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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 44.1901 (Nr. 523-535)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16554#0019
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Meggendorfers Humoristische Blätter.

U


„Line beschwerliche Arbeit dasl Aber was meint Er, wie
wird das wetter sich gestalten?"

„Is dös aber dumm g'sragtl"

„Na, übermäßig höflich ist Lr nichtl"

„Rimmt nix außer mit seller ksöflichkeit. wenn D' a Maß
zahlst, gnä' kferr, kann's sein, es werd s' wetter anderscht!"

Oer (fürst schenkte dem „höflichen" Förster eine Ligarre
und erzielte dadurch den Trost, daß in einer Stunde besseres
wetter eintreten würde, vorausgesetzt, daß keiner der „Gaw-
liere" (Ravaliere) dazu käme, denn diese verscheuchen jeglichen
Sonnenschein.

Lin Zusall fügte es, daß der Regen aushörte. Fast schien
der Gebieter geneigt, an die Richtigkeit der jDrophezeihung zu
glauben, und so kam denn die Frage, ob der Förster seinen Iagd-
herrn an Gemsen bringen könne.

„Sell schon l Aber 's Schießen is a andere Sach'I Dös hängt
vom wind abl"

„!)aben wir weit zu gehen?"

„A na! ksinein a Stünderl, aftn (hernach) drei auffi l Rann
sein, daß mer a starka Rudel angehenl In der ,Rinderstul?
wurlt 's grad sol"

„,Rinderstub'? Renn' ich gar nichtl"

„Dös glaubstl So dumm san mer nöt, gnä' kferrl In
die ,Rinderstub^ von die Gams werd' koa' Gawlier nöt g'sührt,
für die is' 's Graffel gut gnua l"

„Aber ich, der Iagdherr?"

„Du derfst eini, gnä' kserr l Du schon l Aber nur Du alloan
und mit mirl"

Den Gebieter erfaßte jetzt der Gamshunger, der Iagdherr
wurde hitzig und drängelte auf sofortigen Aufbruch. In der
Ljast bemerkte er den spöttelnden Gesichtsausdruck seines Försters
nicht.

Beide marschierten ab.

Nach einer Stunde war man in idealster Bergwildnis an-
gelangt, in der schattseitigen kjöhe konnte man mit sreiem Auge
Gemsen erblicken.

„k)inauf, hinauf l" drängelte der junge Iagdherr und strebte
einem j?fad zu, der schwindelerregend unter einer jDrallwand
und hart neben einer surchtbaren Steilschlucht ernporzog.

Mit wenigen Sprüngen eilte der Förster seinem kserrn nach
und riß ihn am Ioppensiügel vom lebensgefährlichen j)fad
zurück. „Da, Ferscht, da steigt ma' nöt auffil"

Der Gebieter wollte seinen willen erzwingen, doch der
Förster ließ den Aufstieg an dieser Stelle nicht zu.

„Aber warum denn nicht?"

„Du bist zu dumm *) dazual"

„Rerl, was erfrecht Lr sich? Ich werd' ihn mit Schimpf
und Schande davon jagenl"

„Sell kannst wie D' magstl Aber erst, wenn mer dahoam
san. Da steigst mer nöt auffil"


Dabei blieb er. Zur Abkühlung des Gamsfiebers führte
der grobe Förster den Gebieter stundenlang auf miserablen
Steigen im weiten Bogen um den Berg herum. Mählich mit
Zunahme körperlicher Lrmüdung ward der Gebieter ruhiger;
er ergab sich dem vom Förster gelenkten Schicksal.

„So, gnä' kferr l Ietzt g'fallst mer, jetzt bist brav und jetzt
derfst aa in die ,Rinderstub'I"

„b)ol Dich der Teufell" brummte der geärgerte Fürst.

wieder ward angestiegen und nach einer Stunde tüchtiger
Lungen- und Rniearbeit war die „Rinderstub" erreicht, wo der
erfreute Iagdherr alsbald einige kapitale Böcke „ansxrechen"
konnte.

Die Tüchtigkeit des Försters als Iagdführer und -Leiter
zeigte sich im schönsten Licht. Unter Ausnützung guten windes
brachte der Grobian seinen Lferrn in schußbare Gemsennähe,
doch ließ er den Gebieter nicht abdrücken. Im Gegenteil siüsterte
er ihm ins Dhr: „Nöt schießen l Bist no' z' hitzig l"

„Diese Bevormundung l Eckelhaft l" brummte der gründlich
geärgerte Lferr.

Und wieder siüsterte der Grobian zärtlich: „Maul halten I
Ganz ruhigl"

Der Fürst war einfach xerplex und infolge dieses Zustandes
staiuenhaft ruhig. Inzwischen hatte der kapitale Bock sich schön
breit gestellt.

„Aufziehen, langsam, von unten thaar fassen, Blatt halten!
Schieß l" wisxerte der alte f)raktikus.

Ruhig befolgte der chürst diesen Befehl und drückte ab.
Im selben Augenblick fühlte sich der Gebieter von sehnigen
Armen umschlungen und platt in das Rar niedergedrückt.
Aechzend wollte der Ueberraschte sich befreien und aufrichten,
da zischte ihm der Förster zu: „Etill haltenl Ganz stad
damischer Rerll" und hielt den Fürsten am Boden fest.

In Gedanken beschloß der Ueberwältigte, dieses Monstrum
von Förster zum mindesten füsilieren zu lassen, aber der Fürst
blieb regungslos liegen, bis der Grobian die Umklammerung
löste und wisperte: „Langsam halb aufrichten, links oben steht
a Fetzenbock, gut zielen, schießl" wieder quittierte das Gams
die Rugel mit schlegelnden Läufen. Der erhaltenen Lehre ein-
gedenk duckte der Iagdherr nach abgegebenem Schuß nieder.
Doch jetzt lachte der Förster hellauf und sprach zum verblüfften
Gebieter: „Na, Freunderll Zwoa Böck' sein gnuagl In der
,Rinderstuberll derf nöt mehr g'schossen werden! Sell verlaub'
i netl"

„Unerhört!" Mehr brachte der Fürst nicht über die Lixxen;
das Staunen war zu groß.

wie der Förster dann aber die zwei kaxitalen Böcke her-
abgeholt und dem Gebieter vor die Füße gelegt hatte, war alles
andere vergessen, das Iägerherz schwelgte in Seligkeit.

willig ließ sich der Iagdherr auf sicheren, wenn auch
weiten wegen zu Thal führen; die Böcke mußten zwei der
Aufseher herabtragen. Nachdem sich im Iagdhause die Auf-
regung und Ueberraschung gelegt hatte, — die Ravaliere waren


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