Meggendorfers Humoristische Blätter.
33
Seine Änsicht.
Aleine Tochler
sucht einen Atann.
ch glaube, eine an Solidität
^ gewöhnte Lsenne, die versehent-
^ lich ein Lntenei ausgebrütet
hat und nun mit einem Ge-
misch von Grausen und Staunen zu-
schauen muß, wie das Rüchlein fich
auf dem Llemente vergnügt, das für
sie der Inbegriff aller Abscheu ist
. . . . eine solche Henne, glaube ich,
kann kein dümmeres Gesicht machen
als ich in dem denkwürdigen Mo-
ment, da meine Tochter vor mich
hintrat, den Kalabreser aus den krau-
sen Hinterkops gestülpt, die Regalia
Thica zwischen den Zähnen, mit
dem Lpazierstöckchen flott auf ihre
pumxhosen kloxste, und sagte:
„lveißt Du, vater, ich habe dieses
Bummelleben satt; ich werde heiraten."
Nun war ja meine Tochter aller-
dings schon im achtundzwanzigsten
Iahr, also in einem Alter, in welchem
man unter sonstigen verhältnissen
Lseiratsgedanken begreiflich findet,
dessenungeachtet war ich ganz baff
vor erschrockenem Staunen. Daß
„so was" auch noch an einer weib-
lichen Anwandlung leiden und Hei-
ratssehnsucht kriegen könnte, das war
mir bisher nicht im Traume ein-
gesallen.
Da ich nichts sagte — meine
Tochter schien auch gar nichts erwartet
zu haben, denn sie war unterdessen
an das Büffett getreten und hatte sich
einen Tognac eingegossen — suhr fie
in einem Tone fort, als handelte
sich's um die gleichgiltigste Sache der
welt:
„Ich habe mir gedacht, Du wirst, wenn ich erst sort bin,
diese wohnung zu groß finden. Morgen ist Vuartalserster, da
kündigst Du, beziehst am ersten Vktober eine kleinere wohnung
und ich heirate dann."
„M das ist lieb von Dir, daß Du so viel Rücksicht aus mich
nimmstl"
„Du lieber Gott, Du bist doch nun einmal mein vaterl"
sagte sie achselzuckend.
Gerührt über diese zartsühlende Anerkennung meiner ver-
dienste drückte ich ihr die Hand. Aber bescheiden wie sie ist,
lehnte sie meinen Dank ab mit den einfachen worten:
„Na ja, was ist denn dabeil?"
Ich lenkte ab.
„Und wen willst Du denn heiraten?" fragte ich.
„Das weiß ich jetzt noch nicht. Ls sind ja noch dreizehn
Wochen Zeit dazu."
Ich mußte ihr recht geben; es waren noch dreizehn wochen;
aber ich verstand nicht, daß man weniger Zeit brauchen sollte,
einen Mann, als eine neue Wohnung zu suchen. Doch ich war
Frau: „So, meine Lhescheidung ist Ihnen unbegreiflich?"
tserr: „Ia, ich begreise nicht, wie sich ein Mann von Ihnen trennen kannl"
gewöhnt, daß meine Tochter stets alles beffer wußte; warum
also nicht auch das? Uebrigens waren wir Alten in der That
in vielen Dingen etwas schwerfällig und umständlich. wenn
ich daran denke, wie ich meine Frau . . . . na, alte wunden
foll man nicht aufreißen.
Also meine Tochter suchte einen Mann. Das ungeheuer-
liche dieser Thatsache verhalf mir zu dem eingangs erwähnten
Gesicht, wirkte auch so wenig sörderlich aus meine geistige
Thätigkeit, daß ich sie ruhig gewähren ließ. Etwas anderes
hätte mir auch schwerlich genützt.
Am zweiten Tage danach las ich in der Zeitung folgendes
große Inserat:
„Gesucht wird zu sosortiger verheiratung ein
gesunder kräftiger Mann von guter Bildung und sanfter
Gemütsart im Alter von 28 bis Z5 Iahren. Bevorzugt
wird stattliche Figur, dunkle Farbe. persönliche vor-
stellung zwischen ;o—12 Uhr morgens Sonnenstraße 2,
zehnte Ltage. Der Fahrstuhl wird während dieser Stun-
Satire von Max Wundtke.
33
Seine Änsicht.
Aleine Tochler
sucht einen Atann.
ch glaube, eine an Solidität
^ gewöhnte Lsenne, die versehent-
^ lich ein Lntenei ausgebrütet
hat und nun mit einem Ge-
misch von Grausen und Staunen zu-
schauen muß, wie das Rüchlein fich
auf dem Llemente vergnügt, das für
sie der Inbegriff aller Abscheu ist
. . . . eine solche Henne, glaube ich,
kann kein dümmeres Gesicht machen
als ich in dem denkwürdigen Mo-
ment, da meine Tochter vor mich
hintrat, den Kalabreser aus den krau-
sen Hinterkops gestülpt, die Regalia
Thica zwischen den Zähnen, mit
dem Lpazierstöckchen flott auf ihre
pumxhosen kloxste, und sagte:
„lveißt Du, vater, ich habe dieses
Bummelleben satt; ich werde heiraten."
Nun war ja meine Tochter aller-
dings schon im achtundzwanzigsten
Iahr, also in einem Alter, in welchem
man unter sonstigen verhältnissen
Lseiratsgedanken begreiflich findet,
dessenungeachtet war ich ganz baff
vor erschrockenem Staunen. Daß
„so was" auch noch an einer weib-
lichen Anwandlung leiden und Hei-
ratssehnsucht kriegen könnte, das war
mir bisher nicht im Traume ein-
gesallen.
Da ich nichts sagte — meine
Tochter schien auch gar nichts erwartet
zu haben, denn sie war unterdessen
an das Büffett getreten und hatte sich
einen Tognac eingegossen — suhr fie
in einem Tone fort, als handelte
sich's um die gleichgiltigste Sache der
welt:
„Ich habe mir gedacht, Du wirst, wenn ich erst sort bin,
diese wohnung zu groß finden. Morgen ist Vuartalserster, da
kündigst Du, beziehst am ersten Vktober eine kleinere wohnung
und ich heirate dann."
„M das ist lieb von Dir, daß Du so viel Rücksicht aus mich
nimmstl"
„Du lieber Gott, Du bist doch nun einmal mein vaterl"
sagte sie achselzuckend.
Gerührt über diese zartsühlende Anerkennung meiner ver-
dienste drückte ich ihr die Hand. Aber bescheiden wie sie ist,
lehnte sie meinen Dank ab mit den einfachen worten:
„Na ja, was ist denn dabeil?"
Ich lenkte ab.
„Und wen willst Du denn heiraten?" fragte ich.
„Das weiß ich jetzt noch nicht. Ls sind ja noch dreizehn
Wochen Zeit dazu."
Ich mußte ihr recht geben; es waren noch dreizehn wochen;
aber ich verstand nicht, daß man weniger Zeit brauchen sollte,
einen Mann, als eine neue Wohnung zu suchen. Doch ich war
Frau: „So, meine Lhescheidung ist Ihnen unbegreiflich?"
tserr: „Ia, ich begreise nicht, wie sich ein Mann von Ihnen trennen kannl"
gewöhnt, daß meine Tochter stets alles beffer wußte; warum
also nicht auch das? Uebrigens waren wir Alten in der That
in vielen Dingen etwas schwerfällig und umständlich. wenn
ich daran denke, wie ich meine Frau . . . . na, alte wunden
foll man nicht aufreißen.
Also meine Tochter suchte einen Mann. Das ungeheuer-
liche dieser Thatsache verhalf mir zu dem eingangs erwähnten
Gesicht, wirkte auch so wenig sörderlich aus meine geistige
Thätigkeit, daß ich sie ruhig gewähren ließ. Etwas anderes
hätte mir auch schwerlich genützt.
Am zweiten Tage danach las ich in der Zeitung folgendes
große Inserat:
„Gesucht wird zu sosortiger verheiratung ein
gesunder kräftiger Mann von guter Bildung und sanfter
Gemütsart im Alter von 28 bis Z5 Iahren. Bevorzugt
wird stattliche Figur, dunkle Farbe. persönliche vor-
stellung zwischen ;o—12 Uhr morgens Sonnenstraße 2,
zehnte Ltage. Der Fahrstuhl wird während dieser Stun-
Satire von Max Wundtke.