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Meggendorsers Humoristische Blätter.
„Zweihundertachtunddreißig — zweihundertneununddreißig
— zweihundertvierzig —"
„Zweihundertvierzig Gläser Grog willst Du für mich aus-
geben? G, Du herzensguter Bauerl"
„weg dal"
„Laß Dich umarmenl"
„weg dal Zweihundertvierundfünfzig — zweihundert-
fünfundfünfzig — zweihundertsechsundfünfzig — zweihundert-
siebenundfünfzig — "
„D, Du Schafskopfl" schrie ergrimmt der INatrose.
Peter ließ fich gar nicht stören durch solche Injurien,
sondern zählte unverdrossen immer fort und kam bald über das
erste Tausend weit hinaus.
Unterdefsen versammelten sich nach und nach viele Leute
um ihn, darunter auch mitleidige Seelen.
Eine alte gutherzige chischerfrau schlug die bfände über dem
Ropfe zusammen und rief iin Tone des tiefsten Mitgefühls:
„Ach, der arme unglückliche Menschl"
„vierzehnhunderteinundfünfzig — vierzehnhundertzweiund-
fünfzig — vierzehnhundertdreiundfünfzig —"
„Lr hat den verstand verloren," sagte ein Mann, der einen
Theerquast in der Lfand trug.
„Lr muß irgendwo ausgekniffen sein," meinte ein Rarren-
schieber.
„Aus 'm Tollhaus l" rief ein Schusterjunge.
Großer Lhorus: „Lr ist toll! Ia, er ist ganz tolll"
Und der Schusterjunge und der ambulante Ligarrenverkäufer
sangen nun duettino: „Du bist verrückt, mein Aindl"
jdeter zählte unverdrossen weiter: „Sechzehnhundertelf —
sechszehnhundertzwölf — sechszehnhundertdreizehn —"
Lin dicker j)olizist nahte sich nun mit eiligen Amtsschritten.
„was ist hier los?" fragte er barsch.
„weshalb dieser Zusammenlauf, diese verdächtige Zusam-
menrottung?"
„kserr Ariminal," sagte der Schusterjunge mit seiner gewöhn-
lichen Dreistigkeit, die nur seiner gestrengen Frau Meisterin gegen-
über zuweilen nicht Stich hielt, „der Mann da ift aus 'm
Tollhaus ausgerissen I"
Großer Lhorus: „^a, ja, er ist verrückt I Lr muß ganz
toll sein!"
peter zählte: „Sechszehnhundertfünfundzwanzig — sechszehn-
hundertsechsundzwanzig — sechszehnhundertsiebenundzwanzig —"
„So zählt er immer fort und kein Mensch weiß, was er
zählt," bemerkte der Mann mit dem Theerquast.
„kfm, hml" brummte der dicke jdolizist, „der Mann scheint
allerdings nicht recht bei Sinnen zu sein."
„Sechszehnhundertdreiundvierzig — sechszehnhundertvierund-
vierzig — sechszehnhundertfünfundvierzig —"
„Lieber Mann, Ihr müßt zur Beobachtung Lures Geiftes-
zustandes ins kjospital geschafft werden. So kommt denn nur
mit mirl"
„weg da!" schrie jDeter — „sechszehnhundertsiebenund-
fünfzig —"
In diesem Augenblick kam seine Frau herbei.
„Um Gottes willen, Peter, was ift geschehen?" rief sie be-
sorgt. „Ls scheint ja beinahe, die hohe jDolizei will Dich hier
arretieren I"
„Gute Frau," fragte der dicke jdolizist, „ist dieser Unglück-
selige Luer Lhemann?"
„Ia, das ist er."
„Allem Anschein nach ist er plötzlich verrückt geworden."
„Ach, Du gerechter Himmell"
„ksabt Ihrsrüher schon Spuren von Irrsinn an ihm bemerkt?"
„Niemals I"
„versteht Ihr's, ihn zur vernunst zu bringen?"
„Iawohll"
„Sechszehnhundertdreiundneunzig — sechszehnhundertvier-
undneunzig — sechszehnhundertfünfundneunzig —" zählte peter.
„Gleich hälft Du Deinen Rappelmund, oder Du kriegst
einen Alapps daraufl" schrie die Frau.
„Sechszehnhundertneunundneunzig —"
Schwapp II
„Aul" rief jDeter. „So, nun ist's gefehlt — Du hast mir's
in Unordnung gebracht, Marianne!"
„was hast Du denn gezählt?"
„Ich hab' ja die Limer draußen gezählt, die immer sort
aus dem wasfer herauskommen. Ls muß doch mal ein Lnd'
nehmen damitl"
Lin ungeheures Gelächter erscholl rings um ihn.
„Linfältiger Bauerl" sagte der polizist, „begreift Ihr's
denn gar nicht? Das sind ja an der endlosen Aette immer
dieselben Limer, die voll Schlamm heraufkommen und leer
wieder ins wasser tauchen, so lange die Maschine arbeitet."
„Sapperment I" schrie j)eter, „ist das wirklich möglich?"
„Das ist so."
„Da hätt' ich ja noch lang zählen können I wenn ich das
gewußt hätt', dann hätt' ich gar nicht erst damit angefangen.
So komm nur Mariannel wir wollen weiter gehen. Ist
doch kurios, was man in so einer Seestadt Neues zu sehen
bekommt I"
„Laßt ihn durch, Leutel" gebot der dicke jdolizist. „Dieser
Bauer ist nicht verrückt; er ist nur ein bißchen dämlich I" —
Vom Gxercierpläh.
Leutnant(zu einem Lreiübungen machenden Maler):„Linjähriger,
was sind^das für verrenkungen — Sie wollen mir wohl
mit secessionistischen Rniebeugen kommen?"
verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber, Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Mesterreich-Ungarn für kferausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohrin wien I.
Verlag von I. F. Schreiber in Münchrn und Etzlingen.
Meggendorsers Humoristische Blätter.
„Zweihundertachtunddreißig — zweihundertneununddreißig
— zweihundertvierzig —"
„Zweihundertvierzig Gläser Grog willst Du für mich aus-
geben? G, Du herzensguter Bauerl"
„weg dal"
„Laß Dich umarmenl"
„weg dal Zweihundertvierundfünfzig — zweihundert-
fünfundfünfzig — zweihundertsechsundfünfzig — zweihundert-
siebenundfünfzig — "
„D, Du Schafskopfl" schrie ergrimmt der INatrose.
Peter ließ fich gar nicht stören durch solche Injurien,
sondern zählte unverdrossen immer fort und kam bald über das
erste Tausend weit hinaus.
Unterdefsen versammelten sich nach und nach viele Leute
um ihn, darunter auch mitleidige Seelen.
Eine alte gutherzige chischerfrau schlug die bfände über dem
Ropfe zusammen und rief iin Tone des tiefsten Mitgefühls:
„Ach, der arme unglückliche Menschl"
„vierzehnhunderteinundfünfzig — vierzehnhundertzweiund-
fünfzig — vierzehnhundertdreiundfünfzig —"
„Lr hat den verstand verloren," sagte ein Mann, der einen
Theerquast in der Lfand trug.
„Lr muß irgendwo ausgekniffen sein," meinte ein Rarren-
schieber.
„Aus 'm Tollhaus l" rief ein Schusterjunge.
Großer Lhorus: „Lr ist toll! Ia, er ist ganz tolll"
Und der Schusterjunge und der ambulante Ligarrenverkäufer
sangen nun duettino: „Du bist verrückt, mein Aindl"
jdeter zählte unverdrossen weiter: „Sechzehnhundertelf —
sechszehnhundertzwölf — sechszehnhundertdreizehn —"
Lin dicker j)olizist nahte sich nun mit eiligen Amtsschritten.
„was ist hier los?" fragte er barsch.
„weshalb dieser Zusammenlauf, diese verdächtige Zusam-
menrottung?"
„kserr Ariminal," sagte der Schusterjunge mit seiner gewöhn-
lichen Dreistigkeit, die nur seiner gestrengen Frau Meisterin gegen-
über zuweilen nicht Stich hielt, „der Mann da ift aus 'm
Tollhaus ausgerissen I"
Großer Lhorus: „^a, ja, er ist verrückt I Lr muß ganz
toll sein!"
peter zählte: „Sechszehnhundertfünfundzwanzig — sechszehn-
hundertsechsundzwanzig — sechszehnhundertsiebenundzwanzig —"
„So zählt er immer fort und kein Mensch weiß, was er
zählt," bemerkte der Mann mit dem Theerquast.
„kfm, hml" brummte der dicke jdolizist, „der Mann scheint
allerdings nicht recht bei Sinnen zu sein."
„Sechszehnhundertdreiundvierzig — sechszehnhundertvierund-
vierzig — sechszehnhundertfünfundvierzig —"
„Lieber Mann, Ihr müßt zur Beobachtung Lures Geiftes-
zustandes ins kjospital geschafft werden. So kommt denn nur
mit mirl"
„weg da!" schrie jDeter — „sechszehnhundertsiebenund-
fünfzig —"
In diesem Augenblick kam seine Frau herbei.
„Um Gottes willen, Peter, was ift geschehen?" rief sie be-
sorgt. „Ls scheint ja beinahe, die hohe jDolizei will Dich hier
arretieren I"
„Gute Frau," fragte der dicke jdolizist, „ist dieser Unglück-
selige Luer Lhemann?"
„Ia, das ist er."
„Allem Anschein nach ist er plötzlich verrückt geworden."
„Ach, Du gerechter Himmell"
„ksabt Ihrsrüher schon Spuren von Irrsinn an ihm bemerkt?"
„Niemals I"
„versteht Ihr's, ihn zur vernunst zu bringen?"
„Iawohll"
„Sechszehnhundertdreiundneunzig — sechszehnhundertvier-
undneunzig — sechszehnhundertfünfundneunzig —" zählte peter.
„Gleich hälft Du Deinen Rappelmund, oder Du kriegst
einen Alapps daraufl" schrie die Frau.
„Sechszehnhundertneunundneunzig —"
Schwapp II
„Aul" rief jDeter. „So, nun ist's gefehlt — Du hast mir's
in Unordnung gebracht, Marianne!"
„was hast Du denn gezählt?"
„Ich hab' ja die Limer draußen gezählt, die immer sort
aus dem wasfer herauskommen. Ls muß doch mal ein Lnd'
nehmen damitl"
Lin ungeheures Gelächter erscholl rings um ihn.
„Linfältiger Bauerl" sagte der polizist, „begreift Ihr's
denn gar nicht? Das sind ja an der endlosen Aette immer
dieselben Limer, die voll Schlamm heraufkommen und leer
wieder ins wasser tauchen, so lange die Maschine arbeitet."
„Sapperment I" schrie j)eter, „ist das wirklich möglich?"
„Das ist so."
„Da hätt' ich ja noch lang zählen können I wenn ich das
gewußt hätt', dann hätt' ich gar nicht erst damit angefangen.
So komm nur Mariannel wir wollen weiter gehen. Ist
doch kurios, was man in so einer Seestadt Neues zu sehen
bekommt I"
„Laßt ihn durch, Leutel" gebot der dicke jdolizist. „Dieser
Bauer ist nicht verrückt; er ist nur ein bißchen dämlich I" —
Vom Gxercierpläh.
Leutnant(zu einem Lreiübungen machenden Maler):„Linjähriger,
was sind^das für verrenkungen — Sie wollen mir wohl
mit secessionistischen Rniebeugen kommen?"
verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber, Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Mesterreich-Ungarn für kferausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohrin wien I.
Verlag von I. F. Schreiber in Münchrn und Etzlingen.