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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 44.1901 (Nr. 523-535)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16554#0053
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Meggenöorfers Humoristische Blätter.

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Gelegenheit eines Tanzkränzchens in nicht inißzudeutender Meise >
sich für Lserrn walter interessierte, jener aber, dieser Thatsache
offenbar keine Ausmerksamkeit geschenkt hatte. Nun fesselte sie
der Gedanke, ob das wissentlich oder unbewußt von seiner Seite
geschehen war, außerordentlich, und sie beschloß daher mit jener
schönen Gffenheit, die sie von jeher auszeichnete, bei irgend
einer Gelegenheit bserrn Walter kurzweg darum zu befragen.

Schon bei Tisch ließ sie ab und zu leichte Andeutungen
sallen, die darauf vorbereiten sollten, die aber von lValter
nicht verstanden wurden. Sie wartete daher bis die Lserren nach
dem Aaffee sich in das Gartenhaus zurückzogen, nm dorten
angeblich mitsammen zu arbeiten und begab sich, nachdem sie
sich vergewissert hatte, daß ihr Bruder bsugo dort wie immer
nach Kräften schnarchte, in die hohe, schattige Laube, wo walter,
mit beiden Armen sich den Aopf stützend, über umsangreichen
Folianten brütete.

„Lntschuldigen Sie, wenn ich störe," sagte sie, „bitte, wo
ist denn bsugo?"

walter wurde rot, gerade als ob er über einer Missethat
betroffen worden wäre und suchte einen Augenblick nach Worten,
die den Frevel verzeihlicher erscheinen lassen sollten.

„Gr schläft, glaube ich, ein wenig," antwortete er dann ganz
leise. „5oll ich ihn wecken?"

„Danke, lassen Sie ihn schlafen, den Faulpelz," erwiderte
Bertha, indem sie ebenfalls verlegen nach einem Zweig griff,
den sie abriß. „Mas thun Sie da, kserr walter, Sie studieren
wohl Tag und Nacht? Aber bitte, behalten Sie doch jdlatz?"
Sie nahm einen Stuhl, wies auf eincn anderen mit einer leichten
bsandbewegung und blickte sragend ihrem Gegenüber in die
dunkelblauen Augen, die sie zum erstenmal näher betrachtete
und hübsch fand.

„Ich halte mich ein bißchen auf dem Lausenden," meinte er.

Zwingender ckirund.

— „warum sich wohl unsre Rommilitoninnen ihr schönes langes Lsaar so ganz kurz scheren lassen?"

— „Aber Sxund — bedenke doch — Lsaarweh bei langem bsaarl"
 
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