Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 44.1901 (Nr. 523-535)

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.16554#0016
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Meggendorsers s)urnoristische Blcitter.


Sie gingen hin zu dem Alten, der ihrem wunsche gerne
entsprach, und dabei wurde die Losung ausgegeben, daß das
Geld durch die drei wieder gemeinschaftlich in Rückempfang zu
nehmen sein werde. Darauf gingen sie wohlgemut fort, um
für das hohe Fest sich vorzubereiten.

Als sie eine weile fürbaß geschritten waren, hob ksassan
an, zu klagen, daß er sich krank fühle. Die beiden anderen
bedauerten ihn und redetcn ihm eifrigst zu, daß er heimkehre,
der Ruhe zu pfiegen. Das hatte

(Sntgegenkomrnend

daß der Aadi einen langen, weißen Bart hatte, welchen er
während des Anhörens des Rlage-Sachverhalts bedächtig streichelte,
um dann, nachdem beide parteien mit ihren Reden fertig waren,
folgenden Urteilsspruch hören zu lasfen:

„Allah il Allah l Mahomet sei mein Zeuge, daß ich nach
seiner heiligen Lingebung urteilen werde! Ich kann nicht in
eure bferzen sehen, darum muß ich euren worten glaubenl
Wiewohl ich Oich, frommer Ali Baba, immerdar als einen

redlichen Mann gekannt habe,

aber bsasfan eigentlich gewollt,
denn sein Unwohlsein war nur Uerstellung, weil
sein Sinn nach Bösem trachtete.

Er eilte nämlich ftracks zu Ali
Baba und log ihm vor, seinc
Brüder hätten ihn eiligft zu-
rückgeschickt, das Geld zu
holen, weil sie unter-
wegs einen Giaur
getroffenhätten,mit
dem ein vorteil-
haftes Geschäft
zu machen sei
und bei ihm
bleiben muß-
ten, damit
er und der
gute L)an-
del ihnen
nicht ent-
gingen.

Lfasfan
sprach so
hastig und
voll Lifers,
daß der bie-
dere Alte ihm
aus den Leim
ging und das
Geld ihm aus-
folgte.

Bis die beiden
Brüder es erfuhren,
daß sie durch ihren Stief-
bruder beraubt worden seiev
war dieser bereits weit über die
Gauen und niminer zu finden ge-
wesen. Nachdem sie jedoch vom jähen
Schreck sich erholt hatten, fiel es
ihnen ein, daß eigentlich Ali Baba
die Schuld trage, denn er hätte an
die Verabredung sich halten wüsfen
und das Geld nur dann ausfolgen
dürfen, wenn sie selbdritt bei ihm
erschienen wären. Der Alte aber
wollte von einem Schadenersatz

nichts wissen, denn nicht nur, daß er sich unschuldig fühlte,
weil kfassan ihm so glaubhaft gelogen hatte, sondern auch, weil
er argwohnte, daß die drei den Betrug im Linverftändnis mit-
einander begangen hätten.

Unter sothanen Umständen blieb den beiden Brüdern nichts
anderes übrig, als ihre Angelegenheit vor den Aadi zu bringen.
Dieser war, wie es im Grient doch nicht anders sein kann, ein
weiser und gerechter Mann. Ebenso selbftverständlich ist es,

Gsrichtsvollzieher: „Sagen Sie, bserr
Meier, über die Pfändung welcher Gegenstände
würde sich Ihre Schwiegermutter am meisten ärgern?"

Deine beiden Ankläger dagegen

mir fremd sind, ich also nicht weiß, ob sie ehr-
lichen Sinnes sind oder nicht, darf ich

dennoch nicht anders urteilen, als
wie es nach Anhörung der

Alage und Deines Augesiänd-
nisfes möglich ift, und
so muß ich, wie leid es
mir auch ist, from-
mer Ali Baba,
Dich verurteilen,
die zur Aufbe-
wahrung Dir
übergebenen
dreitausend
piasier,
welche Du
entgegen
der ver-
abred-
ung, dem
schlechten
bsassan
ausge-
folgt hast,
den beiden
Rlägern zu
ersetzen . . ."
Der arme
Ali Baba stand
betrübt mit gesenk-
tem Hauxte; Iussuf
und Ibrahim aber ver-
neigten sich tief und xrie-
sen die Gerechtigkeit des
Radi. Dieser jedoch that, als
hörte er sie nicht und fuhr fort zu
sprechen:

„Iedoch mußt Du darauf achten,
was Dir zur Bedingung gestellt
ward, Du darfst also das Geld
nicht eher ausfolgen, bis nicht
alle drei zugleich bei Dir
ersch einenl"

Da schauten Iussuf und Ibra-
him verdutzt drein, Ali Baba ver-
neigte sich tief und pries die Weisheit des Radi.

Mlderrmg.

— „Also die s?rozeßkosten haben den ganzen Betrag, um den
ich prozeß geführt hab', aufgefressen?"
Rechtsfreund: „j?ardon, bloß absorbiert."
 
Annotationen