Meggendorfers Humoristische Blätter.
5^
Lndlich ein herangaloppierender Adjutantl
„Das dritte Bataillon wird sich so schnell, als irgend thunlich auf den
linken Flügel ziehen und von dort aus eine Umgehung der seindlichen Flanke
versuchen."
wir manöverierten in der That in einem schwierigen Gelände. Zuerst
mußten wir wohl hundert Meter auf schlüpfrigem Lehmboden mehr rutschend
als kletternd in die von einem kleinen Bache durchzogene Thalsohle hinunter-
steigen. Dort angelangt, hieß es wieder jäh hinauf, um durch den tropfenden
wald mit seinem fast undurchdringlichen Unterholz an den Grt der Beftimmung
zu gelangen.
Ich führte den an der 5pitze marschierenden Zug und genoß dabei das
Vergnügen, mich stetig unter den Augen des geliebten Aompagniechefs zu
befinden. Na, er sorgte wenigstens für Arbeit I
„Sehen Sie denn nicht, Lserr Leutnant, daß Ihr Zug total auseinander-
fällt?"
„Zu Befehl, Lserr Lfauptmannl"
„Aber, cherr Leutnantl Sie haben ja das reinste Schneckentempo an-
genommen."
„Zu Befehl, Lserrrr chauptmannl"
„Ljerr Leutnantl Die Sektion des Unteroffiziers Schmalzbacke scheint
Lust in sich zu spüren, als Linzelreisende aufzutretenl"
„— — — Lserrrrrr — — — —"
So ungefähr keuchten wir uns gegenseitig auf dem steilen Abhange an
und ich, der ich damals schon das Lmbonpoint eines Stabsoffiziers besaß,
obgleich ich erst Gberleutnant war, kochte gewissermaßen und zwar nicht nur
physisch sondern auch moralisch.
Na, alles nimmt ein Lnde und wir langten denn auch schließlich an
dem uns vorher bezeichneten punkte an.
Der Umgehung mußte großer wert seitens des Dberkommandos bei-
gemesfen worden sein, denn wir wurden von dem Brigadier in eigener jderson
empfangen. Uleine kserren, es war ein großartiger Anblick, wie unser teurer
Romxagniechef jetzt „strebte," da er sich unter den Blicken des hohen vor-
gesetzten fühlte.
Als Lohn für den bewiesenen Eifer wurde ihm nun auch der ehrenvolle
Auftrag, mit der Romxagnie sogleich weiter vorzurücken.
In des wortes ureigenster Bedeutung rasten wir von dannen, leider,
ohne recht zu wissen, wohin wir uns wenden sollten, da der verehrte chäuptling
in all seinem Streben, möglichst diensieifrig zu erscheinen, der etwas langatmigen
Auseinandersetzung des cherrn Brigadiers ziemlich unaufmerksam gefolgt war.
Es dauerte wirklich gar nicht lange, so hatten wir uns in dem dicken
walde total verlaufen und blickten nun — wenigstens so weit es uns Leutnants
anging — mit heller Freude auf die augenscheinliche Ratlosigkeit des „Alten".
Lndlich faßte er einen Lntschlußl
„kserr Gberleutnantl" kam es diesmal etwas unsicher heraus. „Sie
bilden mit Ihrem Zuge gewisfermaßen eine Gffiziersxatrouille. Sie haben
vollkommene Freiheit im Lsandeln. Dafür erwarte ich binnen kurzem
genaue Meldungen von Ihnen, wo sich eigentlich der Feind befindet. Ich
bleibe mit dem Reste der Rompagnie hier stehen und werde auf Grund der
von Ihnen zu sendenden Nachrichten das weitere anordnen."
wer war froher als ich: Vollkommene Freiheitl-— — Das wort
war seinem !Nunde, diktiert durch die Not des Augenblicks, zum erstenmal
entschlüpft.
Ich will nur offen gestehen, daß ich das hehre, dem Sternenzelte ent-
stammende „Götterbild" recht zu entweihen gedachte; wollte ich doch die günstige
Gelegenheit benützen und unsern jdlagegeist gehörig hineinlegen. Das war
aber leichter gesagt, als gethan. Gbgleich ich mir absolut keine Mühe gab,
den überkommenen Auftrag zur Zufriedenheit auszuführen, erblickte ich doch
urplötzlich, ohne selbst bemerkt zu werden, den Gegner, der augenscheinlich die
gleiche Absicht hatte wie wir selbst, nämlich eine Umgehung durchzuführen.
Mein jdflichtgefühl erwachte jetzt schnell wieder. Eine Grdonnanz mußte
sich mit der schriftlichen Meldung in gehörigen Trab setzen und ich wartete
nun, wie auf Nadeln stehend, ungeduldig der Ankunft der Rompagnie. waren
wir doch auf der bsöhe und konnten deutlich beobachten, wie ein Bataillon in
Acodernes Leldenschicksal.
^ insr schlug sein bserz voll Iugendglut,
Begetsterung und flolzem Mut,
sdhilisterei, die kannr' er nicht,
Nach Freiheit slrebte er, nach Licht,
Tr dürstete nach Lfeldentum,
Nach großen Thaten, Lhren, Ruhm . . .
Da kam des Lebens Not herbei
Mit all der kleinen Nörgelei,
Ts hämmerten an ihm herum
Lrziehung, Schule, ^tudium,
Zucht, Sitte, Lhe und Beruf —
Und den ein Gott zum bselden schuf,'
Lr sank in wenig Iahren schier,
cherunter zum Gewohnheitstier!
W.
Die verkannle elektril'che Klingel.
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Lndlich ein herangaloppierender Adjutantl
„Das dritte Bataillon wird sich so schnell, als irgend thunlich auf den
linken Flügel ziehen und von dort aus eine Umgehung der seindlichen Flanke
versuchen."
wir manöverierten in der That in einem schwierigen Gelände. Zuerst
mußten wir wohl hundert Meter auf schlüpfrigem Lehmboden mehr rutschend
als kletternd in die von einem kleinen Bache durchzogene Thalsohle hinunter-
steigen. Dort angelangt, hieß es wieder jäh hinauf, um durch den tropfenden
wald mit seinem fast undurchdringlichen Unterholz an den Grt der Beftimmung
zu gelangen.
Ich führte den an der 5pitze marschierenden Zug und genoß dabei das
Vergnügen, mich stetig unter den Augen des geliebten Aompagniechefs zu
befinden. Na, er sorgte wenigstens für Arbeit I
„Sehen Sie denn nicht, Lserr Leutnant, daß Ihr Zug total auseinander-
fällt?"
„Zu Befehl, Lserr Lfauptmannl"
„Aber, cherr Leutnantl Sie haben ja das reinste Schneckentempo an-
genommen."
„Zu Befehl, Lserrrr chauptmannl"
„Ljerr Leutnantl Die Sektion des Unteroffiziers Schmalzbacke scheint
Lust in sich zu spüren, als Linzelreisende aufzutretenl"
„— — — Lserrrrrr — — — —"
So ungefähr keuchten wir uns gegenseitig auf dem steilen Abhange an
und ich, der ich damals schon das Lmbonpoint eines Stabsoffiziers besaß,
obgleich ich erst Gberleutnant war, kochte gewissermaßen und zwar nicht nur
physisch sondern auch moralisch.
Na, alles nimmt ein Lnde und wir langten denn auch schließlich an
dem uns vorher bezeichneten punkte an.
Der Umgehung mußte großer wert seitens des Dberkommandos bei-
gemesfen worden sein, denn wir wurden von dem Brigadier in eigener jderson
empfangen. Uleine kserren, es war ein großartiger Anblick, wie unser teurer
Romxagniechef jetzt „strebte," da er sich unter den Blicken des hohen vor-
gesetzten fühlte.
Als Lohn für den bewiesenen Eifer wurde ihm nun auch der ehrenvolle
Auftrag, mit der Romxagnie sogleich weiter vorzurücken.
In des wortes ureigenster Bedeutung rasten wir von dannen, leider,
ohne recht zu wissen, wohin wir uns wenden sollten, da der verehrte chäuptling
in all seinem Streben, möglichst diensieifrig zu erscheinen, der etwas langatmigen
Auseinandersetzung des cherrn Brigadiers ziemlich unaufmerksam gefolgt war.
Es dauerte wirklich gar nicht lange, so hatten wir uns in dem dicken
walde total verlaufen und blickten nun — wenigstens so weit es uns Leutnants
anging — mit heller Freude auf die augenscheinliche Ratlosigkeit des „Alten".
Lndlich faßte er einen Lntschlußl
„kserr Gberleutnantl" kam es diesmal etwas unsicher heraus. „Sie
bilden mit Ihrem Zuge gewisfermaßen eine Gffiziersxatrouille. Sie haben
vollkommene Freiheit im Lsandeln. Dafür erwarte ich binnen kurzem
genaue Meldungen von Ihnen, wo sich eigentlich der Feind befindet. Ich
bleibe mit dem Reste der Rompagnie hier stehen und werde auf Grund der
von Ihnen zu sendenden Nachrichten das weitere anordnen."
wer war froher als ich: Vollkommene Freiheitl-— — Das wort
war seinem !Nunde, diktiert durch die Not des Augenblicks, zum erstenmal
entschlüpft.
Ich will nur offen gestehen, daß ich das hehre, dem Sternenzelte ent-
stammende „Götterbild" recht zu entweihen gedachte; wollte ich doch die günstige
Gelegenheit benützen und unsern jdlagegeist gehörig hineinlegen. Das war
aber leichter gesagt, als gethan. Gbgleich ich mir absolut keine Mühe gab,
den überkommenen Auftrag zur Zufriedenheit auszuführen, erblickte ich doch
urplötzlich, ohne selbst bemerkt zu werden, den Gegner, der augenscheinlich die
gleiche Absicht hatte wie wir selbst, nämlich eine Umgehung durchzuführen.
Mein jdflichtgefühl erwachte jetzt schnell wieder. Eine Grdonnanz mußte
sich mit der schriftlichen Meldung in gehörigen Trab setzen und ich wartete
nun, wie auf Nadeln stehend, ungeduldig der Ankunft der Rompagnie. waren
wir doch auf der bsöhe und konnten deutlich beobachten, wie ein Bataillon in
Acodernes Leldenschicksal.
^ insr schlug sein bserz voll Iugendglut,
Begetsterung und flolzem Mut,
sdhilisterei, die kannr' er nicht,
Nach Freiheit slrebte er, nach Licht,
Tr dürstete nach Lfeldentum,
Nach großen Thaten, Lhren, Ruhm . . .
Da kam des Lebens Not herbei
Mit all der kleinen Nörgelei,
Ts hämmerten an ihm herum
Lrziehung, Schule, ^tudium,
Zucht, Sitte, Lhe und Beruf —
Und den ein Gott zum bselden schuf,'
Lr sank in wenig Iahren schier,
cherunter zum Gewohnheitstier!
W.
Die verkannle elektril'che Klingel.