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Meggendorfers Humoristische Blätter.
„V mein Fräulein, ich habe in den
feinsten Familien gedient. Nein Vater
war sogar Gesandtschaftssekretär in j)ek-
ing —"
„Das genügt mir, bitte treten Sie ab."
In ähnlicher Weise kamen die bei-
den anderen an die Reihe.
Als wir, mein Doktor Iuris und ich,
wieder allein waren, sagte sie:
„Ich habe mich für den ersten ent-
schieden. Meinst Du nicht auch, er ist ein
guter Iunge? Seine Lsandschrist deutet
aus pslichtbewußtsein und Anschmiegungs-
fähigkeit."
Ich hatte nichts einzuwenden.
„Gut, dann ruf ihn noch einmal
herein."
Ich gehorchte.
„Nun, mein Herr, sind Sie bereit,
mit mir die Ghe einzugehen?"
„V mein Fräulein, Sie machen mich
glücklichl"
„Daraus kommt's erst in zweiter Linie
an. In erster Linie will ich glücklich
werden."
„Ich schwöre Ihnen ewige Liebe und
Treue, mein Fräuleinl"
„Ewige? Das ift Unsinn; aber bis zu
ihrem erfolgten Ableben resx. bis zum
Aufhören Ihrer sreien Entschließungs-
sähigkeit."
„Alles, mein Fräulein, alles! Sehen
5ie mich hier knieen vor Ihnen! Ich
schwöre, daß ich bis zum letzten Atem-
zuge . . . ."
„Du lieber Gott, machen 5ie sich
doch nicht lächerlich! Aus welchem Zeit-
alter stammen Sie denn? Lsier habe ich
die Lidesformel ausgesetzt. ksören Sie
und sprechen Sie mir nach:
„Ich Endesunterzeichneter schwöre
hiermit, bis zu meinem Tode Fräulein
Doktor jur. j)aula Scharf init ganzer Seele
zu lieben und ihr in unwandelbarer Treue
ergeben zu sein. — Ietzt unterschreiben
Sie! Das Schriststück kommt zu den Akten.
Brechen Sie diesen Schwur, so haben Sie
unweigerlich Ankl<vZe wegen Meineids zu
gewärtigen. So, nun ift die Sache erledigt.
Für heute Abend lade ich Sie zu einem
kleinen Rommers in Freundinnenkreisen
ein. Sie dürfen bis acht Ihrer Freunde
mitbringen."
Sie überreichte mir die unterschriebene
Lidesformel. Aber .... was ist denn
das. Am tO. Vktober t^9?? Ich reibe
mir die Augen und werde gewahr, daß
ich an meinem alten Schreibtisch sitze.
Oer wandkalender zeigt August tdoo l
Ich danke l lvas doch die ksundstagshitze
alles zu wege bringtl
verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Gesterreich-Ungarn sür ^erausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in wien I.
Verlag von I. F. Schreiber in München und Etzlingen.
Meggendorfers Humoristische Blätter.
„V mein Fräulein, ich habe in den
feinsten Familien gedient. Nein Vater
war sogar Gesandtschaftssekretär in j)ek-
ing —"
„Das genügt mir, bitte treten Sie ab."
In ähnlicher Weise kamen die bei-
den anderen an die Reihe.
Als wir, mein Doktor Iuris und ich,
wieder allein waren, sagte sie:
„Ich habe mich für den ersten ent-
schieden. Meinst Du nicht auch, er ist ein
guter Iunge? Seine Lsandschrist deutet
aus pslichtbewußtsein und Anschmiegungs-
fähigkeit."
Ich hatte nichts einzuwenden.
„Gut, dann ruf ihn noch einmal
herein."
Ich gehorchte.
„Nun, mein Herr, sind Sie bereit,
mit mir die Ghe einzugehen?"
„V mein Fräulein, Sie machen mich
glücklichl"
„Daraus kommt's erst in zweiter Linie
an. In erster Linie will ich glücklich
werden."
„Ich schwöre Ihnen ewige Liebe und
Treue, mein Fräuleinl"
„Ewige? Das ift Unsinn; aber bis zu
ihrem erfolgten Ableben resx. bis zum
Aufhören Ihrer sreien Entschließungs-
sähigkeit."
„Alles, mein Fräulein, alles! Sehen
5ie mich hier knieen vor Ihnen! Ich
schwöre, daß ich bis zum letzten Atem-
zuge . . . ."
„Du lieber Gott, machen 5ie sich
doch nicht lächerlich! Aus welchem Zeit-
alter stammen Sie denn? Lsier habe ich
die Lidesformel ausgesetzt. ksören Sie
und sprechen Sie mir nach:
„Ich Endesunterzeichneter schwöre
hiermit, bis zu meinem Tode Fräulein
Doktor jur. j)aula Scharf init ganzer Seele
zu lieben und ihr in unwandelbarer Treue
ergeben zu sein. — Ietzt unterschreiben
Sie! Das Schriststück kommt zu den Akten.
Brechen Sie diesen Schwur, so haben Sie
unweigerlich Ankl<vZe wegen Meineids zu
gewärtigen. So, nun ift die Sache erledigt.
Für heute Abend lade ich Sie zu einem
kleinen Rommers in Freundinnenkreisen
ein. Sie dürfen bis acht Ihrer Freunde
mitbringen."
Sie überreichte mir die unterschriebene
Lidesformel. Aber .... was ist denn
das. Am tO. Vktober t^9?? Ich reibe
mir die Augen und werde gewahr, daß
ich an meinem alten Schreibtisch sitze.
Oer wandkalender zeigt August tdoo l
Ich danke l lvas doch die ksundstagshitze
alles zu wege bringtl
verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Gesterreich-Ungarn sür ^erausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in wien I.
Verlag von I. F. Schreiber in München und Etzlingen.