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Neggendorfers k)urnoristifche Blälier.
lNit sinnigem Auge betrachtet unser Dichter die Blumen.
<Lr liebt das bescheidene Beilchen und weiß ihm seine Vorzüge
auch vor der stolzen Rose zu wahren:^-. ^
- ^ ^
L> e i l ch e n und Ros
Lin srommes Blnmchen ist das veilch
Man trisft es still am Boden an.
Zwar blüht es nur ein kurzes Meilchen,
Doch duftet es, so lang es kann.
Auch Rosenduft kann uns ergötzen,
Doch sind init Dornen sie garniert,
^ Und wer sie bricht, kann sich verletzen;
Mir ist das selber schon passiert.
U-nd er weiß, daß in der deutschen L^'rik gewiffe j)flanzen
untrennbar zu gewissen vögeln gehören:
/
Der Flieder.
5ieh, diese Rose, kaum erblüht,
5ie labt das bserz und das Gemüt.
^ Doch achl wie bald ist sie verdorrt,
weil sie vom Rosenstrauch nun sort.
5o geht es auch der Menschenbruft.
5ie fühlt teils Aummer, tcils auch Lust;
Doch einmal sühlt sie gar nichts mehr; ^ A
^ Denn stets was sühlen, das ist schwer. IBS-
N)er, der Bildung je besaß,
Rann besingen wohl den Flieder,
Ghne zu erwähnen, daß
Dort die Nachtigall singt Lieder?
Iährlich, wenn der Flieder blüht,
Wird die Nachtigall sich zeigen,
Und ihr 5ang dringt ins Gemüt;
Später hört man sie nur schweigen.
Und auch für ihn wird dies Blumenloos zum Sinnbild
der Vergänglichkeit menschlichen Lebens und chühlens:
Die R o s e.
Aber bereits in der Schlußzeile dieses Gedichtes klingt
vernehmlich eine wahrnehmung durch, die unser Dichter ebenso
wie seine meisten vorlyriker gemacht hat: die Reize der Natur
sind vergänglich. Auch August Sellmann ist die bedeutsame
Thatsache nicht entgangen, daß sich auf „Nelken" eben leider
nur — „welken" reimt:
SchadeI
Die Feuernelken, welche
Die Liebste mir geschenkt,
Die haben ihre Uelche
Erheblich schon gesenkt.
5ch fürchte, sie verwelken
Schon binnen kurzer Zeit.
)hr armen Feuernelken,
Wie thut mir das so leidl
Dieses Gedicht leitet uns schon hinüber zur zweiten
Lsauptabteilung der Sammlung: „Leben, Liebe, Triebe."
Da finden wir eine Fülle kerniger, unbestreitbarer Wahrheiten,
vorgetragen in der unserem Dichter eigenen, überzeugenden
Weise. Auch hier geht er mit Dorliebe von ganz einsachen,
anerkannten Thatsachen aus. Wem ist es zum Beispiel nicht
schon begegnet, daß er ohne Regenschirm ausging und naß
heimkam? Aber für August Sellmann wird auch dies Trleben
zum beziehungsreichen Gedicht:
I e d o ch.
Wenn dunkle Wolken dräuen,
Geh ohne Grund nicht aus I
<Ls würde Dich gereuen,
Rämst Du durchnäßt nach Lfaus.
Iedoch kann's auch geschehen,
Daß wir beim Ausgeh'n noch
Rein einzig' Wölkchen sehen, —
Und später regnet's dochl
Und mit ruhiger Lharakterstarke weiß er selber die Un-
bilden der witterung zu besiegen, indem er sich ihr s ch e i n-
bar unterwirst:
Abendgang.
Uianchen schönen Sommerabend,
wenn die Sternlein droben steh'n,
Scheint es sinnig mir und labend,
Nochmal vor das Thor zu geh'n.
Aber wenn die Blitze zucken
Durch des Regens Saus und Braus,
Lfab' ich auch so meine Mucken,
Und ich halte mich zu Lfaus.
Neggendorfers k)urnoristifche Blälier.
lNit sinnigem Auge betrachtet unser Dichter die Blumen.
<Lr liebt das bescheidene Beilchen und weiß ihm seine Vorzüge
auch vor der stolzen Rose zu wahren:^-. ^
- ^ ^
L> e i l ch e n und Ros
Lin srommes Blnmchen ist das veilch
Man trisft es still am Boden an.
Zwar blüht es nur ein kurzes Meilchen,
Doch duftet es, so lang es kann.
Auch Rosenduft kann uns ergötzen,
Doch sind init Dornen sie garniert,
^ Und wer sie bricht, kann sich verletzen;
Mir ist das selber schon passiert.
U-nd er weiß, daß in der deutschen L^'rik gewiffe j)flanzen
untrennbar zu gewissen vögeln gehören:
/
Der Flieder.
5ieh, diese Rose, kaum erblüht,
5ie labt das bserz und das Gemüt.
^ Doch achl wie bald ist sie verdorrt,
weil sie vom Rosenstrauch nun sort.
5o geht es auch der Menschenbruft.
5ie fühlt teils Aummer, tcils auch Lust;
Doch einmal sühlt sie gar nichts mehr; ^ A
^ Denn stets was sühlen, das ist schwer. IBS-
N)er, der Bildung je besaß,
Rann besingen wohl den Flieder,
Ghne zu erwähnen, daß
Dort die Nachtigall singt Lieder?
Iährlich, wenn der Flieder blüht,
Wird die Nachtigall sich zeigen,
Und ihr 5ang dringt ins Gemüt;
Später hört man sie nur schweigen.
Und auch für ihn wird dies Blumenloos zum Sinnbild
der Vergänglichkeit menschlichen Lebens und chühlens:
Die R o s e.
Aber bereits in der Schlußzeile dieses Gedichtes klingt
vernehmlich eine wahrnehmung durch, die unser Dichter ebenso
wie seine meisten vorlyriker gemacht hat: die Reize der Natur
sind vergänglich. Auch August Sellmann ist die bedeutsame
Thatsache nicht entgangen, daß sich auf „Nelken" eben leider
nur — „welken" reimt:
SchadeI
Die Feuernelken, welche
Die Liebste mir geschenkt,
Die haben ihre Uelche
Erheblich schon gesenkt.
5ch fürchte, sie verwelken
Schon binnen kurzer Zeit.
)hr armen Feuernelken,
Wie thut mir das so leidl
Dieses Gedicht leitet uns schon hinüber zur zweiten
Lsauptabteilung der Sammlung: „Leben, Liebe, Triebe."
Da finden wir eine Fülle kerniger, unbestreitbarer Wahrheiten,
vorgetragen in der unserem Dichter eigenen, überzeugenden
Weise. Auch hier geht er mit Dorliebe von ganz einsachen,
anerkannten Thatsachen aus. Wem ist es zum Beispiel nicht
schon begegnet, daß er ohne Regenschirm ausging und naß
heimkam? Aber für August Sellmann wird auch dies Trleben
zum beziehungsreichen Gedicht:
I e d o ch.
Wenn dunkle Wolken dräuen,
Geh ohne Grund nicht aus I
<Ls würde Dich gereuen,
Rämst Du durchnäßt nach Lfaus.
Iedoch kann's auch geschehen,
Daß wir beim Ausgeh'n noch
Rein einzig' Wölkchen sehen, —
Und später regnet's dochl
Und mit ruhiger Lharakterstarke weiß er selber die Un-
bilden der witterung zu besiegen, indem er sich ihr s ch e i n-
bar unterwirst:
Abendgang.
Uianchen schönen Sommerabend,
wenn die Sternlein droben steh'n,
Scheint es sinnig mir und labend,
Nochmal vor das Thor zu geh'n.
Aber wenn die Blitze zucken
Durch des Regens Saus und Braus,
Lfab' ich auch so meine Mucken,
Und ich halte mich zu Lfaus.