Üleggendorsers Humoristische Llätler.
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Der erste Ruß.
„Sie würden ihr einen lateinischen Namen geben, nicht
wahr . . .
Lr sagte gar nichts, sondern sah sie nur mit blitzenden
Augen an. Wie ein xlötzlicher Rausch überkam es ihn.
„ . . . würden sie unter irgend einen Paragraphen bringen?
Nersuch zur Vorspicgelung falscher Thatsachen oder was weiß?
ich."
Nun stieg es siedheiß in ihm auf. Indem er einen Mo-
ment auf alles vergaß, was ihn, den scheucn, zurückhaltenden
Mann sonst gefeffelt hätte, erhob er sich. 5ie lachte ihn offen-
bar aus.
„Das thäte ich," stieß er halblaut heraus, schlang den
Arm um sie und küßte sie init Blitzesschnelle auf den Mund.
Bertha war völlig überrascht und zwar so sehr, daß sie sich
gar nicht zu wehren vermochte. Dann aber, als die Besinnung
wiederkehrte, schlug sie ihn ohne weiteres mitten ins
Gesicht. Und nun küßte er sie erst recht noch einmal und immer
wieder.
„Augenblicklich laffen 5ie mich, Sie Feigling, oder ich schreie
um kfilfe," keuchte sie unter beständigen Bersuchen, fich zu be-
freien. „Lsilfel" rief sie mit lauter, schallender 5timme.
Lr ließ sie erschrocken los. Ls ging ihm eine Weile dumxf
im Koxf herum, daß er da ungeschickt gehandelt hatte und die
wütenden Augen, die sie ihm, bevor sie sich schleunigst entfernte,
zuwarf, ließen ihn nichts Gutes ahnen. wenn fie ihn ver-
klagte, so mußte hieraus eine xeinliche Lage entstehen, die ihn
zwang, sofort abzureisen.
Er schaute sich nach Lfugo uin, der aber gottlob nichts
gehört hatte und mit der Araft einer Dampfsäge zu schnarchen
fortfuhr.
Lr wollte ihn wecken, ihm die Geschichte erzählen und sich
mit ihm beraten, was wohl am besten zu thun wäre. Aber
indem erdarüber nachdachte, wie er sein Nerbrechen erklären könnte,
fteigerte sich seine Angst so stark, kam er sich selbst fast wie ein
moralisches Ungeheuer vor, so daß er sich kein Lserz fassen
konnte. Lr wollte lieber in sein Zimmer gehen, dort einen
Brief an den Vater schreiben, in welchem er das leidige Vor-
kommnis vom Gesichtspunkt der Moral sowohl wie des Rechts
zu erörtern gedachte, fich möglichst mildernde Umftände
sichern und im übrigen mit beschleunigter Geschwindigkeit vom
Thatort sich in eine geschützte Gebirgslage zurückziehen, wo er
mit etwas mehr Ruhe den Ausgang abwarten konnte.
NUt dieser Absicht begab er sich in das Wohnhaus, wo er
tötlich erschrak, weil er dem Stubenmädchen begegnete, das ihn,
wie er sich einbildete, mit drohenden Augen betrachtete, dann
schlich er sich auf den Zehen durch den Aorridor, horchte eine
lVeile, da er aus dem Wohnzimmer ein Gewirr lauter Stimmen
ertönen hörte, unter denen jene des Rates mit absonderlicher
Baßgewalt durchdrang und gelangte endlich halb atemlos in
das Gemach im zweiten Stock, das ihm angewiesen worden war.
Lsier sank er auf den breiten Diwan und horchte auf die
klopfenden Schläge seines bferzens und griff sich mit beiden
Lsänden an die pochenden Schläfe, ohne daß er sich im stande
fühlte, auch nur einen einzigen vernünftigen Gedanken zu
fafsen.
welche beispiellose Dummheit hatte er da gemachtl Das
war so ziemlich alles, was ihm einfiel. Und dann überwältigte
ihn eine tiefe Bitterkeit. Ls war der erste Auß, den er geraubt
hatte. Andere, das wußte er gewiß, hatten sich vielleicht hundert-
mal dieser Gewaltthat schuldig gemacht, ohne sie bereuen zu
brauchen und er, einmal nur, ein einziges Ulal nur war er der
sündigen Stimme des Bluts gefolgt und mußte das so teuer
büßen! Alle einschlägigen Paragraphen des Strafrechts mar-
schierten vor seinem Geiste auf, jeder trug ein Schwert und
stieß es ihm mit teuflischem Gelächter in das kserz.
jAötzlich fuhr er aus seinen Träumen in die Lföhe. Die
Treppe des zweiten Stockes knarrte unter schweren Tritten.
Ls war der Rat, der da heraufstieg. Und nun klopfte es an
seiner Thüre. Lr war unfähig, herein zu rufen. Die Thüre
öffnete sich und ein dunkelrotes Gesicht blickte suchend durch den
Spalt hindurch.
„Ach, da sind Sie jal" brummte nun eine tiefe 5timme.
„Da hört sich doch die ganze Weltgeschichte auf."
Der arme lvalter stand da wie vom Blitz getroffen und
kalter Schweiß trat ihm auf die Stirn.
„Na, hören Sie, mein Lieber, das ift doch wirklich zu stark.
Ich staune. lvas soll denn daraus werden? Glauben Sie, daß
das so fortgehen kann?"
lvalter hatte fich etwas gesammelt und machte einen
schwachen versuch, zu sprechen.
Die Rache des Dichiers.
Redakteur: „Gerade gut zum Linheizenl"
Dichter: „So, das ist also die baldige Verwendung? Na,
warte!"
Dichter: „ksier bringe ich Ihnen eine Sammlung Gedichte
und würde mich frcuen, wenn sie recht bald verwendet
werden könnten."
Redakteur: „Lchön, wird besorgt werden."
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Der erste Ruß.
„Sie würden ihr einen lateinischen Namen geben, nicht
wahr . . .
Lr sagte gar nichts, sondern sah sie nur mit blitzenden
Augen an. Wie ein xlötzlicher Rausch überkam es ihn.
„ . . . würden sie unter irgend einen Paragraphen bringen?
Nersuch zur Vorspicgelung falscher Thatsachen oder was weiß?
ich."
Nun stieg es siedheiß in ihm auf. Indem er einen Mo-
ment auf alles vergaß, was ihn, den scheucn, zurückhaltenden
Mann sonst gefeffelt hätte, erhob er sich. 5ie lachte ihn offen-
bar aus.
„Das thäte ich," stieß er halblaut heraus, schlang den
Arm um sie und küßte sie init Blitzesschnelle auf den Mund.
Bertha war völlig überrascht und zwar so sehr, daß sie sich
gar nicht zu wehren vermochte. Dann aber, als die Besinnung
wiederkehrte, schlug sie ihn ohne weiteres mitten ins
Gesicht. Und nun küßte er sie erst recht noch einmal und immer
wieder.
„Augenblicklich laffen 5ie mich, Sie Feigling, oder ich schreie
um kfilfe," keuchte sie unter beständigen Bersuchen, fich zu be-
freien. „Lsilfel" rief sie mit lauter, schallender 5timme.
Lr ließ sie erschrocken los. Ls ging ihm eine Weile dumxf
im Koxf herum, daß er da ungeschickt gehandelt hatte und die
wütenden Augen, die sie ihm, bevor sie sich schleunigst entfernte,
zuwarf, ließen ihn nichts Gutes ahnen. wenn fie ihn ver-
klagte, so mußte hieraus eine xeinliche Lage entstehen, die ihn
zwang, sofort abzureisen.
Er schaute sich nach Lfugo uin, der aber gottlob nichts
gehört hatte und mit der Araft einer Dampfsäge zu schnarchen
fortfuhr.
Lr wollte ihn wecken, ihm die Geschichte erzählen und sich
mit ihm beraten, was wohl am besten zu thun wäre. Aber
indem erdarüber nachdachte, wie er sein Nerbrechen erklären könnte,
fteigerte sich seine Angst so stark, kam er sich selbst fast wie ein
moralisches Ungeheuer vor, so daß er sich kein Lserz fassen
konnte. Lr wollte lieber in sein Zimmer gehen, dort einen
Brief an den Vater schreiben, in welchem er das leidige Vor-
kommnis vom Gesichtspunkt der Moral sowohl wie des Rechts
zu erörtern gedachte, fich möglichst mildernde Umftände
sichern und im übrigen mit beschleunigter Geschwindigkeit vom
Thatort sich in eine geschützte Gebirgslage zurückziehen, wo er
mit etwas mehr Ruhe den Ausgang abwarten konnte.
NUt dieser Absicht begab er sich in das Wohnhaus, wo er
tötlich erschrak, weil er dem Stubenmädchen begegnete, das ihn,
wie er sich einbildete, mit drohenden Augen betrachtete, dann
schlich er sich auf den Zehen durch den Aorridor, horchte eine
lVeile, da er aus dem Wohnzimmer ein Gewirr lauter Stimmen
ertönen hörte, unter denen jene des Rates mit absonderlicher
Baßgewalt durchdrang und gelangte endlich halb atemlos in
das Gemach im zweiten Stock, das ihm angewiesen worden war.
Lsier sank er auf den breiten Diwan und horchte auf die
klopfenden Schläge seines bferzens und griff sich mit beiden
Lsänden an die pochenden Schläfe, ohne daß er sich im stande
fühlte, auch nur einen einzigen vernünftigen Gedanken zu
fafsen.
welche beispiellose Dummheit hatte er da gemachtl Das
war so ziemlich alles, was ihm einfiel. Und dann überwältigte
ihn eine tiefe Bitterkeit. Ls war der erste Auß, den er geraubt
hatte. Andere, das wußte er gewiß, hatten sich vielleicht hundert-
mal dieser Gewaltthat schuldig gemacht, ohne sie bereuen zu
brauchen und er, einmal nur, ein einziges Ulal nur war er der
sündigen Stimme des Bluts gefolgt und mußte das so teuer
büßen! Alle einschlägigen Paragraphen des Strafrechts mar-
schierten vor seinem Geiste auf, jeder trug ein Schwert und
stieß es ihm mit teuflischem Gelächter in das kserz.
jAötzlich fuhr er aus seinen Träumen in die Lföhe. Die
Treppe des zweiten Stockes knarrte unter schweren Tritten.
Ls war der Rat, der da heraufstieg. Und nun klopfte es an
seiner Thüre. Lr war unfähig, herein zu rufen. Die Thüre
öffnete sich und ein dunkelrotes Gesicht blickte suchend durch den
Spalt hindurch.
„Ach, da sind Sie jal" brummte nun eine tiefe 5timme.
„Da hört sich doch die ganze Weltgeschichte auf."
Der arme lvalter stand da wie vom Blitz getroffen und
kalter Schweiß trat ihm auf die Stirn.
„Na, hören Sie, mein Lieber, das ift doch wirklich zu stark.
Ich staune. lvas soll denn daraus werden? Glauben Sie, daß
das so fortgehen kann?"
lvalter hatte fich etwas gesammelt und machte einen
schwachen versuch, zu sprechen.
Die Rache des Dichiers.
Redakteur: „Gerade gut zum Linheizenl"
Dichter: „So, das ist also die baldige Verwendung? Na,
warte!"
Dichter: „ksier bringe ich Ihnen eine Sammlung Gedichte
und würde mich frcuen, wenn sie recht bald verwendet
werden könnten."
Redakteur: „Lchön, wird besorgt werden."