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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 41.1900 (Nr. 484-496)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20910#0134
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Meggendorfers Humoristische Blätter.


Das war dcnn der richtige Mann für den
neuen verein. Lines schönen Tages erschien die
Dexutation auf dem Gute und fragte ergebenst
an, ob Lserr Balthasar von Röcknagel geneu
wäre, die Dbmannstelle anzunehmen. Lserr
Balthasar von Röcknagel versicherte, daß er
sich ungemein geehrt fühle, blickte aber zu
seiner Frau Barbara, was die wohl dazu
sage. Die war nun nicht sonderlich entzückt,
denn bei der Gutherzigkeit ihres lNannes
sürchtete ste im geheimen allerhand nicht
unbedeutende Anzapfungen; sie riet da-
her nachdrücklich zur Ueberlegung, und
die Sache kam ins Schwanken.

Aber in ihrem Neffen Fritz erstand
der hartbedrängten Deputation
ein rettender Engel. Der junge
lNann war srisch von der thoch-
schule sür Boden-
kultur gekommen
und weilte behufs
praktischer Aus-
bildung auf dem
Gute seines Dn-
kels. Er hatte
einen ausgesxroch-
enen Sinn für
gelegentliche
Unterbrechungen
dieser ländlichen
praxis, und in sei-
nem ahnungsvol-
len Geiste sah er
gleich voraus, hier
werde sich manche veran-
laffung bieten, sich ab und
zu von den schweren Sorgen
des Berufes zu erholen.

Er bewies dann seinem
Vheim in längerer, freier
Rede, es sei seine jdflicht,
seinc Rräfte fiir das
Mohl so vieler unglück-
licher Mitbürger einzusetzen.

Dem alten Lserrn leuchtete
das ein. „Ia siehst du, von
der Seite betrachtet —" sagte
er zu seiner Frau; „wenn
man bedenkt: die Pflicht, die heilige
pflichtl Denn warum? Der Mensch muß
sich oxsern."

Sein Lhrgeiz war einmal geweckt, und
da half kein Mdersxruch; das wußte auch
Frau Barbara. So wurde denn der j)akt
geschlosfen, natürlich bei einem solennen und
überaus feuchten Frühstück.

Fritz war nun wacker hinter seinem
Vheim her und lag ihm unaufhörlich in
den Vhren, er müsse zeigen, was für ein
Mann er sei: gleich bei der ersten Gelegen-
heit müsse er zu einem entscheidenden
Schlage ausholen. Der alte kserr sah das
vollkommen ein, nur wußte er nicht recht,
wohin er schlagen sollte. Fritz aber

Der Dbmann.

meinte, das werde fich schon finden; die ksauxt-
sache sei ein fester Mille.

Die gründende versammlung wurde
einberufen — für einen Sonntagnach-
mittag; denn gegen Abendsitzungen
hatte bserr Balthasar, wie gesagt,
eine entschiedene Abneigung. Ltwa
fünfzig Damen und Lserren hatten
sich im Museumssaal eingefunden.
kserr Balthasar bestieg die Tribüne
und hielt eine zündende Rede. Für
die Armen im Geiste müßte endlich etwas
geschehen, sagte er. Und zwar müsse
möglichst schnell geholsen werden. „Denn
warum?" rief er emphatisch. „Schon ein
Blick auf diese so zahlreiche versamm-
lung beweist zur Genüge, wie
dringend die Sache ist."

Lndlose Beifallsstürme folg-
ten dieser schwungvollen Rede,
der Verein wurde gegründet
und therr Balthasar von Röck-
nagel zum Dbmann gewählt.
Schon wollte er die versammlung
schließen, da rückte Fritz mit dem
Antrage heraus, es möge sofort ein
Romitee eingesetzt werden, das einen
musikalisch-deklamatorischen Abend oder der-
gleichen zu veranstalten habe; der Reiner-
trag solle dann dem vereine zufließen. Dieser
Antrag fand begeisterte Zustimmung, und
nur die Frage, welchen Namen
das Romitee führen solle,
bereitete einige Schwierig-
keiten. Lin kserr schlug
vor, man möge sagen:
„Aomitee einer Soiree zur
Bekämpfung der ^sdio-
ten." Aber sofort bemerkte
eine Dame, es müsfe rich-
tiger heißen: „Zu Lhren
der Idioten." Indessen
fand auch das keine
Billigung. Dann gab
ein bserr zu bedenken,
daß für so einen
Titel nichts wich-
tiger sei, als Rürze
und prägnanz;
man möge ein-
fachsagen:„Idio-
ten-Aomiteel" Al-

(Lme Mß-
bisslgung.

(Zur Damenmode.)

Besuch: „Lin rei-
zendes Mädchen, Ihr
Neugeborenes."
Modedame: „Ia,

schade nur, daß es auch
üften zur Welt
 
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