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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 41.1900 (Nr. 484-496)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20910#0112
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e g g e n d o r f e r s l) uni c> risti scli e Blätter.


Ko was!

Studiosus: „In dem romantisch gelegenen, idyllischen Dörfchen möcht'ich immer leben l"
Uommilitone: „Mensch, wo es kein versatzamt gibtl"

„5o werde ich wendenl" sprach
sie kiihl, die Tafel m:t dem „ver-
botener Weg" mit den Augen streifend.

Mit diesem stummen ksinweis auf die
Merkwiirdigkeit des „gleichen Weges"
wendete sie ihr Roß.

Sofort drehte sich Darling wie ein
Brummkreisel, brachte mich auf äußerst
schmerzhafte Weise mit dem nächsten
Baumstamm in Aollision, und trabte
dann gelassen, Nase an Nase mit dem
Rappen aus dem Fünfzig-Nark-Terrain
heraus, auf den erlaubten Psad, der
im Augenblick für mich doch der noch
verbotenere war.

Fräulein von Nauen sagte eine
Weile nichts. Röte und Blässe wech-
selten in ihrem Gesicht, und ich saß
tödlich beschämt auf meineni Raben-
vieh mir meiner Mhnmacht, etwas
an dcr Sache zu ändern, jammervoll
bewußt.

Zwei schöne Augen, die in Thränen
schwammen, richteten sich jetzt bittend
auf mich und drehten mir vor Mit-
aesühl das Ljerz im Leibe um.

„Ich bitte Sie, mein Ljerr, ver-
lassen Sie mich," slehte Fräulein v.

Nanen; „Sie ahnen nicht, in welch
furchtbare Angelegenheiten Sie mich
durch Ihre mir unerklärliche kjartnäckig-
keit bringen. Ich axpelliere jetzt an
Ihre Ritterlichkeitl Ich — ich —
erwarte hier meinen Bräutigam —
ich bin heimlich verlobt — jdapa hat
ein vorurteil gegen meinen Lräutigam,
das wir mit der Zeit sicher zu über-
winden hoffen, ich kann ihn nur
heimlich zuweilen sehen. Er muß
jeden Augenblick kommen, und er ist so
surchtbar eifersüchtig, ich flehe Sie an,
verlassen Sie mich — da l kjören Sie l"

Sie schluchzte beinahe — und in
der That hörte ich kjufschlag sich
schnell nähern. Im nächsten Augen-
blick tauchte ein Reiter an der Weg-
biegung auf. — Ich kannte ihn auch
— es war ein kserr von Berg.

Ich peitschte auf meine nichts-
wllrdige Aracke los — aber sie bockte
bloß, machte einen fidclbogenkrummen
Rücken, bleckte die Iähne und rührte
sich nicht vom Fleck.

kierr von Berg kam unterdessen
heran — grüßte mit sehr verstimmtem Gesicht und pries den
„Zufall," das gnädige Fräulein hier zu treffen. „Aber wollen
Sie nicht die Güte haben, mich Ihrem Begleiter vorzustellen?"

^sräulein v. Nauen wurde blutrot und warf einen Blick
so schmerzlicher Anklage auf mich, daß ich am liebsten in den
Boden gesunken wäre.

„Ich — ich — kenne den kjerrn gar nicht" — stammelte
sie, sichtlich verwirrt — „er reitet ganz zufällig denselben kveg
wie ich — —"

„Ganz zufällig!" bestätigte ich mit einer verbeugung.

„Ah> —so?— hm!" kjerr v. Berg, warf mir einen sehr
verwunderten, mißtrauischen Blick zu — und wandte sich dann
zu seiner schönen Dame, ohne weiter Notiz von mir zu nehmen.

„Gestatten gnädiges Fräulein meine Begleitung?" mehr
hörte ich nicht, da ich mich tief über Darlings Riicken gebeugt
hatte, um scheinbar am Sattelzeug etwas zu ordnen, und
damit mein kjalten zu erklären — ich hörte sie fortreiten und
wollte eben aufatmen, als ich einen Ruck bekam, Ler mich bei
einem kjaar kopfüber auf den Rasen befördert häite. — Mühsam
faßte ich wieder feften Sitz, fühlte mich sanft dahingetragen, und
 
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