wir den jdreis nach der
Zeit, die das jdferd ausbleibt," siigte er mit maliziösem Lächeln
hinzu, gab „Darling" einen freundschaftlichen Rlaxs — und da-
hin flogen wir, „daß Uies und Funken stoben."
Ich hatte eigentlich beabsichtigt, die Promenaden entlang
zu reiten — es ist schattig und taufrisch dort, und die jungen
Damen absolvieren da ihre Morgenspaziergänge; — aber Dar-
ling war anderer Meinung und setzte mit sanfter Beharrlich-
keit seinen Millen durch. Gott! — wozu sollte ich mich mit
ihm herumzerren? — schließlich ist's ja egal, wohin man reitet,
das Reiten selbst ist doch eben die kjauptsache: also ritt ich
durch die Ulmenallee nach dem Stadtwald — dorthin wollte
Darling nun einmal.
Beim ersten Mrtshaus hielt
Darling und war nicht daran vor-
iiber zu bringen. Es blieb mir
nichts übrig, als bei dem herbei-
eilenden kjausknecht ein Glas Bier
zu bestellen, das genau so abscheu-
lich war, wie ich vermutet hatte.
Lr klopfte Darling sreudig auf
den ksals nnd sagte: „Ia — so
'ne Krcatur weeß, daß se hier
immer Zucker kriegt." — Darling
genehniigte den Zucker, von dem
ich mir vorsichtshalber ein xaar
Stücke einsteckte, und geruhte dann
gnädigst weiter zu traben.
Das „paradies der Erde" hatte
nicht bloß eine — sondern, wie es
schien, recht viele Schlangen für
mich. Zuerst trabte Darling an
einer endlosen Parkmauer dahin
und brachte meinen linken Stiefel
in so intime Nähe mit ihr, daß
sein Glanz dahin war — und das
darin steckende Bein das peinliche
Gefühl des Llektrisiertwerdens
hatte. Alsdann trug er mich unter
eine Reihe knorriger Vbstbäume,
die mir sofort den ksut vom Aopf
rissen — ich fing ihn im letzten
Augenblick mit Lebensgesahr —
und mir dann, wie boshafte Ao-
bolde meinen tadellosen Scheitel
zerrauften. Ich atmete tief auf,
als wir in den U)ald einbogen — denn dort wölbten sich die
Aronen hoch über meinem ljaupt, und Maucrn gab es da nicht.
Aber, — wehel einen Teich gab es — und sinnend blieb
Darling an seinem schilfbewachsenen Ufer stchen.
Nttr brach der Angstschweiß aus allen Poren. lserrgottl
— jetzt sollte die Bestie bloß noch Lust kriegen, sich zu badenl!
s)ch klopfte und streichelte sie — ich gab dem Teufelsbraten
die holdesten Engelsnamen — er stand. Schließlich riß mir die
Geduld und ich gab ihm die Sxoren. Der einzige Lffekt war,
daß er bockte und hintcn ausschlug, daß mir die Lrdklöse um
die Ghren flogen — mit Uttihe und drei Stücken Zucker be-
ruhigte ich ihn so weit, daß er nur wieder stand.
von fern sah ich einc schlanke Reiterin herantraben. Potz
Blitzl was soll die denn denken, wenn ich hier, wie ein Säulen-
heiliger stehe — vorwärts, Darling, süßester Darling — I I —
Aber Darling hob nur wiehernd den Ropf und rührte
üch nicht.
Ich heuchelte tiefstes Versunkensein in die Schönheit der
Natur und starrte wie hypnotisiert auf die Glitzerwellchen des
Teiches — ich hörte die Reiterin herantraben und vorüber-
reiten — da machte Darling so xlötzlich kehrt, daß er mich bei
einem ksaar kopfüber in den „bewunderten" Teich befördert
hätte. Und im schönsten Trabe wurde ich nun der schönen
Reiterin nachgetragen.
Die Reiterin flog nur so — und ich flog auch I D wie
herrlichl So — jetzt sausen wir gleich an ihr vorüber — ein
Augenblick noch — jetzt traben die jdferde Koxf an Aopf.
Weiterl Darlingl hoppla Darlingl
Iawohlll
vergnüglich trabte Darling Nase an Nase mit dem Rappen
der Reiterin. Gbwohl ich sie nur
vom Sehen kannte, war ich ge-
zwungen, zu grüßen. Sie nicktc
hochmütig mit dem Ropf und
sxornte ihr Pferd zu rascherer
Gangart — ich hielt das meine
etwas zurück — aber Darling bleckte
alle seine Zähne, was täuschend
aussah, als ob er mich auslachte,
und trabte friedlich, Nase an Nase,
mit dem anderen jdserd weiter.
Eine Weile ritten wir so;
dann richtete sich die Dame, ein
Fräulein von Nauen, im Sattel auf
und maß mich von oben bis unten
mit ihrem hochmütigsten Blick —
dann sauste die jdeitsche nieder auf
den ksals des Rapxen — und rasend
griff er aus. —
Und rasend nebenher preschte
— trotzdem ich wie wahnsinnig an
den Zügeln riß, Darling — wie
angeleimt an den verfl . . . Rax-
xen.
Ich bin ein Ukensch, der Auf-
dringlichkeit bis in den Tod haßt.
Ich schämte mich fast tot. Aber
keine Nkacht der Welt konnte diese
rabiate ksöllcnbestie zurückhalten —
sie wieherte — cs klang wie ein
gellendes kjohngelächter — und
xreschte weiter.
Fräulein von Nauen warf mir
einen verächtlichen Blick zu und
bog in einen Seitenweg ein — Darling, höhnisch schnaufend,
blieb ihr treu zur Seite. Ucbrigens stand eine Tafel mit der
verlockenden Inschrift „verbotener weg — das Fahren und
Reiten aus diesem Weg ist bei sünfzig Mark Strafe verboten"
davor. Also auch das noch — nun — wie Allah will!
Iedenfalls „wollte" aber jetzt Fräulein von Nauen nicht
mehr. Sie riß ihr Pferd herum nnd hielt — Darling stand
sofort wie eine Nkauer.
„Nkein kjerrl" sagte sie, mit vor Erregung fast tonloser
Stimme, „ich bitte, daß Sie mich sosort verlasscnl"
Gottl Ich hätte es ja so gern gethanl An den Bäumen
emxor sogar, — wenn ich nur gekonnt hätte. Aber Darling
stemmte seine vier Beine fest und stand wie eingemauert.
„Nochmals, mein kjerr — — —I"
„Aber, gnädigstes Fräulein, es ist ja nicht im entferntesten
meine Absicht, mich Ihnen aufzudrängen, es ist der reine Zusall,
daß unser weg der gleiche ist," log ich schwitzend.
Neine Nirma.
lsausfrau: „Ist die Ualbsleber auch frisch?"
Schlächter: „Selbstverständlich . . . ich schlachte über-
haupt nur Uälber mit frischen Lebern l"
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Der Stallmeister wehrte ab. „Sie sind uns ja bekannt,
mein tserr, — nbrigens berechnen wir den jdreis nach der
Zeit, die das jdferd ausbleibt," siigte er mit maliziösem Lächeln
hinzu, gab „Darling" einen freundschaftlichen Rlaxs — und da-
hin flogen wir, „daß Uies und Funken stoben."
Ich hatte eigentlich beabsichtigt, die Promenaden entlang
zu reiten — es ist schattig und taufrisch dort, und die jungen
Damen absolvieren da ihre Morgenspaziergänge; — aber Dar-
ling war anderer Meinung und setzte mit sanfter Beharrlich-
keit seinen Millen durch. Gott! — wozu sollte ich mich mit
ihm herumzerren? — schließlich ist's ja egal, wohin man reitet,
das Reiten selbst ist doch eben die kjauptsache: also ritt ich
durch die Ulmenallee nach dem Stadtwald — dorthin wollte
Darling nun einmal.
Beim ersten Mrtshaus hielt
Darling und war nicht daran vor-
iiber zu bringen. Es blieb mir
nichts übrig, als bei dem herbei-
eilenden kjausknecht ein Glas Bier
zu bestellen, das genau so abscheu-
lich war, wie ich vermutet hatte.
Lr klopfte Darling sreudig auf
den ksals nnd sagte: „Ia — so
'ne Krcatur weeß, daß se hier
immer Zucker kriegt." — Darling
genehniigte den Zucker, von dem
ich mir vorsichtshalber ein xaar
Stücke einsteckte, und geruhte dann
gnädigst weiter zu traben.
Das „paradies der Erde" hatte
nicht bloß eine — sondern, wie es
schien, recht viele Schlangen für
mich. Zuerst trabte Darling an
einer endlosen Parkmauer dahin
und brachte meinen linken Stiefel
in so intime Nähe mit ihr, daß
sein Glanz dahin war — und das
darin steckende Bein das peinliche
Gefühl des Llektrisiertwerdens
hatte. Alsdann trug er mich unter
eine Reihe knorriger Vbstbäume,
die mir sofort den ksut vom Aopf
rissen — ich fing ihn im letzten
Augenblick mit Lebensgesahr —
und mir dann, wie boshafte Ao-
bolde meinen tadellosen Scheitel
zerrauften. Ich atmete tief auf,
als wir in den U)ald einbogen — denn dort wölbten sich die
Aronen hoch über meinem ljaupt, und Maucrn gab es da nicht.
Aber, — wehel einen Teich gab es — und sinnend blieb
Darling an seinem schilfbewachsenen Ufer stchen.
Nttr brach der Angstschweiß aus allen Poren. lserrgottl
— jetzt sollte die Bestie bloß noch Lust kriegen, sich zu badenl!
s)ch klopfte und streichelte sie — ich gab dem Teufelsbraten
die holdesten Engelsnamen — er stand. Schließlich riß mir die
Geduld und ich gab ihm die Sxoren. Der einzige Lffekt war,
daß er bockte und hintcn ausschlug, daß mir die Lrdklöse um
die Ghren flogen — mit Uttihe und drei Stücken Zucker be-
ruhigte ich ihn so weit, daß er nur wieder stand.
von fern sah ich einc schlanke Reiterin herantraben. Potz
Blitzl was soll die denn denken, wenn ich hier, wie ein Säulen-
heiliger stehe — vorwärts, Darling, süßester Darling — I I —
Aber Darling hob nur wiehernd den Ropf und rührte
üch nicht.
Ich heuchelte tiefstes Versunkensein in die Schönheit der
Natur und starrte wie hypnotisiert auf die Glitzerwellchen des
Teiches — ich hörte die Reiterin herantraben und vorüber-
reiten — da machte Darling so xlötzlich kehrt, daß er mich bei
einem ksaar kopfüber in den „bewunderten" Teich befördert
hätte. Und im schönsten Trabe wurde ich nun der schönen
Reiterin nachgetragen.
Die Reiterin flog nur so — und ich flog auch I D wie
herrlichl So — jetzt sausen wir gleich an ihr vorüber — ein
Augenblick noch — jetzt traben die jdferde Koxf an Aopf.
Weiterl Darlingl hoppla Darlingl
Iawohlll
vergnüglich trabte Darling Nase an Nase mit dem Rappen
der Reiterin. Gbwohl ich sie nur
vom Sehen kannte, war ich ge-
zwungen, zu grüßen. Sie nicktc
hochmütig mit dem Ropf und
sxornte ihr Pferd zu rascherer
Gangart — ich hielt das meine
etwas zurück — aber Darling bleckte
alle seine Zähne, was täuschend
aussah, als ob er mich auslachte,
und trabte friedlich, Nase an Nase,
mit dem anderen jdserd weiter.
Eine Weile ritten wir so;
dann richtete sich die Dame, ein
Fräulein von Nauen, im Sattel auf
und maß mich von oben bis unten
mit ihrem hochmütigsten Blick —
dann sauste die jdeitsche nieder auf
den ksals des Rapxen — und rasend
griff er aus. —
Und rasend nebenher preschte
— trotzdem ich wie wahnsinnig an
den Zügeln riß, Darling — wie
angeleimt an den verfl . . . Rax-
xen.
Ich bin ein Ukensch, der Auf-
dringlichkeit bis in den Tod haßt.
Ich schämte mich fast tot. Aber
keine Nkacht der Welt konnte diese
rabiate ksöllcnbestie zurückhalten —
sie wieherte — cs klang wie ein
gellendes kjohngelächter — und
xreschte weiter.
Fräulein von Nauen warf mir
einen verächtlichen Blick zu und
bog in einen Seitenweg ein — Darling, höhnisch schnaufend,
blieb ihr treu zur Seite. Ucbrigens stand eine Tafel mit der
verlockenden Inschrift „verbotener weg — das Fahren und
Reiten aus diesem Weg ist bei sünfzig Mark Strafe verboten"
davor. Also auch das noch — nun — wie Allah will!
Iedenfalls „wollte" aber jetzt Fräulein von Nauen nicht
mehr. Sie riß ihr Pferd herum nnd hielt — Darling stand
sofort wie eine Nkauer.
„Nkein kjerrl" sagte sie, mit vor Erregung fast tonloser
Stimme, „ich bitte, daß Sie mich sosort verlasscnl"
Gottl Ich hätte es ja so gern gethanl An den Bäumen
emxor sogar, — wenn ich nur gekonnt hätte. Aber Darling
stemmte seine vier Beine fest und stand wie eingemauert.
„Nochmals, mein kjerr — — —I"
„Aber, gnädigstes Fräulein, es ist ja nicht im entferntesten
meine Absicht, mich Ihnen aufzudrängen, es ist der reine Zusall,
daß unser weg der gleiche ist," log ich schwitzend.
Neine Nirma.
lsausfrau: „Ist die Ualbsleber auch frisch?"
Schlächter: „Selbstverständlich . . . ich schlachte über-
haupt nur Uälber mit frischen Lebern l"